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Ukraine: Das steckt hinter dem Nazi-Vorwurf, mit dem Putin seinen Krieg rechtfertigt

Ukraine: Das steckt hinter dem Nazi-Vorwurf, mit dem Putin seinen Krieg rechtfertigt

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Ukraine: Das steckt hinter dem Nazi-Vorwurf, mit dem Putin seinen Krieg rechtfertigt

Ukraine: Das steckt hinter dem Nazi-Vorwurf, mit dem Putin seinen Krieg rechtfertigt

Scholz an Putin: "Stoppen Sie das Blutvergießen!"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgerufen, den Krieg in der Ukraine sofort zu beenden. "Mein Appell auch an den russischen Präsidenten ist: Stoppen Sie das Blutvergießen, ziehen Sie die russischen Truppen zurück", sagte Scholz in Berlin.

Er wolle die Ukraine „entmilitarisieren und entnazifizieren“, so Putin – doch was steckt hinter dieser Formulierung?

Die Ukraine von Nazis befreien? Ein Land, das von einem jüdischen Präsidenten regiert wird? Warum Wladimir Putin diese Begriffe und Formulierungen wählt, erfährst du hier.

Ukraine „entnazifizieren“ – was meint Putin damit?

Ja, es gibt Verbindungen der Ukraine mit den Nazi-Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Der Unabhänigkeitskämpfer Stepan Bandera unterstütze gemeinsam mit seiner OUN (= Organisation Ukrainischer Nationalisten) die Wehrmacht im Kampf gegen die Sowjetunion – und war zudem an der Ermordung zahlreicher Juden beteiligt.

Im Oktober 1959 fiel Bandera in München einem KGB-Attentat zum Opfer. Dadurch erlangte er in den Augen einiger eine Art Märtyrer-Status im Kampf für die Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion – und bis heute gibt es Denkmäler oder nach ihm benannte Straßen in der Ukraine.

Der Beweis für ein faschistisch geprägtes Land? Es gibt da noch das Asow-Regiment – ein ultranationalistischer Freiwilligenverband der ukrainischen Armee, der gelb-blaue Flaggen mit SS-Symbolen schwenkt. Gern gesehenes Futter für das russische Narrativ.

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Ukraine: Nazi-Vorwurf laut Professor „unverschämt“

Ein Narrativ, das „so unverschämt ist, dass mir die Worte fehlen“, entgegnet Frithjof Benjamin Schenk, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Uni Basel. Die Ukraine habe in Europa am meisten unter dem Holocaust gelitten und fast seine gesamte jüdische Bevölkerung verloren.

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„Die Nachfahren dieser Menschen heute als Faschisten zu diffamieren, ist ungeheuerlich“, so Schenk. Zudem sei die ukrainische Regierung demokratisch gewählt und die Russen würde die Wirkungskraft der rechtsradikalen Kräfte im Land maßlos übertreiben.

Ukraine: Geschichts-Professor akzeptiert Putins Argumente nicht

„Die Ukraine hat – genauso wie andere europäische Länder – auch am äußersten rechten politischen Rand extremistische Gruppen“, gibt Schenk zu – aber diese Gruppen gebe es auch in Russland, Deutschland oder Belgien. „Aber wem käme es denn in den Sinn, wegen einer kleinen marginalen Splittergruppe Belgien zu überfallen, mit dem Ziel, Belgien entnazifizieren zu wollen?“

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Schenk sieht hier Ähnlichkeiten zu den Narrativen, mit denen 1939 der deutsche Überfall auf Polen rechtfertigt wurde – und stellt im Interview mit dem SRF klar: „Nein, es gab keinen Genozid an der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass. Nein, die russischsprachige Bevölkerung der Ukraine wurde nicht Opfer eines Völkermords. Die ukrainische Regierung tut nichts anderes, als die territoriale Integrität ihres Landes zu verteidigen.“ (at)