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Essen: Würdest du DAS probieren? Metzgerei mit außergewöhnlichem Fleisch-Angebot

In der Metzgerei Bickert gibt es Fleisch, das es fast nirgendwo sonst. Doch hält es auch dem Geschmackstest stand?

Essen Nutria-Salami
© Chaleen Goehrke/ DER WESTEN

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In der Metzgerei Bickert kommen Fleisch-Fans in Essen auf ihre Kosten. Doch neben Rind, Schwein und Hähnchen gibt es auch einen regelrechten Exoten in der Auslage zu entdecken. Hier gibt es Nutrias oder besser bekannt als Biberratten zu verkosten (DER WESTEN berichtete bereits).

Aussehen tut das Fleisch wie fast jedes herkömmliche, doch kann Fleisch von Biberraten auch schmecken? Das wollte ich wissen und habe am Donnerstag (2. Februar) eine kleine Kostprobe vor Ort genommen.

Essen: Nutria – SO schmeckt das „Rattenfleisch“

Seit ungefähr vier Jahren verkauft die Metzgerei Bickert die verschiedenen Nutria-Delikatessen. Das Angebot ist vielfältig: Von Salami über Ragout oder in rohem Zustand. Doch in Deutschland stellt der Betrieb damit fast ein Alleinstellungsmerkmal dar. Viele vor allem ältere Menschen hätten sich in letzter Zeit vielfach bei dem Metzger gemeldet und ihre Begeisterung geäußert. Die Anrufer verbinden mit dem Fleisch offenbar alte Kindheitserinnerungen, da Nutria zumindest im Osten früher regelmäßig auf den Tisch gekommen sei. Heutzutage jedoch nur noch selten. Andere Metzger-Kollegen würden das Tier nur als Nagetier ansehen, was Bickert als falsch ansieht.

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„Das hängt einfach mit dem schlechten Image der Tiere zusammen. Von der Optik ist das Tier befremdlich, weil es bei manchen vielleicht wie eine übergroße Ratte aussieht. Dabei sind Nutrias als Pflanzenfresser im Gegensatz zu richtigen Ratten total sauber.“ Am Geschmack könne es definitiv nicht liegen, ist sich der Metzger aus Leidenschaft sicher. „Du wirst positiv enttäuscht werden. Auch wenn sich das wie ein Widerspruch in sich anhört, passt es genau“, kündigt mir der 52-Jährige an. Mir gibt er eine Salami zum Probieren.

Essen Nutria-Salami
Essen: Nutria-Salami im Geschmackstest. Foto: Chaleen Goehrke/ DER WESTEN

Erwartet habe ich einen vielleicht etwas eigenen und gewöhnungsbedürftigen Geschmack, stattdessen habe ich eine leichte Wildnote auf der Zunge und sehr würzige Aromen. Für mich deutlich intensiver im Geschmack als herkömmliche Salami. Was wohl aber nicht nur am Fleisch selbst, sondern auch an der Rezeptur des Metzgers liegt. Der Experte schätzt den puren Geschmack zwischen Spanferkel und Kaninchen ein. Eine Kostprobe vom Ragout kann ich an diesem Tag nicht bekommen – ausverkauft. „Die Nachfrage ist aktuell so gar nicht zu decken“, erklärt der Metzger.

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Metzger will Nutria-Image verbessern

Früher wurden die Biberraten aufgrund ihres Pelzes gejagt und auf Farmen gehalten. Nun laufen die Nutrias in freier Wildbahn herum und richten zum Teil großen Schaden an. Die Nagetiere zerstören Deiche und fressen ganze Schilfgürtel weg. Für einige Nutztiere wie beispielsweise Rinder würden die Löcher zur reinen Stolperfalle – Beinbrüche sind daher keine Seltenheit. 

Ursprünglich kommen Nutrias aus Südamerika, doch in Deutschland scheinen sie sich inzwischen auch schon heimisch zu fühlen. Laut dem Deutschen Jagdverband hat sich der Anteil der Nager im Zeitraum von 2015 bis 2021 mehr als verdoppelt. Und in NRW würden sich die Tiere besonders wohlfühlen. Da die Tiere hierzulande keine natürlichen Feinde hätten, würde die Population stetig steigen. Daher habe auch Jürgen Bickert vor einigen Jahren dem Jagd-Aufruf der Wasserverbände an Lippe und Ruhr Folge geleistet.


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„Für mich ist das Jagen der Tiere jedoch nur dann nachhaltig und vernünftig, wenn das Tier auch verwertet wird. Die Tiere zu töten und anschließend einfach wegzuschmeißen, finde ich absolut unmenschlich. Mit dem Gedanken könnte ich mich nicht anfreunden. Der 52-Jährige nimmt also jeden Schritt vom Erlegen zum Verarbeiten bis der Verkauf selbst vor. Überhaupt legt Bickert eigenen Angaben zufolge großen Wert auf regionale Produkte und kauft Tiere nur von ausgewählten Höfen seines Vertrauens innerhalb eines Radius von 60 Kilometern.

Essen Metzgerei Bickert
Essen: Erik Bickert (l) und Jürgen Bickert (r.) bieten in ihrer Metzgerei auch Nutria-Fleisch an. Foto: Chaleen Goehrke/ DER WESTEN

Die Schönebecker Metzgerei Bickert auf der Aktienstraße in Essen zählt laut dem Gourmetmagazin „Der Feinschmecker“ zu den 500 besten Metzgereien Deutschlands. Der gesamte Betrieb ist in familiäre Hand. Ehefrau Martina hat an der Verkaufstheke das Sagen und die beiden Söhne Robin und Erik sind dabei, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Um die Vorurteile zum Nutria-Fleisch zu beseitigen, klärt Jürgen Bickert unter anderem in Lehrgängen zum Wild-Sommelier auf. Der Fleischermeister hält nämlich auch regelmäßig als Dozent an der Augsburger Fleischer-Akademie Vorträge.