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Essen: Fleischerin mit überraschendem Geständnis – „Habe erstmal geweint“

Martina Bickert hat eine Ausbildung als Metzgerin gemacht und arbeitet im Familienbetrieb in Essen. Doch eines käme für sie nie in frage.

Essen Metzgerin Martina Bickert
© Chaleen Goehrke/ DER WESTEN

Essener Metzger bei der Arbeit - Wie entsteht die Wurst?

In Essen ist das Familien-Geschäft Bickert die Metzgerei des Vertrauens vieler Anwohner. In diesem Video haben wir einmal hinter die Kulissen geblickt.

Als Martina Bickert die Ausbildung zur Fleischerin vor fast 25 Jahren angetreten ist, war sie die einzige Frau in ihrer Klasse. Mehrere Male wollte sie den klassischen „Männerberuf“ sogar hinschmeißen Doch am Ende biss sich die taffe Essenerin durch.

Mittlerweile kann sich Martina Bickert gar nichts anderes mehr vorstellen, als im Familienbetrieb „Metzgerei Bickert“ in Essen hinter der Wursttheke zu stehen. Doch auch nach Jahren als Metzgerin, bringt sie eines nicht übers Herz.

Essen: Fleischerin erinnert sich an Anfänge zurück

Die Fleischerei Bickert in Essen ist fest in Familienhand. Fleischermeister Jürgen Bickert bereitet das Fleisch zu, während seine Ehefrau Martina vorne den Verkauf organisiert. Die beiden Söhne, Robin (19) und Erik (17), wollen ebenfalls einmal in die Fußstapfen ihrer Eltern treten und arbeiten schon fleißig mit im Betrieb. Mama Martina erinnert sich noch als sie, wie ihre Söhne heute, in der Ausbildung steckte:

Ein Tag im Leben von … ist der Titel unserer Reportage-Reihe bei DER WESTEN. Wir durften über einen bestimmten Zeitraum für einen Tag verschiedene Persönlichkeiten in ihrem (beruflichen) Alltag begleiten. Dabei haben wir erstaunliche Einblicke in den Job, die damit verbundenen Aufgaben, Schwierigkeiten und Chancen bekommen. Hier findest du alle Beiträge.

„Ich war mit 28 Männern in einer Klasse. Ich wurde tatsächlich am Anfang zwei Mal von dem Lehrer wieder rausgeschickt mit den Worten, dass in dem Unterricht ja nur Männer sind, die Metzger werden wollen. Er konnte zunächst also nicht glauben, dass ich das Handwerk auch erlernen wollte und wollte mich deshalb zunächst zu den Kauffrauen schicken“, erzählt die gelernte Fleischerin mit einem Schmunzeln.

Essen Metzgerin Martina Bickert
Essen Metzgerin Martina Bickert Foto: Chaleen Goehrke/ DER WESTEN

Ursprünglich war die damals 18-Jährige in der Modebranche tätig. Doch mit der Liebe zum Mann kam auch die Liebe zum Fleisch verarbeiten. „Ich habe meine Lehre beendet und nebenbei schon mal in der Metzgerei ausgeholfen. Dann hat mir das so viel Spaß gemacht, dass ich mich entschieden habe, nochmal eine Lehre als Fleischerin zu machen. Auch um zu wissen, was kommt überhaupt in die Wurst rein.“ Wie praktisch, dass der eigene Partner damals schon im Familienbetrieb in Essen tätig war. Doch dass ihr Mann auf einmal auch ihr Chef war, war schwieriger als gedacht. „Das erste halbe Jahr war eine Katastrophe. Er wollte mir was beibringen und ich habe gedacht, dass ich nur Fehler mache. Irgendwann hat sich das dann eingespielt.“

Martina Bickert: „Habe erstmal geweint“

In dieser Zeit kamen bei der angehenden Fleischerin auch Zweifel auf und sie überlegte hinzuschmeißen. Doch dank der Unterstützung ihres Mannes zog sie durch und ist heute froh darüber. Martina hat sich mittlerweile größtenteils von der Verarbeitung des Fleisches zurückgezogen und nutzt jetzt ihre kaufmännischen Fähigkeiten vorne an der Theke. Die Bickerts legen nach eigenen Angaben viel Wert auf Produkte aus der Umgebung. Manchmal greift der Chef sogar höchstpersönlich zum Gewehr.

Für sein Nutria-Fleisch ist die Metzgerei in Essen sogar allgemein bekannt. Jürgen Bickert ist ausgebildeter Jäger, und auch Ehefrau Martina begleitet ihn regelmäßig – auch wenn sie gefühlt heute noch bei jedem Schuss zusammenschrecken könnte. „Als ich das erste Mal mit auf der Jagd war, habe ich nach dem Erlegen des Tieres erstmal geweint. Es gehört dazu, aber wie Menschen Jagen als ihr Hobby bezeichnen können, kann ich nicht verstehen. Ich kann nicht Mals eine Spinne töten.“ Martina möchte einen Jagdschein machen, um mehr über die Tiere und die Natur zu erfahren. Doch selbst einen Schuss abfeuern, kann sie sich nicht vorstellen. Überraschende Worte einer Frau, die Tag ein Tag aus mit Leib und Seele an der Fleischtheke steht?


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Für Martina Bickert nicht, denn die Jagd sei immerhin notwendig, um die Schäden in der Landwirtschaft einzudämmen, da sich Wildtiere gerne an der Ernte der Bauern bedienen. Zudem plädiert die 42-Jährige für einen kontrollierten Fleischkonsum und hält von Massenproduktion nur wenig. Denn Martina Bickert liegt das Wohl der Tiere am Herzen, verbunden mit dem Respekt im Umgang und der Verarbeitung des Fleisches.