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Amazon-Mitarbeiter packt über übles Punkte-System aus: „Frustrierend“

Amazon-Mitarbeiter packt über übles Punkte-System aus: „Frustrierend“

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Ein Amazon-Mitarbeiter gibt pikante Details über seinen Arbeitsalltag bekannt. (Symbolbild) Foto: IMAGO / ZUMA Wire

Ein Paket nach dem anderen liefern die Fahrer von Amazon täglich aus. Auf ihrem Touren stehen sie dabei meist unter großem Zeitdruck und haben keine Sekunde zu verlieren.

Doch wie genau der Alltag der Amazon-Mitarbeiter aussieht, bleibt für die Kunden meist verborgen. Ein Fahrer bricht jetzt jedoch das Schweigen. Er packt im Interview mit „Business Insider“ aus.

Amazon: Dienstleister stehen unter enormen Druck

Jay, so wird im Interview genannt um seine Identität zu schützen, arbeitet als Teilzeitfahrer bei einem externen Lieferdienstleister von Amazon. Es ist kein Geheimnis, das der Internet-Riese solche Dienste gerne nutzt, um Aufgaben auszulagern. Jay arbeitet deshalb zwar nicht direkt für Amazon, seine Dienstkleidung trägt trotzdem das Logo des beliebten Online-Händlers.

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Das ist Amazon:

  • 1994 in den USA von Informatiker Jezz Bezos als Onlinebuchhandlung entwickelt
  • Inzwischen ist es Marktführer im Online-Handel
  • 2019 erwirtschaftete Amazon einen Umsatz von 280 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 11,6 Milliarden
  • Amazon bietet nicht mehr nur Waren an, sondern auch verschiedene Dienste wie Prime, Pay, Video oder Music
  • Gründer Bezos gilt als reichster Mensch der Welt, sein Vermögen wird auf mehr als 180 Milliarden Dollar geschätzt

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In dem Interview betont der Mann aus Michigan (USA) immer wieder, dass er seinen Job gerne mache. Trotzdem gibt es so manchen Missstand, den er thematisieren will. Die Lieferdienstleister stehen seinen Angaben zu Folge unter immensem Druck, die Anforderungen von Amazon zu erfüllen, um die Aufträge nicht zu verlieren. Dieser Druck wirke sich auch auf ihre Mitarbeiter aus.

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Auf jeder Tour werden die Fahrer von Amazon überwacht, so Jay. Dazu gebe es eine App namens „Mentor“, die alles auf den Strecken aufzeichnet. Sei es das Fahrverhalten beispielsweise Bremsungen, Rückwärtsfahrten etc. oder auch nur, ob der Fahrer angeschnallt ist oder während der Fahrt den Display seines Smartphones berührt. All dies geschehe unter dem Argument der Sicherheit.

Dennoch werde am Ende jeder 9 bis 11 Stunden langen Schicht der Fahrer mit einer Punktzahl bewertet. Maximal können 850 Punkt erreicht werden. Im Interview erklärt Jay die Bewertung folgendermaßen: „Als ich vor fast zwei Jahren anfing, war ein Ergebnis von 550 in Ordnung. Jetzt hat sich das geändert und sie wollen, dass die Punktzahl in einem hohen 700er-Bereich liegt. Früher erreichte ich 550 Punkte. Jetzt stehe ich immer eher bei 750. Das ist im Grunde die niedrigste Punktzahl, die Amazon zulässt, ohne dass der externe Lieferdienstleister Probleme bekommt.“

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Amazon: Um Vorgaben einzuhalten, wird schon mal auf die Pause verzichtet

Außerordentliche Ereignisse, die beispielsweise Bremsen erfordern, seien in der Bewertung nicht vorgesehen und bedeuten direkt Punktabzug. Ob wegen eines Kindes oder eines Tieres auf der Fahrbahn gebremst wurde, spiele dabei wohl keine Rolle.

Die Bewertung der App übe einen enormen Druck auf die Fahrer aus, so Jay. Er berichtet, dass er häufig auf seine Pausenzeiten oder sogar Toilettengänge verzichte, um die Touren in der vorgegebenen Zeit zu schaffen und keine Punkte einzubüßen. Die ständige Überwachung und Einführung von realitätsfernen Regeln beschreibt der Insider als „frustrierend.“

Noch macht dem Teilzeitfahrer sein Job Spaß. Sollte Amazon in Sachen Überwachung noch einen Schritt weiter gehen und Kameras in den Fahrzeugen einbauen, will Jay seinen Job aber kündigen. Er fasst seine Erlebnisse mit Amazon gegenüber „Business Insider“ folgendermaßen zusammen: „Das größte Problem mit Amazon und seinen Fahrerinnen und Fahrern ist, dass die Menschen, die die Regeln aufstellen, in Büros sitzen und nicht hinter dem Lenkrad. Oft sind die eingeführten Regeln kontra-produktiv zu dem, was tatsächlich nötig ist, um unsere Arbeit sicher und effizient zu erledigen. Amazon prahlt damit, die Sicherheit der Fahrerinnen und Fahrer immer besser gewährleisten zu können, stellt aber Forderungen auf, die uns zwingen, das System zu umgehen.“

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Amazon: Der Konzern verweist auf realistische Erwartungen und Sicherheit

Konfrontiert mit den Vorwürfen aus dem Interview beruft sich Amazon darauf, dass die Routen realistischen Erwartungen entsprächen und Amazon die Fahrer sogar dabei unterstütze, sich Pausen zu nehmen. In einer Stellungnahme heißt es: „Die Route der Fahrer ist so konzipiert, dass sie Zeit für Pausen haben und die Toilette benutzen können. Die App informiert sie sogar, wenn es Zeit für eine Pause ist. In enger Zusammenarbeit mit den Dienstleistern legen wir realistische Erwartungen fest, die weder sie noch ihre Fahrer übermäßig unter Druck setzen.“

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Auch der Aspekt der Sicherheit wird in dem Statement erneut aufgegriffen. Dort heißt es: „Ob hochmoderne Sicherheitstechnologie in den Transportern, Schulungsprogramme für die Sicherheit oder kontinuierliche Verbesserungen unserer Kartierungs- und Routing-Technologie – wir haben mehrere Millionen Dollar in Sicherheitsmechanismen in unserem gesamten Netzwerk investiert und unterrichten unsere Fahrer regelmäßig über bewährte Sicherheitsverfahren.“ (cm)