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NRW: Immer mehr Gewalt! Erschreckende Enthüllung über Clan-Tumulte – „Wurden überrascht“

Die Kriminalitätsstatistik für NRW hat ein Beben ausgelöst. Neue Enthüllungen geben Anlass zur Sorge.

© Markus Gayk/dpa

Verbrechen in NRW: So viel Arbeit hat die Polizei wirklich

Das ist die Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 für Nordrhein-Westfalen.

Mehr Straftaten, mehr minderjährige Tatverdächtige und mehr Gewalt (gegen Beamte). Die Kriminalitätsstatistik NRW hat alle alarmiert. Nicht nur die Opposition im Landtag spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft schlägt in die gleiche Kerbe. NRW-Landesvorsitzender Erich Rettinghaus geht davon aus, dass die Situation sogar noch dramatischer ist, als es die Zahlen aussagen. Im Gespräch mit DER WESTEN bringt der Sprecher der Polizeigewerkschaft die Lage auf den Punkt.

NRW: Gewalt-Dunkelziffer viel höher

Das Grundproblem: Die Kriminalitätsstatistik der Polizei kann die tatsächliche Anzahl von Straftaten in NRW nur unzureichend belegen. Zum einen sei die Dunkelziffer in vielen Fällen höher, erklärt Erich Rettinghaus. Denn viele Straftaten würden erst gar nicht zur Anzeige gebracht, weil die Geschädigten nicht davon ausgehen, dass ihr Fall von der Polizei geklärt werden könne. Doch das ist nur eine Seite der Medaille.


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Zum anderen tappe die Polizei an vielen Stellen im Dunkeln, weil die Staatsanwaltschaften sich nicht ausreichend an der Datenpflege beteiligen würden. Die Kriminalitätsstatistik der Polizei erfasst nämlich nur die Anzahl von Tatverdächtigen. Was fehlt, sind Daten über tatsächliche Verurteilungen. Ein weiteres Problem: Bei doppelten Staatsbürgerschaften werde nur noch die deutsche erfasst. Und das habe in der Vergangenheit zu großen Problemen geführt. Das belegt der Polizei-Gewerkschaftssprecher anhand eines Beispiels , das im vergangenen Jahr die Polizei Essen überrumpelte.

Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in NRW. Foto: DPolG NRW

Clan-Tumulte in Essen ohne Vorwarnung

Dort hatte es im Sommer Tumulte zwischen verfeindeten Clans gegeben (mehr dazu hier >>>). Immer wieder gab es in der Folge Aufrufe zu Massenschlägereien im Netz. Erich Rettinghaus enthüllt, dass die Polizei seinerzeit völlig kalt erwischt worden sei: „Von dem Clinch in Essen wurden wir überrascht.“ Erst im Nachhinein sei klar geworden, dass offenbar syrische Familien auf einen Markt drängen, der jahrzehntelang von bestehenden kriminellen Clans besetzt gewesen sei. Darüber habe es bis dahin keine Informationen gegeben.

Die Polizei Essen reagierte über Wochen mit massiver Präsenz, um eine weitere Eskalation in der Innenstadt zu verhindern. Aus Sicht des Polizeigewerkschafters die einzig richtige Maßnahme. „Der Staat darf sich nicht schwach machen. Zurückziehen geht nicht“, sagt er. Um solche Ausnahmezustände im Vorfeld verhindern zu können, sei es unerlässlich, dass die Polizei mehr Zugriff auf Daten bekomme. „Wir müssen erst einmal erkennen: wer ist das überhaupt?“

Waffenverbotszone? „Bringt nichts“

Die Diskussion um die Einrichtung möglicher Waffenverbotszonen in Innenstädten sei aus Sicht von Erich Rettinghaus nicht zielführend. „Das bringt nichts, wenn man es am Ende nicht kontrolliert.“ Viel wichtiger sei Prävention. In diesem Zusammenhang nimmt der Sprecher der Polizeigewerkschaft die gesamte Gesellschaft in die Pflicht.


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Denn Präventionsprojekte, wie es sie etwa für jugendliche Intensivtäter gibt, seien zwar hilfreich – zumindest wenn Eltern und Umfeld mit an einem Strang ziehen. Aber sie greifen erst, wenn Minderjährige bereits kriminell geworden sind. Deshalb bleibt Integrations-und Sozialarbeit, etwa an Brennpunktschulen und Street Work unerlässlich. „Sonst können wir nicht verhindern, dass die Spirale der Gewalt weiter nach oben geht.“