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Mülheim: Nach „Graue Wölfe“-Skandal von OB Buchholz – Migranten-Politiker bilden beispiellose Allianz

Nach dem Skandalauftritt von Mülheim-OB Buchholz bei einem „Graue Wölfe“-Verein bilden Politiker mit Migrantengeschichte eine Allianz.

Mülheim
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Die "Grauen Wölfe": Das steckt hinter der rechtsextremistischen Vereinigung

Die Gruppierung wird als die stärkste rechtsextremistische Bewegung Deutschlands eingeordnet.

Es ist eine Allianz, partei- und länderübergreifend, die beispiellos ist! Nach dem Skandal-Auftritt von Mülheim-OB Marc Buchholz (56, CDU) bei einem „Graue Wölfe“-nahen Verein (DER WESTEN berichtete ausführlich) stellt sich die Frage: Machen solche und ähnliche Fälle zugewanderte Rechtsextremisten politisch salonfähig?

Buchholz, vor wenigen Wochen selbst noch an Anti-Rechts-Aktionen in Mülheim beteiligt, nahm am Fastenbrechen beim ATiB-Ortsverein teil – dessen Kölner Dachverband vom Verfassungsschutz beobachtet und den türkisch-rechtsextremen „Grauen Wölfen“ zugerechnet wird. Jetzt haben zahlreiche Politiker mit Migrationsgeschichte die Faxen dicke – und fordern insbesondere von Landes- und Kommunalpolitikern einen Demokratie-Schwur!

Mülheim: Buchholz-Skandal und sein Besuch bei den „Grauen Wölfen“

Fotos beweisen, dass Buchholz am 8. April zu Gast beim Mülheimer ATiB-Verein war. ATiB („Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa“) werden etwa 20 Ortsvereine mit insgesamt 1.200 Mitgliedern zugeordnet – darunter auch jener in Mülheim. Buchholz selbst bezog am 17. April Stellung, teilte mit: „Ich distanziere mich ausdrücklich von denjenigen, die extremistisch auftreten und unsere Grundwerte nicht teilen und somit auch von den ‚Grauen Wölfen‘. Ich unterscheide aber zwischen dem Dachverband der ATiB in Köln und den Menschen in unserer Stadt, die sich hier bei uns auch in einen interreligiösen Dialog aktiv mit einbringen.“

Der Fall löste herbe Kritik aus: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Kurdische Gemeinde Deutschland (KGB), selbst die Grünen, Buchholz‘ Koalitionspartner im Stadtrat, sind entsetzt (hier mehr)! Der jüdische NRW-Landtagsabgeordnete Rodion Bakum (33, SPD) aus Mülheim, der Buchholz gegenüber DER WESTEN scharf kritisierte, stellte gemeinsam mit Parteigenossen sogar eine Kleine Anfrage an die Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst (48, CDU).

Mülheim
Mülheim: Oberbürgermeister Marc Buchholz hält bei der ATiB eine Rede. Der Dachverband steht laut Verfassungsschutz den türkisch-rechtsextremen „Grauen Wölfen“ nahe. Foto: Privat

Migranten-Politiker bilden beispiellose Allianz

Zahlreiche Politiker mit Migrationshintergrund, die aus verschiedenen Parteien und aus dem ganzen Bundesgebiet kommen, appellieren jetzt gemeinsam an die „demokratischen Parteien in den Parlamenten“. In einer Erklärung nehmen die Unterzeichner kein Blatt vor den Mund, schreiben in Anspielung auf Buchholz: „Die demokratischen Parteien haben eine besondere Verpflichtung, die Glaubwürdigkeit an unsere parlamentarische Demokratie zu erhalten und auszubauen. (…) Hierzu gehört, dass weder einheimische noch zugewanderte Extremisten (…) unsere Gesprächspartner sein können.“

Mülheim
Buchholz mit Funktionären des Mülheimer ATiB-Kulturvereins. Die ATiB gehört laut Bundesverfassungsschutz zu den wichtigsten Verbänden, in denen die türkisch-rechtsextremen „Grauen Wölfe“ organisiert sind. Foto: Privat

Und weiter: „In unserer Einwanderungsgesellschaft können wir uns keine doppelten Standards im Umgang mit Extremisten leisten. Die klare Haltung, die wir Demokraten, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, gegen deutsche Extremisten haben, muss in gleichermaßen auch für zugewanderte Extremisten gelten. Wir appellieren daher an die demokratischen Parteien und ihre Vertreter auf allen Ebenen, die Feinde der Demokratie nicht salonfähig zu machen. Sie gehören weder in unsere Reihen, noch auf Kandidatenlisten. Es wäre ein fataler Irrtum zu glauben, man könnte einheimischen Rechtsextremismus mit zugewanderten Rechtsextremisten bekämpfen!“

Unter den Unterzeichnern finden sich u.a. Ali Ertan Toprak (55, CDU), Repräsentant der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Kazim Abaci (59, SPD), Mitglied der hamburgischen Bürgerschaft, der NRW-Landtagsabgeordnete Bakum, Birgül Akpinar (46, CDU) aus dem Landesvorstand Baden-Württemberg, Canan Canli (SPD), stellvertretende Bundesvorsitzende Migration und Vielfalt, Seyran Papo (36, CDU), Landtagsabgeordnete in Schleswig-Holstein sowie Cindi Tuncel (47, Linke), Mitglied der Bremischen Bürgerschaft.

Wer sind die „Grauen Wölfe“?

Die „Grauen Wölfe“ sind laut Sicherheitsexperten mit rund 11.000 Anhängern die stärkste rechtsextremistische Bewegung Deutschlands. Viele Mord- und Gewalttaten in der Türkei, aber auch in Europa, werden ihnen zugerechnet. Sie fielen bereits mehrmals in NRW durch unsägliche Vorgänge und Veranstaltungen auf, als islamistische Allahu-Akbar-Rufe und Hass-Parolen gegen Israel durch den Saal hallten.


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Die Bewegung gilt als antisemitisch, rassistisch und als gewalttätig, insbesondere gegen Kurden, Aleviten und Armenier. Auch in Deutschland werden diese Bevölkerungsgruppen als „Feinde des Türkentums“ angegriffen. Nicht ohne Grund sind die „Grauen Wölfe“ in Frankreich und Österreich verboten. Der Bundestag verabschiedete 2020 einen Prüfantrag für ein Verbot. Die MHP, rechtsextreme Mutterpartei in der Türkei, koaliert aktuell mit der Regierung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (70).