- Viele junge Libanesen werden in Deutschland nur geduldet
- Mohamed K. ist einer von ihnen
- Er arbeitet, ist gebürtiger Essener – und ist staatenlos
Essen.
Stell dir vor, du bist gebürtiger Essener, in Essen aufgewachsen und zur Schule gegangen, arbeitest hier, zahlst Steuern und trotzdem… darfst du nichts, was andere Essener dürfen. Du hast keinen Personalausweis, keine Staatsangehörigkeit, gehörst nirgends dazu. So geht es Tausenden Libanesen in Essen und Deutschland. Einer von ihnen ist Mohamed K. (21).
Der 21-Jährige ist Sohn einer Libanesin, die selbst als staatenlos gilt. Seine Großeltern allerdings besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Mohamed hat in Essen seine Ausbildung zum Maler und Lackierer gemacht, ist mittlerweile Geselle, geht arbeiten. Er sagt: „Einer von 100 Geduldeten bekommt eine Ausbildung. Ich hatte Glück, dass ich einen super Chef habe, der damals nur auf mein Können, nicht auf meinen Status achtete.“
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Mohamed K. wird geduldet in Deutschland. Und das seit seiner Geburt. Die Chance auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis: sehr gering. Und das, obwohl er gut integriert ist und vor allem auch bisher nicht straffällig geworden ist. Seine Akte ist sauber, wie er es nennt.
„Warum steht der deutsche Staat jemanden wie mir im Weg? Und jeder Kriegsflüchtling bekommt ohne Umstände eine Aufenthaltserlaubnis? Deutschland lässt sich doch verarschen.“ Mohamed versteht die Welt nicht mehr. Und wie ihm geht es einer ganzen Generation junger Libanesen.
„Natürlich gibt es viele kriminelle Libanesen“
„Natürlich gibt es viele kriminelle Libanesen. Aber hat mal jemand gefragt, warum sie kriminell werden?“ Wer geduldet wird, bekommt nur selten eine Arbeit. Denn welcher Chef möchte schon jemanden einstellen, der alle sechs Monate abgeschoben werden könnte? In diesem Rhythmus muss sich Mohamed bei der Ausländerbehörde melden, damit sein Duldungsstatus verlängert wird.
„Wer keinen Job hat, hat keinen geregelten Alltag, hängt rum. Und dann trifft man die entsprechenden Leute und zack – ist man drin im kriminellen Leben.“ Mohamed sagt außerdem: „Hätte ich meine Ausbildung nicht bekommen, keine Ahnung wo ich dann jetzt wäre.“
Deutschland geht eine Generation Arbeitskräfte durch die Lappen
Mohamed ist der Meinung, dass sich Deutschland eine ganze Generation Arbeitskräfte durch die Lappen gehen lässt. Denn die jungen, ehrlichen Libanesen wie er einer sei sollten belohnt werden. Sie wollen einfach nur Anerkennung und vor allem die gleichen Rechte wie andere Deutsche.
Mohamed darf nicht aus Essen wegziehen, NRW nicht verlassen, Deutschland sowieso nicht. Urlaub? Für ihn nicht drin. Ein Handyvertrag? Ebenfalls Fehlanzeige. Kredit? Ratenzahlung? Für seine Firma international tätig sein? Geht alles nicht.
„Das macht mich wirklich wütend. Denn niemand kann mir genau erklären, warum das so ist. Jemand hat festgestellt, dass ich türkischer Staatsangehöriger bin, weil meine Ahnen daher kommen.“
Oberbürgermeister Thomas Kufen hat ihm eine Email geschrieben
Deswegen brauche er einen türkischen Pass, um eine Aufenthaltserlaubnis jenseits der Duldung zu bekommen. Das türkische Konsulat verwehrt ihm diesen Pass allerdings wegen fehlender Unterlagen, von denen er manche aus familiären Gründen niemals wird besorgen können. Das geht aus Unterlagen hervor, die DER WESTEN vorliegen. Also bleibt Mohamed weiterhin geduldet und staatenlos.
Auch mit Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen hat Mohamed gesprochen, ihm auch mehrere E-Mails geschrieben, einmal sogar eine Antwort bekommen. Tenor der Mail: Du brauchst die türkische Staatsbürgerschaft, dann können wir weiterreden.
Das Programm, das durch die Stadt Essen ins Leben gerufen wurde und strafunauffällige Libanesen belohnen soll mit einer höheren Chance auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis, kennt Mohamed. Auch da fragt er sich: Warum gibt es so etwas erst jetzt? Und warum muss man sich innerhalb dieses Programms nochmal anderthalb Jahre bemühen, bevor man dann die Chance auf eine zweijährig befristete Aufenthaltserlaubnis bekommt?
Mohamed K. möchte eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis
„Ich habe mir seit 21 Jahren nichts zuschulden kommen lassen und lebe wie jeder andere Essener in Essen. Warum kann so etwas nicht mal belohnt werden?“
Mohamed K. hofft auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Er fühlt sich als Deutscher mit libanesischen Wurzeln, seine Muttersprache ist deutsch.
„Ich möchte einfach nur behandelt werden wie jeder andere Deutsche.“