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„Hartz 4“ in Essen: Alleinerziehende stellt Antrag – „Monatelang durch die Hölle gegangen“

Ärger um einen „Hartz 4“-Antrag in Essen. Eine Alleinerziehende sei nach eigenen Angaben beinahe obdachlos geworden. Schuld sei das Jobcenter.

Hartz 4
© Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Service

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Hartz IV Bezieher dürfen was dazu verdienen. Allerdings müssen auch noch andere Einnahmen beim Jobcenter angegeben werden.

„Hartz 4“ ist Geschichte. Seit 2023 wurde die Sozialleistung vom Jobcenter durch das Bürgergeld ersetzt. Doch noch immer müssen sich Menschen mit „Hartz 4“ herumärgern. So auch Sarah Berger aus Essen: „Ich habe unfassbares Glück, dass ich mich mit meinem Ex-Mann noch so gut verstehe. Sonst wäre ich monatelang durch die Hölle gegangen“, berichtet die Alleinerziehende im Gespräch mit DER WESTEN.

Ihren Schilderungen zufolge habe sie nach der Trennung von ihrem Mann monatelang auf die Auszahlung ihres Sozialgelds warten müssen. „Wir wären fast obdachlos geworden“, erinnert sich die Essenerin. Sie hat mittlerweile einen Anwalt eingeschaltet. Das Jobcenter Essen wehrt sich gegen ihre Vorwürfe.

„Hartz 4 in Essen“: Alleinerziehende streitet sich mit Jobcenter

Sarah Berger habe ihren Job nach eigenen Angaben im ersten Corona-Lockdown verloren. Erst im August 2021 meldete sie sich allerdings beim Jobcenter, nachdem sie sich von ihrem Ehemann getrennte hatte. „Da wir aber nur sechs Monate verheiratet waren, war er nicht unterhaltspflichtig“, erklärt die Alleinerziehende. Das Jobcenter Essen bestätigt auf Nachfrage von DER WESTEN eine telefonische Kontaktaufnahme im August und ihren grundsätzlichen Anspruch auf „Hartz 4“.

Das Jobcenter habe zugesagt, ab Dezember Geld auszahlen zu können. Ende November habe sie bei der Hotline angerufen, um den Stand zu ermitteln. Damals habe man ihr mitgeteilt, dass zwar alle Unterlagen vorhanden seien, der Antrag aber noch nicht bearbeitet sei. „Von da an habe ich fast täglich Mails verschickt und angerufen.“ In der zuständigen Abteilung habe es dann plötzlich geheißen, dass die Unterlagen nicht komplett gewesen sein. „Das stimmt aber nicht“, sagt Sarah Berger. Doch das Jobcenter Essen beharrt darauf. „Eine Hilfebedürftigkeit konnte zunächst nicht festgestellt werden, da Frau Berger trotz der Trennung weiterhin Geldzuwendungen von ihrem Ehemann bekam“, so die Jobcenter-Sprecherin.

Jobcenter kürzt „Hartz 4“ wegen Geld vom Ehemann

Für Sarah Berger ein Unding. Ohne das Geld ihres Ex-Mannes hätte sie nach eigenen Angaben ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Im Januar habe sie dann rückwirkend ab Dezember den „Hartz 4“-Mindestsatz zugesprochen bekommen. „Allerdings ohne Alleinerziehendenzuschlag und ohne den Zuschlag für den Durchlauferhitzer. Miete und Heizkosten waren noch nicht dabei. Ich hatte Glück, dass meine Vermieter mich schon lange kannten und schon Erfahrung mit dem Jobcenter hatten. Jeder andere hätte wohl schon die Kündigung rausgeschickt“, sagt sie.

Das Geld von ihrem Ex habe das Jobcenter allerdings abgezogen, obwohl es nur als Überbrückung geliehen gewesen sei. Dem entgegnet die Jobcenter-Sprecherin, dass ein Darlehensvertrag erst Anfang Februar eingereicht worden sei. Den erfülle die rechtlichen Voraussetzungen nicht, weil als Vertragsdatum der 4. Februar 2022 angegeben worden sei. Auch eine weitere eingereichte Unterlage habe das Jobcenter nicht anerkennen können.

Alleinerziehende klagt gegen Jobcenter Essen

Nach Angaben der Jobcenter-Sprecherin habe Sarah Bergers Anwalt in diesem Punkt nie Einspruch eingelegt. Die Alleinerziehende berichtet, dass ihr juristischer Beistand allerdings insgesamt drei Mal Widerspruch eingelegt habe. Im August 2022, also ein Jahr nach erster Kontaktaufnahme, wurde ihr dann endlich „Hartz 4“ für den offenen Zeitraum zwischen August und Dezember 2021 nachgezahlt. Da habe sie dann auch endlich Geld für eine Erstausstattung bekommen. „Ich hätte also eigentlich bis August ohne Möbel gelebt“, so die Alleinerziehende, die seit Januar 2022 wieder in Teilzeit als Schulbegleitung arbeitet.


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Weil sie in den Ferien nicht bezahlt werde, benötige sie eine Aufstockung vom Amt. „Ich habe dann Wohngeld und Kinderzuschlag beantragt. Und diese Gelder bekomme ich jetzt zusätzlich“, sagt sie. Und deshalb droht erneut Ärger mit dem Jobcenter Essen. Denn diese Zahlungen hätte die Alleinerziehende nach Angaben der Sprecherin beim Jobcenter melden müssen. Doch gegenüber DER WESTEN beteuert Sarah Berger, dass sie lange überhaupt nichts von der Möglichkeit des Wohngelds und Kinderzuschlags gewusst habe. „Darum hab ich die Aufstockung die ganze Zeit vom Jobcenter bekommen. Die müssen den Wechsel ja auch genehmigen. Und das hat natürlich gedauert“, sagt sie. Das Fazit der Essenerin: „Mein Glück war auch, dass mein Ex-Mann kein Vollidiot war.“