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Essen: Junge (13) von U-Bahn mitgeschleift – Fahrer durfte nicht bremsen

Essen: Junge (13) von U-Bahn mitgeschleift – Fahrer durfte nicht bremsen

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Polizeibeamte stehen an einem Unfallort in Essen. Ein 13-Jähriger ist am Donnerstag in Essen von einer anfahrenden U-Bahn mitgeschleift und lebensgefährlich verletzt worden. Nach ersten Ermittlungen soll der Teenager an einer überirdischen Haltestelle eine Hand in eine der Fahrzeugtüren gesteckt haben, als diese sich schlossen, wie die Polizei mitteilte. Foto: dpa

Essen. 

Der 13-jährige Junge, der in Essen von einer anfahrenden U-Bahn mitgeschleift wurde, schwebt weiter in Lebensgefahr. Der Zustand des Jungen sei „unverändert“, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag.

Der Teenager soll am Donnerstagmorgen an der oberirdischen Haltestelle II.Schichtstraße in Essen-Altenessen in die Fahrzeugtüren geraten sein, als diese sich schlossen. Die Bahn fuhr an und schleifte ihn etwa 250 Meter mit, wie Ruhrbahn-Sprecher Nils Hoffmann am Freitag mitteilte.

U-Bahn-Unglück in Essen: Junge schwebt noch immer „akut in Lebensgefahr“

Dort, wo die Bahn in den Tunnel abtaucht, prallte der Junge dann offenbar gegen die Wand. Die Einsatzkräfte fanden den lebensgefährlich verletzten Jungen im Gleisbett des Tunnels auf.

Der 13-Jährige erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen und wurde mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus in Essen geflogen. Eine Kopf-Operation hat der Schüler überstanden. Weitere Eingriffe seien in Planung.

Am Donnerstag gegen 7.40 Uhr war der Bahnsteig gut gefüllt. Der 13-Jährige habe – wie meisten Fahrgäste – die letzte Tür des hinteren Waggons genutzt, um einzusteigen. Dort habe es sich aber so gestaut, dass er eine andere Fahrzeugtür ausprobierte. „Diese war aber schon verschlossen und verriegelt“, so Hoffmann.

U-Bahn-Unglück in Essen: Fahrer hatte den Jungen beim Losfahren nicht gesehen

Zum Einsteigen lief der Junge zurück zur letzten Tür der U-Bahn und verfing sich dort. Statt sich automatisch wieder zu öffnen, reagierte die Fahrzeugtür nicht und er wurde mitgeschleift. Der Lokführer habe ihn beim Losfahren nicht gesehen. „Zwischen Fahrer und der letzten Eingangstür liegen 60 Meter“, sagte Hoffmann.

Ruhrbahn prüft Ursache für Unfall: „Egal was in der Tür steckt, man kommt los“

„Eine technische Ursache können wir weder ein-, noch ausschließen. Was wir ausschließen können, ist menschliches Versagen“, sagte Hoffmann.

„Wir wissen nicht, ob die Tür funktioniert hat oder nicht“, so Ruhrbahn-Sprecher Nils Hoffmann. Die Polizei habe es versucht und die Ruhrbahn habe es versucht und die besagte Tür habe sich jedes Mal geöffnet.

Bisherige Tests von Ruhrbahn und Polizei Essen ohne technische Probleme

„Mit einem Stück Stoff schließt die Tür, doch wenn der Sensor den Stoff erkennt öffnet sich die Tür wieder“, so Hoffmann.

„Egal was in der Tür steckt, man kommt los“, so Hoffmann. Bei den Tests hätten sie einen Arm und ein Stück Stoff in die Tür gesteckt. Jedes Mal habe sich die Tür geöffnet.

„Wir wissen auch noch nicht, was von dem Jungen dort hineingeraten ist“

Die Polizei habe die U-Bahn für weitere Ermittlungen und Test bereits beschlagnahmt. „Wir wissen auch noch nicht, was von dem Jungen dort hineingeraten ist. Die Hand, ein Stoffstück oder der Ärmel, das müssen die Ermittlungen ergeben“, erklärt Hoffmann.

Der Unfall wurde von den Überwachungskameras am Bahnsteig dokumentiert. Ob der Junge mit seiner Hand oder etwa mit dem Jackenärmel festklemmte, sei dort aber nicht eindeutig zu erkennen.

Notsignal: U-Bahn kann nur 8 Sekunden nach Abfahrt noch gestoppt werden

Der Fahrer habe die Rufe der Fahrgäste, die Bahn anzuhalten, nicht mitbekommen. „Der Fahrer hat das Notsignal mitbekommen, doch der Fahrer kann die Bahn nur stoppen, wenn ein Fahrgast den Nothebel 8 Sekunden nach Fahrtantritt zieht.“ Dazu sei der Lokführer verpflichtet gewesen, sagte Hoffmann. Denn dann befindet sich die Bahn noch am Bahnsteig. Sonst könne der Fahrer die Bahn bis zur nächsten Haltestelle nicht mehr anhalten. Im Tunnel gehe das aus Sicherheitsgründen nicht. Die Fahrgäste zogen laut Hoffmann erst nach 21 Sekunden die Bremse.

Ruhrbahn-Sprecher: „Der Fahrer hat alles richtig gemacht“

„Der Fahrer hat alles richtig gemacht“, so der Sprecher. Er sei seit 38 Jahren im Dienst, 62 Jahre alt und sehr erfahren. Er wird im Zuge der Ermittlungen von der Polizei vernommen. Erst vor 14 Tagen habe er einen umfangreichen Sicherheitscheck absolviert.

„Der Junge wurde notfallmedizinisch versorgt und dann mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht“, teilte Feuerwehrsprecher Mike Filzen mit.

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Fahrer steht unter Schock

Fahrgäste, die die Tragödie mit ansehen mussten sowie der unter Schock stehende Fahrer wurden von Seelsorgern betreut.

Polizei hat eine dringende Bitte

Noch hofft die Polizei auf weitere Hinweise: Denn viele Augenzeugen hätten den Unfallort vor Eintreffen der Beamten verlassen. Um den Unfall genauer rekonstruieren zu können, bittet die Polizei alle Insassen der betroffenen Bahn, sich telefonische unter der Nummer 0201/829-0 zu melden.

U-Bahnhof II. Schichtstraße gesperrt

Wegen des tragischen Unfalls musste der U-Bahnhof am Donnerstag weiträumig abgesperrt werden, wodurch es zeitweise zu erheblichen Verkehrsbehinderungen kam.

Die Polizei ermittelt nun, warum sich die Tür der U-Bahn nicht wieder öffnete, obwohl der Jungen eingeklemmt war.

Ein ähnlicher Fall hatte sich Ende 2017 in Essen zugetragen. Damals wurde ein Kinderwagen mit einer Zweijährigen an Bord am Bahnsteig der Haltestelle Altenessen-Mitte von einer U-Bahn mitgeschleift. Mehr dazu liest du hier >>>