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Essen: Ex-Polizeichef kritisiert Umgang mit kriminellen Clans – „Parallelwelt entstanden“

Kriminelle Clans sorgen in Essen regelmäßig für Chaos und Unsicherheit. Ex-Polizeichef Frank Richter übt scharfe Kritik am Umgang mit ihnen.

Essen
© dpa

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Jetzt haut der Ex-Polizeichef von Essen und Hagen auf den Tisch! Am 16. Juni kam es mitten in der City von Essen zu einer Massenschlägerei. Hunderte Männer lieferten sich eine Schlägerei in und vor einem syrischen Restaurant, schlugen unter anderem mit Baseballschlägern und Dachlatten aufeinander ein. Möbel flogen herum, Glas zerbrach, unbeteiligte Zeugen flüchteten erschrocken.

Erst ein Großaufgebot der Polizei inklusive Hubschrauber, Hunden und einer Hundertschaft konnte die beiden Gruppen aus verfeindeten Libanesen und Syrern trennen und noch Schlimmeres verhindern (mehr hier). Wenige Tage zuvor gab es auch in Castrop-Rauxel eine blutige Fehde (DER WESTEN berichtete). Im Interview mit der WAZ übt Frank Richter (64) scharfe Kritik an der Politik von Bund und Land.

Essen: Ex-Polizeichef über kriminelle Clans – „Parallelwelt entstanden“

Richter nimmt kein Blatt vor den Mund, glaubt nicht daran, dass Angehörige krimineller Clans wie von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angedroht einfach abgeschoben werden. Richter: „Mehr Populismus geht nicht. Die meisten Mitglieder solcher Großfamilien haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Wie will Frau Faeser die abschieben? Ein anderer Teil ist staatenlos beziehungsweise man weiß nicht, wo sie herkommen. Diese Menschen kann man nicht einfach wegzaubern.“

Clan-Krieg in Essen
In Essen kam es Mitte Juni zu einer Massenschlägerei zwischen Syrern und Libanesen. Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an. Foto: Justin Brosch

Richter warnt auch davor, dass längst eine Parallelwelt jenseits von deutschem Recht entstanden sei. Der langjährige Polizeipräsident zur WAZ: „Es ist in den letzten 30 Jahren eine Parallelwelt mit einem eigenen Rechtssystem und einem anderen Wertekanon entstanden. Unser Staat hat diese Entwicklung verschlafen.“

Reuls „Strategie der 1.000 Nadelstiche“ sinnvoll

Dass ein Friedensrichter den Krieg zwischen Syrern und Libanesen zumindest vorläufig beigelegt habe (DER WESTEN berichtete auch hier), nennt Richter „eine Bankrotterklärung“. Er führt aus: „Das war die Krönung der Verachtung unseres Staates. Und eine Unverschämtheit zu sagen: ‚Die Polizei kann weiter ermitteln, aber wir haben jetzt Ruhe.'“


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Die „Strategie der 1.000 Nadelstiche“ von NRW-Innenminister Herbert Reul (70, CDU) dagegen hält er für plausibel. Richter: „Wir hatten in Essen Stadtteile mit einem hohen Beschwerdeaufkommen wegen Tumultdelikten. Wir haben von Einwohnern gehört, dass sie Angst haben, aus dem Haus zu gehen. Es war notwendig, dass sie bei vermehrten Polizeikontrollen gesehen haben: Der Staat ist da. Er kümmert sich. Auch wenn ein 30 Jahre altes Problem nicht von heute auf morgen gelöst ist.“

Was der Clan-Experte prognostiziert und wie man konkret Kriminellen die Geschäfte kaputt macht, kannst du bei der WAZ nachlesen.