Auf Schalke liegen bittere Jahre hinter dem traditionsreichen Ruhrgebietsverein. Nach dem Absturz in die zweite Liga ist man dort mittlerweile dem Abstiegskampf näher als dem von Fans ersehnten Wiederaufstieg. Noch vor wenigen Jahren sah die königsblaue Welt gänzlich anders aus.
Vizemeisterschaft und Champions-League-Spiele. Cedric Teuchert erlebte im blauweißen Trikot eine erfolgreiche Zeit des Vereins. Auch wenn es für den Stürmer persönlich nicht immer einfach lief. Warum er dennoch nur positiv auf die Zeit auf Schalke zurückblickt und was er am deutschen Fußball in der MLS vermisst, verrät der Ex-Schalker im Interview mit DER WESTEN.
„Extreme Hitze“ bei Klub-WM und MLS
DER WESTEN: Man hört während der Klub-WM viel von heißen Wetterbedingungen: Ihr müsst in den USA auch den ganzen Sommer durchspielen. Ist das ein Problem für euch?
Cedric Teuchert: Auf jeden Fall! Die Hitze ist schon extrem. Es ist auf jeden Fall ein anderes Klima als zum Beispiel in Deutschland. Wir haben jetzt am Samstag in Houston gespielt, da waren 42 Grad auf der Anzeigetafel. Außerdem schwankt das Klima immer, je nachdem, wo wir spielen. Hier in St. Louis sind auch seit zwei Wochen durchgehend 35 Grad. Es ist schon heiß, aber es bringt nichts zu meckern. Wir können ohnehin nichts beeinflussen.
Gibt es im Vergleich zu Deutschland noch andere Dinge, die man beim Fußball in den vermisst?
Die Fankultur in Deutschland oder allgemein in Europa ist schon nochmal ein Stückchen besser, was den Fußball betrifft. Auch spielt man hier immer in anderen Zeitzonen. Du hast Spiele, wo du vier Stunden hinfliegst, dann hast du Zeitverschiebung, anderes Wetter. Das zehrt schon an den Kräften. Die Saison ist lang, wir spielen von Februar bis Oktober durch. Wir haben keine Sommerpause oder Ähnliches. Daran muss man sich erstmal gewöhnen. Aber ansonsten ist der Ablauf relativ gleich.

Du hast für einen der größten deutschen Vereine gespielt – damals noch in der Champions League. Danach folgte beim FC Schalke 04 ein drastischer Absturz. Hat der sich schon damals in deiner Zeit angedeutet?
Es kam für mich sehr überraschend. Jeder einzelne Mensch in Deutschland, der sich mit Fußball auseinandersetzt, findet es sehr schade, weil Schalke einfach ein unfassbar geiler Verein ist, auch jetzt immer noch mit dieser Fankultur. Meine Frau ist aus Herne, aus Wanne-Eickel. Die ganze Familie ist Schalke-verrückt. Egal wie schlecht es in den letzten Jahren gelaufen ist, das Stadion war immer voll, auch wenn die Stimmung nicht immer gut war. Für jeden Fußballbegeisterten ist es schwer zu verstehen, was da passiert ist und wie der Verein so abfallen konnte.
Was glaubst du, wo die Fehler im Verein lagen?
Das ist eine gute Frage, da bin ich zu weit weg. Ich will da jetzt auch nichts Falsches sagen. Mit ein, zwei Jungs, die den Absturz mitbekommen haben, mache ich mir da meine Gedanken. Ich glaube, dass da nicht immer alles gut kommuniziert wurde.
„Als hätte ich noch nie Fußball gespielt“
Welche Erinnerung kommt dir jetzt, wenn du Schalke 04 hörst und an die Zeit denkst?
Ich war ein sehr junger Spieler, ich hatte noch nicht die Erfahrung. Dann mit den ganzen Top-Spielern, wie Naldo, Goretzka, Caliguri, Burgstaller und Co. zusammenzuspielen, war in den ersten Wochen hart für mich. Ich habe mich gefühlt, als ob ich noch nie Fußball gespielt hätte, weil das Niveau einfach so hoch war. Dann sind wir Vizemeister geworden, haben Champions League gespielt. Ich glaube, daran erinnert sich jeder Schalker gerne zurück. Auch wenn ich nicht viele Spiele gemacht habe, kann ich nur positiv zurückblicken. Ich habe trotzdem viel mitgenommen, habe dann meine Frau kennengelernt, mit der ich heute zwei Kinder habe. Alles in allem war es sehr positiv.
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Viele Profis aus Deutschland entscheiden sich für den Schritt in die MLS. Was glaubst du, woran das generell liegt? Was waren deine Beweggründe?
Man sieht, dass der Fußball hier sehr stark wächst. Du hast in Amerika andere Sportarten, die nochmal eine Etage höher sind. Aber man merkt, dass der Fußball einen höheren Stellenwert bekommt. Allgemein unterschätzt man die Liga vielleicht in Deutschland und Europa. Ich habe in der ersten und zweiten Bundesliga gespielt und die MLS ist ein gutes Zwischending. Ich glaube, die meisten der Mannschaften würden im oberen Drittel der zweiten Liga abschneiden. Für die Bundesliga reicht es noch nicht, aber das Niveau ist schon sehr, sehr gut hier. Sehr athletisch, sehr gute Fußballer.
Auch dein Kapitän Roman Bürki hat lange in Deutschland gespielt. Wie ist das Standing, das man als Profifußballer aus Europa hat? Wird man da noch mal anders betrachtet?
Bei St. Louis sind wir ja ein paar Deutsche. Klar freuen die Amerikaner sich auf uns. Aber es gibt im Niveau keinen Riesen-Unterschied, dass die Deutschen oder die Europäer in jedem Spiel vier, fünf Tore schießen. Von daher fühlen wir uns einfach als Verstärkung der Mannschaft. Und mit Roman haben wir einen Torhüter, der trotzdem überdurchschnittlich ist für die Liga. Er hat Jahre in der Bundesliga und der Champions League durchgehend gespielt. Ich glaube schon, dass wir mit Abstand den besten Torwart in der Liga haben.
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Der Fußball in den USA entwickelt sich rasant weiter. Aber man hört trotzdem immer wieder von leeren Rängen bei der Klub-WM. Ist der Fußball in den USA schon im breiten Publikum angekommen?
Ich glaube schon, dass er angekommen ist. Wir spielen teilweise in den Riesen-NFL-Stadien, wo 80.000 Leute reinpassen. Wenn dann nur 25.000 Zuschauer da sind, dann sieht es natürlich ein bisschen leerer aus. Aber das Interesse der Amerikaner wächst. Unser Stadion zum Beispiel ist jedes Wochenende ausverkauft. Ich kann es nicht mit der NFL vergleichen, aber man merkt auf jeden Fall, dass die Begeisterung und Euphorie am Fußball jede Woche wachsen.
Mit Blick auf deinen Vertrag, der im kommenden Sommer 2026 ausläuft. Könntest du dir eine Rückkehr nach Europa, vielleicht sogar nach Deutschland vorstellen?
Ja, natürlich kann ich mir das vorstellen. Aber wir haben als Familie gesagt: Wenn wir den großen Schritt wagen, wollen wir uns hier erstmal festsetzen. Wir fühlen uns in St. Louis sehr wohl. Die Kinder gehen jetzt hier in den Kindergarten. Ich fühle mich im Verein sehr wohl. Von daher würde ich eine Rückkehr nach Deutschland in den nächsten Jahren zurzeit ausschließen. Aber man weiß nie, im Fußball geht es immer schnell. Aber die Priorität Nummer eins ist St. Louis und es wäre schön, wenn es hier weitergeht.