Die Frauen-EM 2025 geht los! Ab dem 2. Juli geht es für das deutsche Frauen-Team in der Schweiz um den Titel. Der 23-köpfige Kader von Bundestrainer Christian Wück soll nach 2013 endlich wieder die Europameisterschaft gewinnen.
Lea Wagner begleitet seit mehreren Jahren das DFB-Team bei Großturnieren und wird auch bei der Frauen-EM 2025 mit der ARD am Start sein. Im Interview mit dieser Redaktion hat sie über die Europameisterschaft, die zeitgleich stattfindende Klub-WM und ihren Job als Reporterin gesprochen.
Frauen-EM 2025: Lea Wagner voller Vorfreude
DER WESTEN: Hallo Lea, ganz lieben Dank, dass du Dir die Zeit nimmst. Die Bundesliga-Saison ist vorbei, aber in wenigen Wochen steht für dich das nächste große Highlight an. Wie groß ist deine Vorfreude auf die Frauen-EM 2025 und alles, was im Sommer passieren wird?
Lea Wagner: Wirklich riesig. Ich durfte 2023 schon in Australien im Rahmen der WM bei der Frauennationalmannschaft dabei sein. Das war mein erster Einsatz bei einem Großereignis von den Frauen und trotz des sportlichen Abschneidens, trotz der Enttäuschung war es eine sehr intensive, wunderschöne Zeit. Wir haben eine tolle Frauennationalmannschaft mit starken Charakteren.
Ich bin gespannt auf den neuen Bundestrainer Christian Wück, der mit der U17 riesige Erfolge feiern konnte. An der Arbeit während eines großen Turniers gefällt es mir besonders, mich tief in die Materie einarbeiten zu können, da ich so nah dran sein und jeden Tag über die Mannschaft berichten darf. Ich kann es kaum abwarten.

Du hast Australien schon angesprochen. Was kannst Du aus dieser Zeit für die kommenden Wochen in der Schweiz mitnehmen? Worauf freust Du dich am meisten?
Ich freue mich sehr auf die Gespräche mit den Spielerinnen. Es ist bei der Moderation vom deutschen Quartier üblich, dass du jeden Tag ein längeres Interview mit einer Spielerin hast. Es sind wirklich coole Frauen mit starken Meinungen dabei und darauf freue ich mich sehr. Und eben auch auf diesen festen Rhythmus, einen Arbeitsalltag. Das kenne ich nur bei Großereignissen, ansonsten ist in meinem üblichen Berufsleben jeder Tag anders. Hier kann ich mich von morgens bis abends über Wochen thematisch komplett auf diese eine Mannschaft fokussieren, ohne inhaltlich wechseln zu müssen. Das gefällt mir schon sehr.
Du warst bei der Männer-EM 2024 auch vor Ort im Mannschaftsquartier. Was sind die größten Unterschiede für dich als Reporterin vor Ort zwischen einem Männerturnier und einem Frauenturnier? Gibt es überhaupt Unterschiede?
Die Unterschiede sind marginal, ich hatte in Australien teilweise das Gefühl, dass die Taktung etwas entspannter war. Allein durch den Umstand, dass bei den Männern deutlich mehr mediale Vertreter vor Ort sind und das öffentliche Interesse riesig ist.
Das ist bei den Frauen auch bereits stark gestiegen, dennoch hatte ich mehr Möglichkeiten, auch mal abseits der laufenden Kamera mit den Spielerinnen zu sprechen. Es ist nicht so, dass sich die Männer eigenständig und bewusst abschotten, aber sie haben mehr Drehtermine, Interviewtermine mit Sponsoren und Werbetermine, wodurch der Zeitrahmen begrenzter ist.
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Die Frauenturniere werden so terminiert, dass kein großes Herrenturnier parallel stattfindet. Die FIFA ist mit der Klub-WM jetzt dazwischen gegrätscht. Glaubst du, dass das einen großen Einfluss auf das Frauenturnier hat?
Ich habe mir die Sendezeiten der Klub-WM nicht angeschaut. Aber ich würde sagen nein. Wenn deutsche Mannschaften parallel zu den Frauen spielen würden, wäre das unglücklich. Ich hoffe, dass das nicht der Fall sein wird.
Hast du gar nicht die Befürchtung, dass die Fans die Frauen-WM 2025 aufgrund der hohen Frequenz an Fußballspielen und des enorm vollen Terminkalenders hintenüberfallen lassen?
Im Gegenteil. Vor ein paar Jahren haben die Frauen-EM und die eine Junioren-WM parallel zueinander stattgefunden. Ich hatte damals das Gefühl, dass das Fußballfieber dadurch noch einmal intensiviert wurde. Die Fans hatten Bock, sich die beiden erfolgreichen deutschen Mannschaften anzuschauen – ob das jetzt die Nachwuchsmänner oder die Frauen waren. Dieses Szenario kann jetzt mit der Klub-WM auch wieder aufkommen, es steht und fällt immer mit den Ergebnissen.
Was ist für die Frauen dieses Jahr drin? Wie weit geht es für die DFB-Frauen und worauf kommt es bei dem Team an?
Das erste Spiel ist bei einem Turnier immer das wichtigste. Es kommt darauf an, dass sie es direkt gegen Polen schaffen, Konstanz reinzubekommen. Unter Wück war es zuletzt häufig so, dass die erste Halbzeit nicht wirklich berauschend war und sie dann die zweite Halbzeit überragend gespielt haben. Sie müssen sich direkt Selbstvertrauen abholen, schließlich ist die deutsche Gruppe alles andere als leicht. Die Spiele gegen Dänemark und Schweden werden schwer, deshalb wird es gegen Polen darauf ankommen, dass das Team gut reinstartet und der erste Druck bezüglich des Überstehens der Gruppenphase erst einmal abfällt. Gerade bei den Spielerinnen, die auch in Australien schon dabei waren und früh ausgeschieden sind, könnte der Kopf nach einem misslungenen Auftakt ins Arbeiten kommen.
Tut es der Mannschaft eventuell sogar gut, dass sie dieses Jahr nicht als Top-Favorit in das Turnier gehen? Das war in der Vergangenheit mit dem deutschen Frauenfußball schon mal anders.
Das kann ein Aspekt sein. Es war schon in Australien so, dass sie darum bemüht waren zu betonen, dass sie nicht mehr per se in einem Halbfinale oder Finale gesetzt sind, wie das früher der Fall gewesen ist. Die anderen Nationen haben aufgeholt und die Leistungsdichte ist viel größer geworden. Das war damals schon Thema.
Jetzt haben wahrscheinlich alle verstanden, dass es nicht nur Plattitüden waren, sondern dass es stimmt. Ich weiß nicht, ob das am Ende wirklich etwas ausmacht. Auch wenn der Anspruch von außen nicht in dem Ausmaß vorhanden ist, hast du das Streben nach dem maximalen Erfolg als Leistungssportlerin automatisch in dir. Da möchte man immer das Größtmögliche erreichen und sie kommunizieren auch offensiv, dass sie um den Titel mitspielen wollen.
Lea Wagner ehrlich: „Bei mir persönlich leidet die ganz große Freude“
Wer ist für dich der Favorit auf den Titel? Sind es die Engländerinnen?
Ja, England und Spanien. Dazu kann es immer Überraschungen geben, aber die beiden Nationen haben echt einen guten Kader und starke Spielerinnen in ihren Reihen.
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Kommen wir noch einmal ganz kurz zur Klub-WM zurück. Es gibt zu diesem Turnier unendlich viele kritische Stimmen – viele schlagen wegen der Belastung Alarm, andere stört dieser Wettbewerb an sich. Wie sieht Du das?
Ich bin auch eher in dem Team, dem es ein wenig viel wird. Man hat mit den Ligen, den internationalen Wettbewerben und den Länderspielen jetzt schon die Möglichkeit, fast jeden Tag Fußball zu schauen. Bei mir persönlich leidet die ganz große Freude auf einen Kracher ein wenig darunter. Auf der anderen Seite finde ich den neuen Champions-League-Modus nach dem ersten Jahr cool, das hat mir sehr gefallen. Das hätte ich vorher nicht gedacht, aber ich denke mir schon manchmal: ‚Es reicht, wir brauchen nicht noch ein Wettbewerb‘.
Du bist seit 2023 Sportschau-Moderatorin, dieses Format macht einen großen Teil deines Berufslebens aus. Es gibt immer mehr Stimmen, die sagen, dass die Sportschau in dem klassischen Format, wie es sie schon seit Jahrzehnten gibt, überholt ist – vor allem, weil jungen Menschen immer mehr dazu tendieren, die Highlights der Spiele gleich nach Abpfiff sehen und nicht bis zum Abend warten zu wollen. Hast du Angst um die Zukunft der Sportschau?
Ich habe einen anderen Eindruck, bin eher immer wieder überrascht, wie viele junge Menschen immer noch die Sportschau schauen und vor 18 Uhr sogar teilweise nichts von den Spielen vom Nachmittag lesen und hören wollen, weil sie sich darauf freuen, sich linear vor den Fernseher zu setzen und die Spielberichte mit Spannung verfolgen zu können.
Mittlerweile ist das meiste nur hinter einer Paywall zu finden. Man braucht so viele Accounts, um wirklich alles sehen zu können. Und das wird sich auch nicht ändern. Es ist wie mit den vielen Wettbewerben: Der Overload ist enorm. Ich blicke da selbst manchmal nicht mehr durch und muss erst googlen, wo dieses Spiel jetzt gestreamt werden kann.
Vor wenigen Wochen war ich privat im Stadion und habe nach dem Spiel mitbekommen, wie ein kleiner Junge nach einer Niederlage seines Vereins auf dem Rückweg mit seinem Vater gesprochen hat. Er hat ihn gefragt, ob sie gleich zuhause keine Sportschau zusammen schauen werden, weil ihr Verein verloren hat. Der Vater meinte, das werde gleich trotzdem wie immer eingeschaltet und die Stimmung bei seinem Sohn war direkt besser.
Das war so ein Erlebnis, bei dem ich gedacht habe: ‚Wie schön, dass ich eine Sendung moderieren darf, die auch über Generationen hinweg noch dieses gemeinsame Fernsehschauen erzeugt‘.