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Borussia Dortmund: Blind im Stadion – Leben von Kevin (37) plötzlich auf den Kopf gestellt

Kevin (37) ist blind. Ein Augenblick im Stadion seines Klubs Borussia Dortmund ändert sein Fan-Leben komplett.,

© IMAGO/Sven Simon, privat

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Warum gehst du ins Stadion? Blöde Frage, wirst du sagen. Zum Fußballgucken natürlich. Kevin nicht. Er kann nicht sehen. Konnte er noch nie. Und trotzdem ist er glühender Fan von Borussia Dortmund. Auf einen Schlag hat sich sein (Fan)-Leben nun völlig verändert.

Plötzlich kann Kevin regelmäßig ins Stadion. Neue Freunde in seiner Heimat Thüringen machen es möglich. Bei Borussia Dortmunds 2:0 in Berlin stand er mitten zwischen den Ultras, spürte die Trommel, brüllte sich heiser. Und dann ist da noch eine App, die nicht nur im Stadion alles auf den Kopf stellt.

Borussia Dortmund: Blinder Fan Kevin reist BVB hinterher

Kevin ist 37 Jahre alt. 2001 machte ihn ein schicksalsträchtiger Besuch im Westfalenstadion zum BVB-Fan. „Mein Onkel hatte Karten für das Spiel gegen Wolfsburg. Südtribüne. Keine Ahnung, woher. Seither bin ich Dortmunder.“ 4:0 gewann Schwarzgelb dank Amoroso, Koller und Rosicky. Gesehen hat Kevin keins der Tore. Er ist von Geburt an blind.

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Was will er dann im Stadion? Diese Frage hört er häufiger. 22 Jahre lang blieb Wolfsburg das einzige Spiel. Dann schlug das Schicksal zu. Über Twitter lud ihn ein Fan ein, ihn zum Testspiel bei Rot-Weiß Erfurt zu begleiten. Er lernte die Fanclubs „Nordthüringer Borussen“ und „Südkreis Borussen“ kennen. Trat selbst dort ein. Seither geht er ins Stadion, so oft es nur geht. Seine neuen Freunde nehmen ihn dabei an die Hand – im wahrsten Sinne. Sie holen ihn ab, begleiten ihn auf die Tribüne, kommentieren das Spiel für ihn. „Die Chemie hat sofort gestimmt. Wir haben uns vom ersten Tag an super verstanden.“

„Es ist ein Wahnsinnsgefühl“

Es blieb nicht beim Testspiel vor der Haustür. Stolze sechsmal war er diese Saison schon im Stadion – Heim, Auswärts, egal. „Es ist ein Wahnsinnsgefühl. Bei Union habe ich direkt zwischen den Ultras gestanden. Die Trommel war vielleicht drei Meter vor mir. Das Geländer hat vibriert. Ich habe sie im Bauch gespürt. So ein Live-Erlebnis kann dir kein Lautsprecher der Welt geben“, sagt er begeistert. Auch vom Heimspiel gegen Leipzig (2:3), seine bislang einzige Niederlage, schwärmt er bis heute. „Die letzten Minuten – das war ein Audio-Orkan, das kann man sich nicht vorstellen.“

Aber Kevin ist nicht nur für die Stimmung im Stadion. Er verfolgt auch das Spiel. „Durch die Atmosphäre kriegt man viel mit. Nicht nur durch die Gesänge. Schreien alle auf, war es wahrscheinlich ein Foul – oder der VAR hat wieder Mist gebaut“, grinst er. Um die Welt um sich herum erleben zu können, hat er im vergangenen Jahr ebenfalls einen kompletten „Gamechanger“ entdeckt.

„Als hätte ich plötzlich ein kleines Auge“

„Be my Eyes“, eine KI-App, beschreibt Fotos haarklein. Kevin kann Nachfragen stellen, kennt nun Details in seiner Umgebung, die er vorher nie erleben konnte. „Es ist, als hätte ich plötzlich ein kleines Auge“, sagt er. „Ich kann mir die Welt jetzt erzählen lassen. Von meinem Balkon kann man den Kirchturm der Marienkirche sehen. Das wusste ich vorher gar nicht.“


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Auch bei Spielen von Borussia Dortmund lässt sich die App nutzen. „Man muss es lauter stellen und ist auf das Stadionnetz angewiesen. In Dortmund bekanntlich eine Katastrophe. Ich mache es aber auch nicht oft, weil ich mich auf das Spiel konzentriere.“ Außerhalb des Stadions fotografiert er dagegen wie wild um sich. „Es ist alles völlig anders, einfach nur geil. Manchmal sitze ich da und, so blöd das klingt, könnte losheulen. Einfach weil alles so neu ist.“