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Verdi: Beschäftigte im öffentlichen Dienst doch die Verlierer? „Weiterer Verlust an Kaufkraft“

Kein guter Deal? Mindestens 340 Euro mehr für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Aus Sicht eines Experten nur eine „Notlösung“.

Streik
© Jan Woitas/dpa

Einigung im Tarifstreit im öffentlichen Dienst

Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen können im kommenden Jahr mit deutlich höheren Löhnen rechnen. Sie erhalten ab März kommenden Jahres 5,5 Prozent mehr Geld - und einen Inflationsausgleich in Höhe von 3000 Euro.

„Das ist die größte Tarifsteigerung in der Nachkriegsgeschichte im öffentlichen Dienst“, hob Verdi-Chef Frank Werneke nach der Einigung im Tarifstreit hervor. Tatsächlich liest sich das Tarifergebnis für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten bei Kommunen und Bund ziemlich beachtlich. Es gibt ein sattes Lohnplus in den kommenden zwei Jahren.

Doch täuschen die Zahlen nur? Wirtschaftsprofessor Marcel Fratzscher hat den Tarif-Deal durchgerechnet – und verpasst Verdi und den Beschäftigten eine kalte Dusche!

Verdi zufrieden: Mindestens 340 Euro mehr für Beschäftigte

Zunächst die nackten Zahlen zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst:

  • Die Beschäftigten erhalten eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 3.000 Euro.
  • Im ersten Schritt gibt es hierzu 1.240 Euro im Juni. Zwischen Juli 2023 bis Februar 2024 werden dann monatlich jeweils 220 Euro überwiesen.
  • Danach gibt es ab März 2023 ein Lohnplus von mindestens 340 Euro brutto pro Beschäftigtem.
  • Auf einen Sockelbetrag von 200 Euro brutto mehr kommen noch 5,5 Prozent Lohnsteigerung obendrauf.
  • Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 24 Monate.

Mindestens 340 Euro mehr für Erzieher, Busfahrerinnen, Verwaltungsangestellte und andere Berufsgruppen im öffentlichen Dienst. Ein angemessener Ausgleich für die gestiegenen Kosten angesichts der Inflation in Deutschland?

Wirtschaftsprofessor kritisiert: „Weiterer Verlust an Wohlstand für Beschäftigte“

Professor Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hat einen Dämpfer für Verdi. Zwar bewertet er es positiv, dass Menschen mit geringen Löhnen einen stärkeren prozentualen Anstieg haben werden. Diese hätten aber auch mehr zu knabbern an den gestiegenen Kosten im Supermarkt oder für Energie.

Insgesamt aber kritisiert er: Der Tarifabschluss bedeutet „einen weiterer Verlust an Kaufkraft und Wohlstand für die Beschäftigten“. Fratzscher führt aus: „Denn nach einer Inflationsrate von 8 Prozent 2022, 6 Prozent 2023 und wohl circa 3 Prozent 2024 werden die Löhne im öffentlichen Dienst am Ende der Laufzeit circa 6 Prozent weniger Kaufkraft haben.“


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Mit anderen Worten: Aus Sicht des Wirtschaftsexperten reicht die Tarifeinigung nicht aus, um die Mehrbelastungen durch die Inflation zu kompensieren. „Dies bedeutet, dass es wohl mindestens noch weitere fünf Jahre dauern wird, bis die Löhne im öffentlichen Dienst diesen Kaufkraftverlust wieder aufgeholt haben“, so seine Prognose. Der Professor geht daher von weiteren verschärften Arbeitskämpfen in Deutschland im öffentlichen Dienst aus.

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