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Orbán verbietet CSD in Ungarn: „Menschenrechte mit Füßen getreten“

Orbán droht mit Haft für Pride-Teilnehmende. EU-Abgeordnete über Ungarn: „Anfeindung queerer Menschen ist auf politischer Agenda“.

Pride verboten, Hass erlaubt? Ungarns Ministerpräsident zeigt sein wahres Gesicht – die EU steht unter Druck.
© ZUMA Pressedraht / IMAGO / TT

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Der diesjährige Pride Month, der Juni, der mehr Sichtbarkeit und Stärkung von queeren Menschen erreichen soll, ist von einigen Ereignissen getrübt. Diskussion über Regenbogenflaggen auf dem Bundestag und das Verbot für die Mitarbeitenden der Bundestagsverwaltung, am CSD in Berlin teilzunehmen, durch Julia Klöckner (CDU). Doch das ist längst nicht alles. Viktor Orbán, Ministerpräsident von Ungarn, schneidet queere Rechte weiter ein und droht sogar EU-Bürgern.

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Die Regierung in Ungarn unter Orbán ist rechtsnationalistisch und schränkt seit Jahren die Rechte von LGBTQIA+-Menschen ein. Die Pride-Paraden wurden deswegen mit Verweis auf den Kinderschutz verboten. Es sollen keine nicht-heterosexuellen Lebensweisen mehr öffentlich bei Versammlungen gezeigt werden. Doch damit nicht genug: Ungarns Justizminister Bence Tuzson warnte nun EU-Vertreter anderer Länder vor der Teilnahme an eventuell doch stattfindenden Kundgebungen.

CSD-Verbot in Ungarn: „Anfeindung queerer Menschen auf politischer Agenda“

In einem Schreiben an die Botschafter verschiedener EU-Länder schrieb der ungarische Justizminister, dass, wer doch an einer Pride-Demo teilnehme, eine Strafe von bis zu 500 Euro oder bei Organisation oder Aufruf zur Teilnahme sogar eine einjährige Haftstrafe drohe. Ungarn ist EU-Mitglied, hat sich also verpflichtet, gewisse Menschenrechte zu beachten und aktiv zu schützen. Ob das nun noch gegeben ist, das hat unsere Redaktion die grüne EU-Abgeordnete Terry Reintke gefragt.

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Sie findet: „Das Verbot der Budapest Pride bei gleichzeitiger Genehmigung von rechtsextremen Gegendemonstrationen ist ein alarmierendes Zeichen für die fortschreitende Aushöhlung demokratischer Grundrechte in Ungarn und in der EU.“ Es sei „ein gefährlicher Präzedenzfall“, den man nicht stillschweigend hinnehmen dürfe. „Versammlungsfreiheit und Gleichstellung sind keine verhandelbaren Werte, sondern Kernbestandteile des europäischen Rechtsrahmens.“

„Wenn in einem EU-Staat eine friedliche Versammlung verboten wird, ist das ein Angriff auf die Freiheit aller Bürger und Bürgerinnen in der EU. Grundrechte enden nicht an nationalen Grenzen, wir dürfen nicht schweigen, wenn Rechtsstaatlichkeit, Vielfalt und Menschenrechte mit Füßen getreten werden.“

Hinter solchen Entscheidungen, wie sie Orbán getroffen hat, stehe eine gefährliche politische Strategie. „Autoritäre Regierungen versuchen, durch Angstmache und Ausgrenzung rechte Mehrheiten zu mobilisieren, die gezielte Diffamierung und Anfeindung queerer Menschen ist dabei kein Nebeneffekt, sondern zentraler Bestandteil einer rechtspopulistischen Agenda.“

Nicht mit uns – EU-Abgeordnete rechnet mit Orbán ab

„Die rechtsextremen und autoritären Kräfte in Europa verfolgen in diesen Tagen sehr genau, wie sich die Mehrheitsgesellschaft jetzt verhält – ob es ihr egal ist oder ob sie sich solidarisch dem Hass geschlossen entgegenstellt“, so Reintke.

Die Grünen begrüßen, dass sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) öffentlich hinter die Pride gestellt hat und die ungarischen Behörden aufforderte, die friedliche Versammlung zu genehmigen. Reintke wünscht sich jedoch, dass „die EU-Kommission auch rechtlich klarer gegen dieses illegale Verbot vorgeht.“

Kurz vor Beginn des Pride Months hatte der Europäische Gerichtshof in einer ersten Stellungnahme die Unrechtmäßigkeit des Gesetzes zum „Schutz von Kindern und Jugendlichen“, das die Pride-Kundgebungen verbietet, bestätigt. Deswegen findet Reintke: „Die Kommission muss die ungarische Regierung auffordern, dass sie die Anwendung des entsprechenden Paragrafen bis zum Vorliegen eines abschließenden Urteils aussetzt.“


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*Die Abkürzung LGBTQIA+ steht für die englischen Begriffe für sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Also für Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transgender, Queer, Intersexuell und Asexuell. Das „+“ steht für weitere nicht explizit aufgeführte Identitäten.