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E-Scooter raus aus den Städten: Braucht es Verbote? Anbieter haben „sehr niedrige Moral“

E-Scooter sind aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Viel zu oft liegen sie im Weg rum. Paris verbannt die Roller nun – braucht es auch hier ein Verbot?

E-Scooter sind aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Viel zu oft liegen sie im Weg rum. Paris verbannt die Roller nun – braucht es auch hier ein Verbot?
© IMAGO/Gottfried Czepluch

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Sie landen in Flüssen, blockieren Geh- und Fahrradwege und verursachen immer häufiger Unfälle: E-Scooter. Ein wahres Aufreger-Thema in vielen Großstädten. Paris verbannt nun die elektrischen Roller aus dem Stadtbild.

Auch in Deutschland erhitzen die Zweiräder immer wieder die Gemüter, sorgen für Diskussionen. Braucht es E-Roller in deutschen Städten? Stellen sie eine echte klimafreundlichere Alternative dar? Oder schaden sie eher der Mobilität? Roland Stimpel vertritt bei Fuss e.V. die Interessen von Fußgängern in Deutschland. Er und seine Mitstreiter sehen die E-Scooter auch kritisch. Damit sind sie nicht allein: Viele sind schon lange genervt von den Rollern.

E-Scooter ersetzen keine Autofahrten

Seit vier Jahren sieht man sie überall in den Großstädten: Die mit Batterie betriebenen Roller sollen das Auto ersetzen – vor allen in Innenstädten. Das klappt aber nicht, meint Stimpel. Das seien immer noch bloß „Spaßfahrzeuge“.

„Sie fallen zwar sehr stark auf – sie sind aber nur für sehr wenige Menschen zu einem Bestandteil der alltäglichen Mobilität geworden“, mahnt Stimpel weiter. Diese Annahme bestätigt auch das Umweltbundesamt. Zwar haben die Roller grundsätzlich das Potenzial, Mobilität nachhaltiger zu machen – aber eben nur, wenn sie Autofahrten ersetzen. Und das ist bislang nicht der Fall. Vielmehr ersetzen diese den „umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr“, so das Umweltbundesamt.

„Ganze Technik zu verbieten, wäre Quatsch“

Nur eine absolute Minderheit von 0,7 Prozent der Stimmberechtigten wollte in Paris die E-Scooter behalten. Fußgänger-Aktivist Stimpel glaubt nicht, dass es in Deutschland mehr wären.

Trotzdem müsse man nicht wie in der französischen Hauptstadt mit einem „Komplett-Verbot agieren“, es sei auch zwischen Privat- und Leihrollern zu unterscheiden. „Die ganze Technik zu verbieten, wäre Quatsch“, so Stimpel. Denn: E-Roller können auch in öffentlichen Verkehrsmitteln mitgenommen werden, verbrauchen anders als Fahrräder weniger Platz. „Sie eignen sich also viel besser für den Berufsverkehr“, meint der Sprecher.

Aber: „Bei Leih-Rollern sollte man dafür sorgen, dass sie nur an festen Stationen abgestellt werden können“. Die zweite Forderung des Verbands: „Die Städte sollen die rechtliche Möglichkeit haben, zu bestimmen, wie viele E-Scooter es in der Stadt geben soll.“ Anders als in NRW und Berlin würden die meisten Städte und Bundländern dabei noch zögern. Also: „Nicht verbieten, aber zivilisieren“, plädiert der Verbandssprecher.

Anbieter wollen „mehr betrunkene Kunden“

Das Fahren mit den elektrischen Rollern birgt auch Gefahren. So ist die Zahl an E-Scooter-Unfällen im vergangenen Jahr auf 8.260 gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt sind das knapp 50 Prozent mehr als noch 2021. Besonders erschreckend: Bei den Unfällen starben elf Menschen (2021: fünf), über 1.000 wurden schwer, mehr als 7.500 leicht verletzt. In NRW gab es mit 2.312 Fällen die meisten Unfälle.


E-Scooter: Was ist erlaubt?

Anmerkung: Die Grenze von 14 Jahren bezieht sich nicht auf Leihroller, sondern nur auf privat genutzte Zweiräder. E-Scooter dürfen in der Regel erst ab 18 Jahren ausgeliehen werden. Foto: Redaktion: B. Jütte; Grafik: F. Bökelmann

Die Gründe sind verschieden: Fehlverhalten, falsche Benutzung der Fahrbahn oder Gehwege. Und: Besonders häufig kam es zu Fahren unter Alkoholeinfluss (18,0 %). Aktuell gelten für für E-Roller-Fahrer dieselben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer. E-Scooter-Anbieter wie Bolt und Lime wollen laut Stimpel das Alkohollimit auf das des Fahrrads hochsetzen. „Im Klartext: die wollen mehr betrunkene Kunden“, so Stimpel. Bolt und weitere Anbieter allerdings wollten laut eigener Aussage die Grenze vielmehr verschärfen.

E-Scooter-Anbieter „unseriös“

Der Verband empfindet die Anbieter auch deshalb als „überwiegend unseriös“. Das zeige sich auch beim Anbieter Bolt, der eine App für Blinde einsetze. Diese warne Betroffene vor im Weg liegenden Rollern. Heißt: „Es wird nicht versucht, die Hindernisse aus dem Weg zu bekommen – eine Branche mit sehr niedriger Geschäftsmoral.“ Bolt hält dagegen: Das sei nicht die einzige Maßnahme für mehr Sicherheit. „Vielmehr stellt die gemeinsame Entwicklung mit dem Unternehmen RTB ein Angebot für erblindete Menschen dar und bietet eine zusätzliche Absicherung im Alltag.“


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Doch laut Stimpel hätten ältere Menschen und Blinde „in Gegenden mit vielen E-Scootern regelrecht Angst davor, alleine rauszugehen – sie werden in ihrer Mobilität gehemmt und gehindert“. Und: „Durch herumliegende Roller oder rasende Fahrer steigen viele auf das Taxi um“. Das oft chaotische Abstellen der Roller ist also nicht nur für Fußgänger und Fahrradfahrer nervig und gefährlich, sondern kann auch zu mehr Verkehr führen. Durch teure Taxis auch zu mehr Kosten für die Betroffenen.

Für Stimpel steht fest: „So kann es auf keinen Fall weitergehen, es hat sich als Sackgasse erwiesen, die durch Andreas Scheuer eröffnet wurde“. Die Geräte bräuchten einen eigenen Platz. Fußwege seien sowieso eng und reichten oft nicht, mahnt Stimpel weiter. Es brauche feste Abstell-Plätze am Fahrbandrand und nicht am Gehweg.