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Bürgergeld: Regelsatz für Ernährung zu niedrig – „Gesundes Essen darf kein Luxus sein“

Im neuen Jahr ist Hartz 4 Geschichte. Das Bürgergeld bringt höhere Regelsätze. Laut Diakonie Deutschland reiche das für eine gesunde Ernährung nicht aus.

Laut Berechnungen der Diakonie Deutschland können sich Menschen mit dem Bürgergeld-Regelsatz keine gesunde Ernährung leisten.
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Das ist das neue Bürgergeld

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss haben Bundestag und Bundesrat die Einführung des Bürgergelds beschlossen. Damit kann die neue Grundsicherung für Langzeitarbeitslose wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten.

Für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren sieht der Regelsatz beim Bürgergeld monatlich knapp 175 Euro vor. Doch für eine gesunde, ausgewogene Ernährung sei das viel zu wenig, meint die Diakonie Deutschland.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung berechnete im Auftrag der Diakonie wie hoch der Regelsatz beim Hartz-4-Nachfolger tatsächlich aussehen müsste.

Bürgergeld: „Menschen mit wenig Geld sind auf Discounter angewiesen“

Seit dem 01. Januar ist die „größte Sozialreform“ da – das Bürgergeld hat das alte Hartz-4-System abgelöst. Der Regelsatz wurde für einen alleinstehenden Erwachsenen um rund 50 Euro auf 502 Euro erhöht.

Doch laut Berechnungen der Diakonie Deutschland können Menschen damit ihre Grundbedürfnisse nicht decken. Der Regelsatz des Bürgergelds reiche nicht aus, „sich nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gesund zu ernähren“, betonte Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie Deutschland. Ökologische Kriterien seien dabei noch nicht einmal berücksichtigt.

Demnach könnten sich immer mehr Menschen „aufgrund von geringen Einkommen oder Armut nicht für nachhaltige und gesunde Lebensmittel entscheiden.“ Das sei in einem reichen Land wie Deutschland traurige Realität. „Menschen mit wenig Geld sind unfreiwillig auf Dumpingpreise und Discounter angewiesen, auf unökologisch und unsozial hergestellte Lebensmittel“, sagte Loheide. Das schade nicht nur den Menschen, sondern auch den Produzenten sowie der Umwelt.

Bürgergeld: „Gesundes Essen darf kein Luxus sein“

Berechnungen von Verteilungsforscherin Irene Becker zeigen, dass auch durch die Einführung des Bürgergelds der Regelsatz nicht ausreiche, um sich nach den „Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gesund zu ernähren“.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) berechnete, dass „eine Erhöhung um 100 Euro nötig gewesen wäre, um die Inflation für die Ärmsten voll auszugleichen“. Mit dem aktuellen Regelsatz sei eine ausgewogene, nachhaltige Ernährung für viele Menschen nicht möglich. Maria Loheide plädiert: „Menschen, die Grundsicherung beziehen, müssen davon menschenwürdig leben und soziale Teilhabe erfahren können.“ Die Diakonie fordere deshalb, die Berechnungsmethode für die Regelsätze in der Grundsicherung zu reformieren und an die Lebenswirklichkeit von Leistungsberechtigen anzupassen.


Weitere Themen:


Jeder Mensch in Deutschland solle ausreichend Mittel zur Verfügung haben, um sich ausgewogen, gesund und nachhaltig zu ernähren. „Gesundes Essen darf kein Luxus sein“, mahnte Sozialvorständin Loheide. Deshalb dürften soziale und ökologische Fragen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sozialleistungen und Einkommen müssen hoch genug sein, damit alle an der sozial-ökologischen Agrar- und Ernährungswende teilhaben können.