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Samuel Koch: „Es gibt Momente, da habe ich Platzangst in meinem eigenen Körper“

Samuel Koch geht mit seinem Programm „Schwerelos“ auf Tour. Ein Gespräch über die Schwerkraft, Rihanna und Platzangst im eigenen Körper.

Samuel Koch
Samuel Koch sprach am Dienstag über sein neues Programm. Foto: Dominik Göttker

Es ist ein grauer Dienstagmittag, als wir Samuel Koch im Backstagebereich der „Mitsubishi Electric Halle“ in Düsseldorf treffen. Es ist frisch in den Räumen, in denen einst schon Superstars wie Rihanna oder „The Cure“ auf ihren Auftritt warteten. Damit es nicht zu kalt wird, wurde ein Heizstrahler neben dem Mann aufgebaut, der seit einem schrecklichen Unfall in der ZDF-Show „Wetten, dass..?“ querschnittsgelähmt ist.

Seine gute Laune lässt sich Samuel Koch aber von der Kälte und dem Düsseldorfer Nieselwetter nicht vermiesen. Warum auch, schließlich will er über seine neue Show „Schwerelos – wie das Leben leichter wird“ sprechen.

Du hast dein Programm „Schwerelos“ genannt. Was erwartet die Zuschauer?

Schwerelos ist im Grunde eine Reaktion auf unsere aktuelle, manchmal schwere Zeit. Wir haben in den letzten Jahren erfahren, dass man umdenken muss. Und auch ich habe in meinem Leben bereits des Öfteren erleben müssen, wie es ist, auf überraschende Situationen zu reagieren. Gerade in den letzten Jahren wuchs in mir die Frage, wie man darauf auch in Kunst und Kultur reagieren kann. Und so ist ein ganz tolles, spannendes, überraschendes, jeden Abend anderes Bühnenprogramm entstanden. Mit toller Livemusik, Schauspiel, Theater, Vortrags-Keynote … und all das ergibt dann „Schwerelos – wie das Leben leichter wird“.

Schwerelos kann verschiedene Bedeutungen haben. Einmal die positive – man fühlt sich frei. Es kann aber auch verloren bedeuten. Wie würdest du es für dich definieren?

Es ist interessant, dass du das Wort für dich schon ausgelegt hast. Ich habe es auch auf links gedreht und sehr dezidiert betrachtet. Ich habe mich von außen nach innen angenähert. Erst einmal von der Physis, also der körperlichen Schwerelosigkeit. Auch darum wird es an dem Abend gehen. Es gibt einige Action-Momente, in denen ich mich als Testperson der Schwerelosigkeit hingebe. Und wenn man das genau betrachtet, auch wenn man sich im Weltall dem optimalen Zustand der Schwerelosigkeit hingibt, ist man gleichzeitig ziemlich lost. Man ist orientierungslos, es gibt kein oben und unten.

Es geht aber auch um die innere Schwere. Also die Frage, wie wird man gedanklich schwerelos? Natürlich werden wir der Schwere an diesem Abend ins Gesicht schauen. Man muss den Gegner kennen, um ihn loszuwerden. Es wird aber auch die Frage betrachtet, ob es überhaupt erstrebenswert ist, schwerelos zu sein oder ob es die Schwere nicht als Schleifstein braucht, um sich zu entwickeln.

Ich persönlich liebe die Schwerelosigkeit schon seit ich denken kann. Im Zenit jeder Flugkurve erlebt man einen kleinen Moment der Schwerelosigkeit und genauso liebe ich sie nicht nur körperlich, sondern auch geistig – bis heute.

Du hast auch für die ESA schon die Schwerelosigkeit erfahren dürfen.

Ja, ich habe geholfen, eingeschränkten Kindern und Jugendlichen den Traum der Schwerelosigkeit zu erfüllen. Wir haben Parabelflüge durchgeführt. Da hat man 22 Sekunden Schwerelosigkeit, aber im Tal, nachdem das Flugzeug im Sinkflug war, hat man Hyperschwerkraft. Da wird man doppelt so stark nach unten gedrückt.

Wie war das für dich?

Es war viel krasser als ich dachte. Bei der ersten Parabel haben sie mich einfach nur hingestellt, und dann stand ich da. Alleine. Für 22 Sekunden. Bei der nächsten Parabel haben sie mich an die Decke gestellt und schlussendlich haben wir bei einer Parabel einen siebenfachen Salto gemacht. Ich bin immer noch ein Salto-Liebhaber, trotz alledem. Da war ich den Tränen nahe.

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Wir sitzen hier unweit des Krankenhauses, in das du nach deinem Unfall bei „Wetten, dass..?“ gebracht wurdest. Erinnerst du dich oft an diesen Tag?

Nein. Ich habe aber auch nur wenige plastische Erinnerungen an diesen Abend. Ich war ziemlich abgeschossen mit Medikamenten. Das ist eher ein düsterer Science-Fiction-Film, was meine Erinnerungen anbelangt. An Düsseldorf an sich habe ich viele schöne Erinnerungen. Ich habe hier vor 22 Jahren mein Fernsehdebüt gegeben. Ich habe hier viele Freunde. Auch in der Klinik habe ich Freunde gefunden. Ich bin der Patenonkel der Tochter des Intensivpflegers, der mir damals als Ersthelfer das Leben gerettet hat. Das wäre ohne diese schwere Zeit nicht entstanden.

Du stellst heute dein neues Programm vor, du bist Schauspieler, Sänger … glaubst du, dass dein Leben auch ohne den Unfall so verlaufen wäre?

Mit Sicherheit wäre es anders verlaufen. Ich hätte aber auch mit Sicherheit mein Schauspielstudium abgeschlossen und hätte auf andere Art oder in einer anderen Form etwas Sinnvolles gemacht. Soweit man das als Schauspieler von sich behaupten kann (lacht). Das war unabhängig von meinem Unfall. Ich wollte Menschen zum Lachen, Weinen und Nachdenken bringen. Die Essenz hat sich also nicht verändert. Nur die Art und Weise.

Hier im Backstagebereich der Mitsubishi Electric Halle saßen schon Megastars wie Rihanna, The Cure oder Rage against the Machine. Mit wem würdest du dich am ehesten identifizieren?

Ich fühle mich schon ein wenig exotisch. Auf den Plakaten an den Wänden sind überwiegend Musiker und das bin ich im klassischen Sinne nicht. Was uns eint, ist die Unterhaltung. Rihanna ist sehr schön, was wir auf der Bühne machen, ist auch sehr schön. Vielleicht ist es also Rihanna, mit der ich mich identifiziere. Ich habe da hinten aber auch Johnny Cash gelesen. Ich habe mich in der Vorbereitung viel mit Menschen beschäftigt, die Schweres durchgestanden haben und sie gefragt, wie sie ihre Schwere losgeworden sind. Da gehörten auch Gefängnisinsassen dazu. Ich habe Johnny Cash sehr dafür geschätzt, dass er diesen Menschen Leichtigkeit geschenkt hat. Ich sehe mich irgendwo zwischen Johnny Cash und Rihanna.

Du hast gerade noch einmal die Schwere erwähnt. Konntest du sie loswerden?

Gelegentlich. Es ist ein Auf und Ab. Es gibt Momente, das gebe ich offen zu, da habe ich Platzangst in meinem eigenen Körper. Ich will dann da raus und kann nicht. Er geht mir dann schon auf den Keks, weil er nicht tut, was ich möchte. Es gibt aber auch Momente, in denen ich nur grundlos daliege und grinse und es als Geschenk betrachte, auf dieser Welt zu sein. Ich kann also sagen, dass ich temporär glücklich und sogar zufrieden bin.

Am 1. April startet „The Masked Singer“. Schaust du die neuen Folgen?

Ich muss gestehen, dass ich zu Hause gar keinen Fernseher habe. Wenn, dann im Hotel. Aber ich denke gerne an die Zeit zurück. Es war eine sehr spannende und herausfordernde Erfahrung. Spätestens als ich nach den ersten Auftritten Fanpost von Kindern bekam, die den Phönix gemalt oder gebastelt haben, habe ich sehr viel von dem zurückbekommen, was ich auch in die Rolle investiert habe.

Die Zuschauer sind ja nicht direkt auf dich gekommen. Ist das komisch, wenn man plötzlich für jemand anderes gehalten wird?

Ganz lange wurde stimmlich auf Jan Josef Liefers getippt. Das hat mir geschmeichelt. Ich schätze ihn sehr. Meine eigene Stimme kann ich nur schwer ertragen, aber die von Jan Josef mag ich sehr. Eine sehr versöhnliche Erfahrung.

Nächster Karriereschritt: „Tatort“-Kommissar.

Wenn die Fernsehlandschaft und die Verantwortlichen mutiger werden, bin ich bereit.


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Mit seinem Programm „Schwerelos“ ist Samuel Koch ab Mai auf großer Deutschland-Tour. Der 35-Jährige spielt unter anderem in Erfurt (7. Mai 2023), Hamburg (10. Mai 2023) und Düsseldorf (15. Mai 2023).

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