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Hart aber fair (ARD): Warum wählen so viele Deutsch-Türken Erdogan? „Kann nicht so schlecht sein“

Der Wahlkrimi in der Türkei geht weiter. In zwei Wochen müssen die Menschen nochmal an die Urne gehen. Doch warum sind so viele Deutsch-Türken pro Erdogan?

Der Wahlkrimi in der Türkei geht weiter. In zwei Wochen müssen die Menschen nochmal an die Urne gehen. Doch warum sind so viele Deutsch-Türken pro Erdogan?
© IMAGO/Horst Galuschka

Neuer „hart aber fair“-Moderator: Das ist Louis Klamroth

Der deutsche Fernsehmoderator Louis Klamroth ist ab Januar 2023 das neue Gesicht von „hart aber fair“.

Die Wahl in der Türkei war eine Zitterpartie ohne Ergebnis. Weder der Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan noch Kemal Kilicaroglu haben eine Mehrheit der Stimmen erhalten. In zwei Wochen, am 28. Mai, kommt es zu einer Stichwahl. Wer das Rennen dann macht, will die freie Journalistin Nalan Sipar nicht mutmaßen, sie sagt am Montagabend bei „Hart aber fair“ (ARD): „In der Türkei kann alles passieren.“

Moderator Louis Klamroth möchte von von seinen Gästen Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender, Deniz Yücel, deutsch-türkischer Journalist und Publizist, Fritz Schramma, ehemaliger Oberbürgermeister von Köln, und von der Journalistin Nalan Sipar wissen: „Wackelt der ewige Erdogan?“

Der türkische Präsident lag außerdem in Deutschland deutlich über dem Ergebnis, das er in der Türkei erzielte. Warum wählen so viele Deutsch-Türken den amtierenden Präsidenten?

Hart aber fair (ARD): „Stichwahl heizt auf“

FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff betont gleich zu Beginn: „Es ist die wichtigste Wahl des Jahres. Punkt. Auf der ganzen Welt“. „Es ist so ein wichtiges Land, so ein großes Land, 85 Millionen Menschen genau an der Schnittstelle zwischen dem Nahen Osten, zwischen Russland und uns hier in Europa.“ Die ganze Welt mache sich jetzt Sorgen, wie es weitergeht. Denn: „Eine Stichwahl heizt das politische Klima nochmal mehr auf“.

In der Türkei könne es dadurch richtig gefährlich werden: „Es kann eine Krise hervorgerufen werden, es kann zu Anschlägen kommen“, warnt der FDP-Politiker. Und: „Dann wird es natürlich den Effekt geben: ‚Jetzt haben wir den Kilicaroglu schon relativ hoch gewählt, die AKP hat sieben Prozentpunkte bei der Parlamentswahl verloren, jetzt wird alles unsicher, wir müssen doch wieder den Präsidenten wählen, den wir schon kennen.'“

Und in Deutschland hat das bereits eine Mehrheit getan. Von den 1,5 Millionen Wahlberechtigten, die in Deutschland leben, haben zwei Drittel für Erdogan gestimmt. „Erdogan hat sein Ergebnis bei den Deutsch-Türken gehalten“, erklärt Yücel. Aber: „Das ist ein Trend, der sich schon seit Jahren zeigt.“ Mit soziologischen Befunden begründet er das Wahlverhalten vieler Deutsch-Türken: „So wie die entsprechenden Milieus in der Türkei abstimmen, so wählen sie dann auch in Deutschland und in anderen Gastarbeiterstaaten.“

Hierzulande halten sich solche „Milieu-Zugehörigkeiten und Identitäten über drei, vier Generationen“, erklärt der Publizist. Nalan Sipar hält dagegen: „Auch rechte Leute, konservative Leute können gut gebildet sein. Ich glaube nicht, dass alle AKP-Wähler Gastarbeiter-Generationen sind.“ Es sei eine sehr einfache Erklärung.

Hart aber fair (ARD): „Haben nicht Konsequenzen zu tragen“

Einer, der Erdogan gewählt hat, ist Ufuk Varol. Er bezeichnet die Wahl als „aufregend“. „Weil sie das Schicksal der Türkei ändern kann“, betont der 41-Jährige. „Erdogan hat in der Türkei die Pressefreiheit eingeschränkt, in seiner Regierungszeit sind zehntausende Gegner ins Gefängnis gekommen, er hat im Wahlkampf gegen Schwule und Lesben gehetzt – warum wählen sie den?“, will Moderator Klamroth von dem Kölner mit türkischem Pass wissen.


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„Wenn das Volk immer wieder diese Person wählt, dann kann sie nicht so schlecht sein“, erklärt Varol. Die Demokratie in der Türkei verlaufe anders. Selbst präsentiert er sich auch als Demokrat und stellt die Frage: „Wann hatte denn Deutschland so eine Wahlbeteiligung?“ Deniz Yücel protestiert: „Es gibt nur eine Demokratie. Es gibt keine landestypischen Ausführungen“. Der deutsch-türkische Journalist, der länger als ein Jahr in der Türkei in Untersuchungshaft saß, erklärt: „Ich habe auch gewählt, aber noch nie Erdogan“.

Yücel findet es problematisch, dass so viele, die nicht in der Türkei leben, in der Türkei wählen dürfen. „Ich finde es falsch, dass wir mitwählen dürfen“, betont der Sohn von Gastarbeitern. „Wir wählen eine Regierung, aber wir haben nicht die Konsequenzen zu tragen.“ 

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