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Ruhrgebiet: Zwei Omas über 100 machen uns Mut – „Nicht ständig rummoppern“

Ein langes und erfülltes Leben bis zum Ende – viele wünschen sich das und blicken doch sorgenvoll auf ihren letzten Lebensabschnitt. Anja Fritzsche aus der Nähe von Rosenheim durfte miterleben, wie ihre Omas weit über 100 wurden – und das mit purer Lebensfreude. Sie sammelte lauter Anekdoten der beiden und schrieb sie auf. Nachdem ihr […]

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Ein langes und erfülltes Leben bis zum Ende – viele wünschen sich das und blicken doch sorgenvoll auf ihren letzten Lebensabschnitt. Anja Fritzsche aus der Nähe von Rosenheim durfte miterleben, wie ihre Omas weit über 100 wurden – und das mit purer Lebensfreude. Sie sammelte lauter Anekdoten der beiden und schrieb sie auf. Nachdem ihr erstes Buch „Oma, die Nachtcreme ist für 30-Jährige“ ein „Spiegel“-Beststeller wurde, brachte sie nun ganz aktuell das zweite Buch heraus: „Spätzchen, 109 ist doch kein Alter!“

Die biografischen Wurzeln ihrer beiden Omas Maria (sie lebte bis 2018 und wurde 108 Jahre alt) und Mia (sie verstarb 2021 mit 103 Jahren) liegen im Ruhrgebiet – in Essen und Bottrop. Möglicherweise auch das Geheimnis ihrer langen und erfüllten Leben?

Wurzeln im Ruhrgebiet, aber keine „Fenster-Omas“: Zwei über Hundertjährige zeigten uns, wie es geht

Wie typische Ruhrpott-Seniorinnen, die als „Fenster-Omas“ die Nachbarschaft überwachen, lebten Maria und Mia im hohen Alter nicht. Und doch erkennt Enkelin Anja Fritzsche eine Parallele: „Die waren schon sehr neugierig, nur dass sie sich nicht beschränkt haben auf das Fenster.“ Sie haben stattdessen ihren Horizont erweitert – und damit wirbt die Autorin für eine neue Perspektive auf das Alter.

Autorin und Enkelin Anja Fritzsche mit ihren mittlerweile verstorbenen Großmüttern Maria (links) und Mia (rechts). Foto: Privat

Man müsse Schranken aufbrechen und Grenzen im Kopf überwinden. „Das Leben hört nicht mit 80 auf, du kannst es sogar mit 100 noch schön gestalten“, unterstreicht Fritzsche energisch. Man müsse aufhören in Schubladen und festgelegten, scheibchenweisen Lebensabschnitten zu denken. „Eine Oma hat nicht automatisch graue Haare und einen Dutt“, sagt die Autorin offensiv. „Die 70-Jährigen heute sehen ja auch aus wie 50.“

Enkelin schwärmt über Oma Maria: „Diese Leichtigkeit, im Hier und Jetzt sein“

Diese lebensbejahende Einstellung hat sie sich besonders bei der älteren ihrer beiden Großmütter abschauen können. Bei Maria, die 1909 geboren wurde, ihr halbes Leben in Essen verbrachte und dort als Innendekorateurin arbeitete. Erst als Rentnerin zog sie dann zu ihrem Sohn und damit auch zu ihrer Enkelin nach Oberbayern. „Diese Leichtigkeit und dieses im Hier und Jetzt sein“, schwärmt Fritzsche in liebevoller Erinnerung an ihre Oma. Mit weit über 100 ist sie noch mit ihr nach Spanien und Südtirol gereist. Im Kopf habe sich Maria wie 25 gefühlt.


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Doch was ist mit körperlichen Einschränkungen, die einen eben doch Grenzen setzen? Darauf antwortet Anja Fritzsche schlagfertig: „Das ist eine Sache des Akzeptierens. Man sollte nicht ständig rummoppern, sondern sich fragen: Was kann ich daraus machen?“ Ihre Großmütter und auch ihre Eltern, die sie als „Freigeister“ bezeichnet, hätten sie dazu ermutigt, nicht auf ihre Defizite zu schauen, sondern auf die Möglichkeiten und Talente, und diese auszuschöpfen.

Anja Fritzsche, ihr Omas und die beiden Bücher mit Anekdoten und Lebensrezepten von ihnen. Foto: Ullstein Verlag/Privat

Sowieso, so bemerkt Fritzsche am Rand, hätten ihre Omas ihr deutlich gemacht, wie viel leichter das Leben heutzutage geworden sei. Allein schon mit Blick auf die Aufgaben im Haushalt. „Was die allein an Zeit aufwenden mussten, um früher Wäsche zu waschen“, nennt sie ein Beispiel. Deswegen appelliert die Autorin und Künstlerin im Sinne ihrer Omas: Nicht ständig meckern, sondern die Chancen sehen und wahrnehmen.

Oma Mia war „Ruhrpott durch und durch“ – am Ende kommt sie nach Hause

Während Oma Maria sich voll auf ihr neues Leben in Bayern einlassen konnte, hatte Oma Mia aus Bottrop jedoch bis zuletzt auch Heimweh. „Die war Ruhrpott durch und durch“, so ihre Enkelin. Schließlich hatte sie auch noch Familie in der alten Heimat. Ihr großer Wunsch war es, nochmal nach Bottrop zu fahren. Doch wie das Leben so spielt, kam immer etwas dazwischen, am Ende Corona. Letztlich starb Oma Mia eine Woche vor ihrem 104. Geburtstag.

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Doch das zweite Buch von Anja Fritzsche endet nicht tragisch, sondern findet einen versöhnlichen Abschluss: Mit der letzten Heimfahrt von Oma Mia. Die ganze Familie fand sich zusammen, um sie neben ihren Ehemann auf einen Friedhof in Bottrop beizusetzen. Der Wunsch der Seniorin erfüllte sich somit doch noch.

Mutmacherbücher für den trüben Herbst

So sind die beiden Bücher von Anja Fritzsche, auch wenn die Hauptprotagonistinnen mittlerweile leider verstorben sind, richtige Mutmacher-Bücher. Sie sind damit auch eine besondere Leseempfehlung für Seniorinnen und Senioren, die mit trüben Gedanken auf den Herbst und Winter gehen.