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Warum ein 14-jähriger Junge aus Essen in einer Kinderklinik im Osten Deutschlands ermordet wurde

Warum ein 14-jähriger Junge aus Essen in einer Kinderklinik im Osten Deutschlands ermordet wurde

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Foto: dpa
  • Ein Junge aus Essen musste mit nur 14 Jahren sterben
  • Er wurde ermordet
  • Das ist seine Geschichte

Essen. 

In der Schule ist der junge Lorbach aus Essen nie gut gewesen. Nur mit Mühe hangelte er sich von Schuljahr zu Schuljahr. Am Ende reichte es nicht für die Hilfsschule. „Zurückgeblieben“, hieß es. Schon mit fünf Jahren kam er ins Kinderheim, weil die Mutter sich angeblich nicht mehr um ihn kümmern konnte.

Als er 14 war, starb Wilhelm. Nicht zu Hause. Nicht durch einen Unfall. Nicht an einer Krankheit. Er wurde ermordet in der berüchtigten „Kinderfachabteilung“ der Landesheilanstalt Uchtspringe in Stendal (Sachsen-Anhalt).

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Vorher quälten ihn die Ärzte dort vermutlich mit unmenschlichen Experimenten. Der Junge musste vielleicht hungern oder Medikamente mit grausamen Nebenwirkungen schlucken. Genau weiß man es nicht, die Aufzeichnungen geben nichts mehr her.

Wilhelm Lorbach aus Essen starb in der Gewalt von Nazis am 28. September 1944. Er war eines von 81 Kindern zwischen wenigen Monaten und 16 Jahren, die in der Euthanasie-Station der Klinik qualvoll zu Tode kamen.

Stolperstein in Essen-Katernberg für Wilhelm Lorbach (†14)

Wilhelm war den Nationalsozialisten nicht genehm. Er war vermutlich geistig behindert, zudem bestand der „Verdacht“, der unehelich geborene Junge könnte halb „Zigeuner“ sein, wie man Sinti und Roma damals noch nannte.

Nach seinem Tod ist Wilhelm aus Essen vergessen worden. Er war jung, hatte kein Amt inne, gehörte keiner bedeutenden Familie an. Es gibt keine Fotos von ihm. Er hat kein Grab.

Was es jetzt aber für ihn gibt: einen Stolperstein. Er liegt seit dem 23. Mai an der Straße Schonnebeckhöfe 148 b in Essen-Katernberg. Dort stand einmal das Wohnhaus der Lorbachs – damals, als die Straße noch Altenhof hieß.

„Eine private Spende hat den Stein finanziert“, sagt Birgit Hartings vom Historischen Verein für Stadt und Stift Essen. Sie organisiert die Verlegung der Stolpersteine in der Ruhrgebietsstadt.

Zur Verlegung kam ein Cousin Wilhelms extra aus Bremen angereist. „Das war ein sehr berührender Moment“, sagt Hartings.

Insgesamt 13 neue Stolpersteine in Essen im Mai verlegt

Der Stein war einer von insgesamt 13 neuen Stolpersteinen, die am 23. Mai an verschiedenen Stellen in Essen verlegt wurden.

Die anderen zwölf Steine gedenken der ebenfalls von den Nazis verfolgten und/oder ermordeten Essener Heinrich Imbusch, Pater Theodor Hartz, Ernst Udewald, dem Ehepaar Emil und Änne Katz und ihrer Tochter Anneliese, den Eheleuten Leo und Henriette Fränkel, Martin und Erna Pelz mit ihrem Sohn Wolfgang sowie Hedwig Levy.

Was sind Stolpersteine?

Stolpersteine sind kleine Betonklötze mit einer Oberfläche aus Messing, in die Name und weitere bekannte Daten von Verfolgten, Deportierten und Ermordeten aus der NS-Zeit eingraviert sind.

Der Künstler Gunter Demnig lässt sie seit den 90er Jahren vor den letzten selbst gewählten Wohn- oder Arbeitsorten der Opfer in den Boden ein. Ziel ist es, die Namen derer zu bewahren, die einen grausamen und namenlosen Tod gestorben sind.

Im Mai 2018 liegen rund 69.000 Stolpersteine in Deutschland.