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Essener Kumpel über sein schlimmstes Erlebnis auf Prosper-Haniel: „Das mach ich hier nicht mit“

Essener Kumpel über sein schlimmstes Erlebnis auf Prosper-Haniel: „Das mach ich hier nicht mit“

Essener Kumpel über sein schlimmstes Erlebnis auf Prosper-Haniel: „Das mach ich hier nicht mit“

Essener Kumpel über sein schlimmstes Erlebnis auf Prosper-Haniel: „Das mach ich hier nicht mit“

Ex-Bergmann über seine Zeit als Kumpel auf Prosper Haniel

Frank Lüdtke kommt aus Essen und hat über 31 Jahre lang unter Tage im Bergwerk Prosper Haniel gearbeitet.

  • Frank Lüdtke war 31 Jahre lang Bergmann
  • Der Essener lernte und malochte auf Prosper-Haniel
  • Drei Jahrzehnte Bergbau sind für ihn Kameradschaft, Quälerei und Arthrose

Bottrop. 

„Das war schon richtig komisch: runter, warm, Hitze – du warst dat gar nicht gewohnt und hinterher sahst du aus wie ein Schwein, kohlrabenschwarz“, erinnert sich Frank Lüdtke (49) vor dem Malakoffturm der Zeche Prosper-Haniel II an sein erstes Mal unter Tage.

Auf dem Gelände des letzten aktiven Bergwerks im Ruhrgebiet hat der Essener im Jahr 1986 seine Ausbildung zum Berg- und Maschinenmann begonnen. „Damals waren noch richtig viele Kumpels unter Tage“, so Lüdtke. Heutzutage begegne man dort unten nur noch mit Glück einem Menschen, ohnehin sei alles viel hektischer.

Dabei sei es doch besonders die Gemeinschaft unter den Kumpels, durch die die harte Arbeit unter Tage überhaupt erträglich ist, findet Lüdtke.

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„Ich sach nur: Augen auf bei der Berufswahl!“

Für den Essener Bergmann war im Sommer 2017 Schluss. Schon vor Jahren wurde ihm eine Umschulung ans Herz gelegt. Doch Lüdtke blieb und konnte schon mit 49 Jahren in Frührente gehen.

Hätte er den Job gewechselt, hätte er weitaus länger arbeiten müssen. „Ich sach nur: Augen auf bei der Berufswahl“, sagt Lüdtke mit einem Augenzwinkern. Seine letzte Grubenfahrt feierten er und seine Kumpels standesgemäß mit ein paar Bierchen.

An seine Zeit unter Tage erinnert sich der 49-Jährige gern. Doch nach drei Jahrzehnten Knochenarbeit seien jetzt mal Andere dran. „Das einzige, was man wirklich vermisst, sind die Kumpels und die Scherze, die man mit den Jungs gemacht hat.“

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Kumpels, Knochenarbeit, Quälerei

Einigen begegnet er später beim gemeinsamen Spaziergang durch die Bottroper Innenstadt: „Na wie is?“, lautet die Frage. „Bisken langweilig, aber auch mal schön“, ist die Antwort.

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Langeweile? Früher unter Tage ein Fremdwort. „Besonders schlimm war es, wenn sich die hydraulischen Schilde festgefahren haben.“ Die mussten dann mit Bohr- und Schießarbeiten wieder befreit werden. „Da ging natürlich richtig wat kaputt“. Doch all die Kratzer und Schürfwunden sind nichts gegen sein persönliches Horror-Erlebnis.

Riesen-Ratte auf dem Rücken

Die Situation: Im Streb wechselten sich Lüdtke und sein Kollege bei der Maloche ab, es ist heiß und nass, teilweise steht ihnen der Schlamm bis zum Hals. „Ich denk, wat krabbelt denn da? Und ich sach ‚hör doch auf!’“, erzählt der Essener.

Lüdtke ging davon aus, dass sein Kollege ihn ärgern wollte, doch dann „merke ich plötzlich, dass ich so’n Vieh an Ratte auf dem Rücken hatte“, schildert der Ex-Bergmann und deutet mit den Händen, wie groß das Tier gewesen sein muss: 30 Zentimeter sind das – oder mehr. „Da bin ich abgehauen und hab nur noch gesagt ‚Das mache ich hier nicht mit!’“

„Dat is so sicher wie dat Amen in der Kirche“

Eines von vielen Highlights, über die er heute gern mit seinen Kameraden lachen kann. Sein Leben als Bergmann ist ihm aber noch aus einem anderen Grund allgegenwärtig: Der 49-Jährige hat Arthrose im Knie: „Dat bleibt halt nicht aus, wenn du den ganzen Tag schweres Gerät vor dir herschiebst und auf den Knien durch die niedrigen Strebe kraxelst“, sagt er über seine Berufskrankheit.

Ein Grund, warum er schon in den letzten Berufsjahren kürzer treten musste. Auf seine künstlichen Kniegelenke in Zukunft hat er sich schon eingestellt: „Dat is so sicher wie dat Amen in der Kirche.“

Und was nun? „Erstmal chillen. Dann reisen und die Bude auf Vordermann bringen“, plant der 49-Jährige. Sollte es ihm irgendwann zu langweilig werden, will er sich noch einen Minijob suchen und zu seiner Rente was dazu verdienen. Die Freiheit gönnt man ihm nach drei Jahrzehnten ehrlicher Maloche unter Tage.