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Essen: Kannste dir nicht ausdenken! Ich habe den verrücktesten Ort an der A40 besucht

Essen: Kannste dir nicht ausdenken! Ich habe den verrücktesten Ort an der A40 besucht

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In Essen spielen sich über der A40 am Hauptbahnhof derzeit ungewöhnliche Szenen ab. Foto: Julia Scholz / DER WESTEN
  • Ruhrpottkolumne

Essen. 

Inhale, exhale, Autobahn. Ooomm mitten an der A40 in Essen!

Ein Künstlerkollektiv hat gegenüber dem Hauptbahnhof in Essen auf der Brücke über der A40, direkt neben dem Busbahnhof für Fernreisen, eine kleine Oase zum „Durchatmen“ geschaffen. >>>hier mehr dazu

Essen: Kannste dir nicht ausdenken! Ich war am verrücktesten Ort direkt an der A40

Etwa einen Monat lang können Pendler und andere Interessierte dort auf Sonnenliegen mit Blick auf den Verkehr relaxen oder an kostenlosen Kur- und Kulturangeboten teilnehmen. Wegen der Corona-Situation gibt es keinen genauen Ablaufplan. Ich werde mich überraschen lassen.

Diese verklärte Vorstellung eines ruhigen Plätzchens zum Entspannen direkt an der Autobahn in der Innenstadt von Essen kann sich doch wirklich nur einer aus dem Ruhrpott ausgedacht haben, denke ich. Und bin sofort Feuer und Flamme, um den selbsternannten „Kurort an der A40“ zu testen.

„A40 – nur wenne Zeit hast“ – diesen Spruch beherzigt im Ruhrgebiet fast jeder. Doch diesmal nehme ich mir die Zeit bewusst. Es ist Donnerstag, 18 Uhr, zur besten Rushhour. Mit einem ironischen Lächeln im Gesicht stolziere ich durch das weiße Tor mit der Aufschrift „Zur schönen Freiheit“.

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Leider sind die Künstler an diesem späten Nachmittag weit und breit nicht zu sehen. Erkennen soll man sie an den weißen Bademänteln – Humor haben sie. Auf eine Yoga-Session hoch über der Autobahn, auf Konzerte oder Lesungen hätte ich mich schon gefreut.

„Die Liegehalle lädt ein, den Blick über die dahin strömende Autobahn schweifen zu lassen“, heißt es in einer Erklärung der Veranstalter. Und tatsächlich: Ein Mann geht vorsichtig – sichtlich skeptisch – an den sechs Liegen vorbei, setzt sich schlussendlich auf die Äußerste.

Ein Kind flitzt über die aufgeschütteten Holzspäne um den runden Tisch, der für Gesprächsrunden bereitsteht. Seine Mama hat Mühe ihn einzufangen. Sie will weiter, doch der Kleine denkt gar nicht dran.

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Im Ruhrgebiet spricht man „Tacheles“ und redet nicht lange um den heißen Brei herum. DER WESTEN-Redakteurin Julia Scholz beschäftigt sich in der Kolumne „Da sachste, wat Sache ist“ mit aktuellen Themen, die die Menschen im Revier bewegen.

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Pendler laufen in Strömen am Kunstprojekt vorbei – viele von ihnen würdigen den ungewöhnlichen Ort keines Blickes. Doch eine Frau steuert mit einem Snack auf eine weiße Liege zu und isst dort genüsslich.

Zeit für eine eigene zenmäßige Entspannung. Bereit, mich dem rauen Charme des Kohlenpotts hinzugeben, schließe ich im Liegen meine Augen und denke mir frei nach Frank Goosen: „Woanders is‘ auch scheiße“.

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Vorher ein Blick geradeaus auf das blaue Schild, das die Ausfahrt „Essen-Ost“ ankündigt, wandern meine Augen hoch nach rechts auf das Evonik-Hochhaus, nach links zum regen Treiben vor dem Hauptbahnhof und dem fließenden Verkehr der Straße „Zur Freiheit“. Wer braucht denn da ein Alpen-Panorama?! Oder frische Luft?! Also tief durchatmen!

Für die Uhrzeit ungewöhnlich staut es sich auf dem Ruhrschnellweg nicht. Ich höre ein monotones vertrautes Rauschen, Lkw dröhnen unter mir vorbei, Autos hupen oder lassen ihre Motoren aufheulen. Möööp, Mööp, wusch, bruuoom, wusch – ob man da in tiefere Sphären der völligen Entspannung eintauchen kann? Fraglich.

Nach meiner kurzen Auszeit öffne ich langsam meine Augen und verlasse den Ort. Im Programm steht, dass hier – immer gemäß der Corona-Regeln – auch gemeinsam Auto-Bingo gespielt wird. Erste Spalte weißer VW Polo, blauer Ford Fiesta, roter Opel Corsa und ein Lkw. Bingo! Das stelle ich mir lustig vor. Vielleicht statte ich dem Ort bald noch einen zweiten Besuch ab.

„Zur schönen Freiheit“: Alle Infos zur Kunst-Aktion

Die Kunst-Darbietung kannst du noch bis nächsten Sonntag, 11. Juli, direkt gegenüber dem Hauptbahnhof in Essen an der „Zur Freiheit“ sehen. Mehr Infos unter schoenefreiheit.de.