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Dortmund: Aufsehenerregender Neonazi-Prozess soll starten – doch dann kommt alles ganz anders

Dortmund: Aufsehenerregender Neonazi-Prozess soll starten – doch dann kommt alles ganz anders

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Eigentlich finden in der Halle im FZW Konzerte statt. Am Montag sollte hier der Prozess um zehn mutmaßliche Rechtsextreme verhandelt werden. Foto: DER WESTEN

Dortmund. 

Die Discokugel hängt verloren an der Decke. An diesem Montagmorgen dreht sie sich im Freizeitzentrum West (FZW) in Dortmund nicht. Die Lichter, die sie sonst in der Konzerthalle anstrahlen, sind aus. Aus den Lautsprechern ertönt kein Ton. Lediglich ein paar flüsternde Gespräche zwischen Angeklagten und Verteidigern sind zu hören. Journalisten machen Fotos und Videoaufnahmen.

In dem dunklen Veranstaltungssaal in Dortmund finden sonst Partys und Konzerte statt. Doch am Montag sollte gegen 9.30 Uhr der aufsehenerregende Prozess gegen zehn mutmaßliche Neonazis wegen Volksverhetzung starten. Doch das kam alles ganz anders.

Dortmund: Prozessbeginn gegen zehn Neonazis wurde verschoben

Bei zwei aufeinanderfolgenden Demonstrationen am 21. September 2018 in den Dortmunder Stadtteilen Dorstfeld und Marten hatten die Teilnehmer nach Angaben der Polizei unter anderem die Parole „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“ skandiert. Außerdem seien Reichskriegsflaggen gezeigt und Pyrotechnik gezündet worden.

Bundesweit sorgte die Szenen bei der Demo in Dortmund für Entsetzen.

Wegen des zuvor erwarteten großen Interesses an Zuschauern und Medienvertretern reichten die Platzkapazitäten am Landgericht Dortmund nach den Corona-Richtlinien nicht aus. Der Prozessauftakt wurde ins FZW verlegt. Hier alle Infos >>>

Statt Türstehern kontrollierten Ordnungshüter am Eingang. Polizeiwagen sicherten das Gebäude zusätzlich. Die Exekutive hatte sich auf großen Andrang aus dem linken und rechten Spektrum vorbereitet.

Doch in der Konzerthalle selbst blieb es ruhig und es wurde auch nicht voll. Auf den Zuschauerplätzen saßen gerade einmal etwa zehn Personen. Ganz im Gegensatz zur Anklagebank: fast zwei Dutzend Menschen versammelten sich dort. Die zehn Angeklagten nebst Verteidigern verteilten sich auf drei Reihen, saßen seelenruhig auf ihrem Platz und ließen das Blitzlichtgewitter über sich ergehen ohne sich hinter einer Akte oder einem anderen Sichtschutz zu verstecken.

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Der Anfang des Prozesses verzögerte sich dennoch. Als der Vorsitzende Richter Dirk Kienitz dann den Saal betrat und an Plakaten vorbeilief, die auf die anstehende Halloween-Party aufmerksam machten, konnte es endlich beginnen.

Seine ersten Worte verhießen nichts Gutes. Ein Rechtsanwalt hatte einen Antrag gestellt. Doch zunächst sollten die persönlichen Daten der Angeklagten überprüft werden. Waren sie alle zum Prozess erschienen? Zunächst wurde Michael B. (58) aufgerufen. Er solle bitte seine Kapuze und die Corona-Maske absetzen, um sich zu erkennen zu geben.

Verteidiger stellt Antrag vor Prozessbeginn

Auch die anderen neun Angeklagten aus NRW im Alter von 23 bis 35 Jahren waren zugegen. Doch bevor die Anklageschrift verlesen werden konnte, erteilte Kienitz dem Anwalt Lober das Wort. „Wir wollen den Termin aussetzen, da wir keine vollständige Akteneinsicht bekommen haben“, erklärte dieser prompt. Videoaufnahmen seien nicht eingesehen worden. Es sei zu einer technischen Panne gekommen.

Die übrigen Verteidiger schlossen sich dem einvernehmlich an. Die Staatsanwaltschaft um Sonja Frodermann und Golo Osthoff stimmten der Beratung darüber zu. Die Richter zogen sich zurück.

Nach wenigen Minuten lautete das Ergebnis: „Die heutige Hauptverhandlung wird ausgesetzt“, so Kienitz. Die geforderten Daten seien nun auf einen USB-Stick gebrannt worden, die in den nächsten zwei Wochen eingesehen werden können. „Das ist eine angemessene Frist“, wurde der Richter deutlich. Denn dann werde am 8. November um 9.30 Uhr weiterverhandelt.

Freiheitsstrafe von bis drei Monaten bis zu fünf Jahren droht

Wie Pressesprecherin Nesrin Öcal gegenüber DER WESTEN erklärte, seien die Akten in elektronischer Form an die Anwälte übergeben worden. „Dabei wurden die Videodateien nicht mit übergeben“. Was den Angeklagten nun drohen kann, erklärte die Sprecherin auch: „Beim Straftatbestand der Volksverhetzung droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.“

In zwei Wochen ist der nächste von mindestens sechs weiteren Verhandlungsterminen anberaumt. Auch wieder im FZW. (js)