Am Freitag veröffentlichte das ZDF-Politbarometer neue Umfragewerte kurz vor der Bundestagswahl. Doch was ist diese Umfrage wirklich wert? Der renommierte Wahlforscher Thorsten Faas ärgert sich schon länger über Einschränkungen durch den Bundeswahlleiter.
Dieser untersagt die Veröffentlichung wichtiger Umfrage-Daten kurz vor der Bundestagswahl, so dass die Aussagekraft der Zahlen angezweifelt werden kann.
ZDF-Umfrage zur Bundestagswahl: Professor ärgert sich über Verbot des Wahlleiters
Normalerweise präsentiert das ZDF nämlich immer zwei verschiedene Zahlenreihen der Forschungsgruppe Wahlen: Die politische Stimmung sowie die Projektion. Man könnte auch sagen: Die Rohwerte und eine nach einem bestimmten geheimen Schlüssel gewichtete Umfrage.
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Bundestagswahl-Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen (veröffentlicht am 10. September):
- SPD: 25 Prozent
- CDU/CSU: 22 Prozent
- Grüne: 17 Prozent
- FDP: 11 Prozent
- Linke: 6 Prozent
- AfD: 11 Prozent
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In die Projektion fließen beispielsweise längerfristige Parteibindungen, politische Grundüberzeugungen oder koalitionstaktische Wahlüberlegungen mit ein. Somit aber kann die Politische Stimmung spannender sein, weil sie wie ein Seismograph neu einsetzende Trends schneller darstellen kann, die – sofern sie beständig sind – sich erst verspätet in der Projektion niederschlagen.
ZDF-Umfrage zur Bundestagswahl: Politische Stimmung kann viel früher einen neuen Trend anzeigen
Das wird am Beispiel der SPD deutlich: In der politischen Stimmung der Forschungsgruppe Wahlen sprang die SPD bereits in der Umfrage vom 13. August plötzlich von 19 auf 25 Prozent, gleichzeitig sank die Union in diesem Zeitraum von 29 auf 26 Prozent und die Grünen fielen von 25 auf 21 Prozent. Es zeichnete sich also mehr als deutlich ein Stimmungsumschwung zugunsten der Sozialdemokraten ab.
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In der Projektion allerdings wurde der Wert der SPD am 13. August bei 19 Prozent angegeben. Erst Anfang September hatte die SPD in der Projektion auch 25 Prozent erreicht – also mit fast einem Monat Verzögerung.
Politik-Professor verwundert über Bundeswahlleiter: „Maximal dubiose Begründung“
Seit dem 27. August gibt die Forschungsgruppe Wahlen aber die politische Stimmung nicht mehr an! Zur Begründung heißt es: „Bis zur Bundestagswahl müssen wir leider auf die Veröffentlichung der politischen Stimmung verzichten. Seit kurzem ist Briefwahl möglich, Befragte könnten daher schon jetzt Angaben zu ihrer Briefwahlentscheidung machen. Nach Auffassung des Bundeswahlleiters ist das bereits als Veröffentlichung von Wählerbefragungen zu werten, die nach §3 Absatz 2 BWG vor 18 Uhr am Wahlsonntag verboten ist.“
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Mehr zur Bundestagswahl 2021:
- In diesem Jahr wird der 20. Deutsche Bundestag gewählt.
- Die Wahl findet am 26. September 2021 statt.
- Es gibt 299 Wahlkreise, in denen Direktkandidaten mit der Erststimme gewählt werden.
- Nach der Bundestagswahl wird Angela Merkel als Kanzlerin abtreten.
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Wahlforscher Thorsten Faas findet dieses Verbot durch den Bundeswahlleiter Dr. Georg Thiel sonderbar. Das werfe die spannende Frage auf, „was dann all diese Projektionen sind, die wir da von allen Instituten gerade sehen, wenn die davon nicht betroffen sind…“, postete er bereits im August auf Twitter. Der Professor kritisiert weiter: „Zugespitzt könnte man sagen: Diese Projektionen haben offenkundig mit den erhobenen Daten nichts zu tun.“
Auch am Freitag äußerte der Wahlforscher erneut sein Unverständnis über die Haltung des Bundeswahlleiters. Durch die Entscheidung hätten wir „in den Wochen vor der Wahl eine qualitativ schlechtere Berichterstattung über Umfragen“, zumal mit „maximal dubiosen Begründungen“.
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Umfragen vor der Bundestagswahl: Forsa geht gerichtlich gegen den Bundeswahlleiter vor
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa geht derweil sogar gerichtlich gegen den Bundeswahlleiter vor. Forsa wollte bei den Befragungen auch ermitteln, ob Wähler bereits über Briefwahl abgestimmt haben. Gefragt werden würde dann nicht nur, wen man wählen würde, wenn am Sonntag Wahl wäre, sondern auch, wen man bereits gewählt hat, sofern man per Brief bereits abgestimmt hat.
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Aus Sicht von Thiel könnten dadurch aber Unentschlossene in ihrer Wahlentscheidung beeinflusst werden und die Umfragen somit manipulative Auswirkungen haben. Nun muss das Verwaltungsgericht Wiesbaden den Rechtsstreit entscheiden.
Umfrage zur Bundestagswahl: Schafft Laschet die Wende? Union holt deutlich auf!
Derweil hat Forsa für RTL und n-tv eine weitere Umfrage vor der Bundestagswahl veröffentlicht. Demnach kann die Union deutlich aufholen.