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Ukraine-Krieg: „Skandal“ – Wieso bekommen so wenige flüchtende Russen Asyl bei uns?

Durch den Ukraine-Krieg suchen auch russische Kriegsverweigerer und Deserteure Schutz in Deutschland. Aber nur die wenigsten erhalten Asyl.

Ukraine-Krieg: Warum werden nur wenige Kriegsverweigerer aus Russland aufgenommen?
© imago images/ULMER Pressebildagentur

Bodentruppen in die Ukraine? Macron erntet Widerspruch im Westen

"Nichts darf ausgeschlossen werden!" Mit dieser Äußerung hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf die Frage nach einer möglichen Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine reagiert. Doch im Westen gibt es Widerspruch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa schließt eine Entsendung von Soldaten weiterhin aus.

Durch den russischen Angriffskrieg suchten bisher viele Ukrainer in Deutschland Schutz. Auch aus Russland flüchten Menschen zu uns, um einem Einsatz im Ukraine-Krieg zu entkommen. Was ist mit diesen Kriegsverweigerern und Deserteuren?

Viele russische Männer im wehrdienstfähigen Alter erleben hierzulande eine Abfuhr. Nur einem geringen Teil wird in Deutschland Schutz geboten. Aber warum ist das so?

+++ Dazu interessant: Putin: Geld alle, wenn Krieg vorbei ist? Sieg oder Niederlage kann ihn Russland kosten +++

Ukraine-Krieg: Kaum Schutz für Putin-Flüchtlinge

Seit Beginn flohen Millionen Menschen vor dem russischen Angriffskrieg. Allein in Deutschland halten sich laut Ausländerzentralregister (AZR) über 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf. Auch aus Russland fliehen die Menschen vor dem Einsatz in den Ukraine-Krieg. Dabei ist die Zahl der Kriegsverweigerer, die in Deutschland auch wirklich Schutz bekommen, viel geringer. Nur wenige Deserteure dürfen bleiben.

Das Problem prangert unter anderem die Linkspartei an. „Olaf Scholz hat im September 2022 versprochen, russischen Deserteuren Asyl zu gewähren. Das Versprechen wurde gebrochen. Für uns ist klar: Kriegsdienstverweigerung ist Menschenrecht. Deserteure & Kriegsdienstverweigerer brauchen unseren Schutz!“, schreibt die Partei auf X. Dafür hat die Gruppe im Bundestag (damals noch Fraktion) sogar einen Antrag gestellt, um russischen Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern Schutz zu bieten.

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Auch der Verein Pro Asyl macht darauf aufmerksam. Noch im September 2022 gab es in Deutschland eine seltene parteiübergreifende Einigkeit, dass russische Militärdienstentzieher, Verweigerer und Deserteure geschützt werden sollen. Diese Leute bekommen aber nach wie vor kaum einen Schutzstatus. „Das ist asylrechtlich sowie friedenspolitisch gesehen ein Skandal“, schreibt der Verein auf seiner Seite.

Was sagt das BAMF?

Doch warum ist das so? In Deutschland haben Ausländer erst einmal ein Recht darauf, Asyl zu beantragen. „Dies gilt auch für Deserteure aus der Russischen Föderation, die sich am russischen Angriffskrieg nicht beteiligen wollen. Sie dürften regelmäßig internationalen Schutz erhalten“, schreibt uns das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf Anfrage.

„Die Erteilung von Asyl bleibt jedoch eine Einzelfallentscheidung. Dazu gehört auch „eine Sicherheitsüberprüfung sowie eine Prüfung des Vorliegens von Ausschlusstatbeständen (z. B. die Beteiligung an Kriegsverbrechen)“ heißt es weiter.

Menschen, die in die Armee eingezogen werden sollen und den Dienst verweigern, können ebenso einen Asylantrag stellen. „Sie würden internationalen Schutz erhalten, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen“. Dafür braucht es unter anderem einen Verfolgungsgrund nach Asylgesetz (AsylG).

Genaue Zahlen kaum bekannt

Dabei macht das Amt auch auf ein weiteres Problem aufmerksam: „Eine valide Aussage, wie viele Deserteure oder Kriegsdienstverweigerer einen Asylantrag gestellt haben, ist nicht möglich.“ Die Linke und Pro Asyl stützen sich auf eine Schätzung von „Connection e.V.“ (Partnerorganisation von Pro Asyl). Demnach sind seit Februar 2022 mindestens 250.000 Männer im wehrdienstfähigen Alter aus Russland geflohen.


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Seit Kriegsbeginn bis September 2023 haben jedenfalls rund 3.500 wehrdienstfähige Männer aus Russland Asylanträge gestellt. Davon bekamen gerade einmal 92 Männer (Stand November 2023) Asyl bewilligt, wie dazu eine Statistik vom Bundesinnenministerium angibt.