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Ukraine: Warum arbeiten so wenige Geflüchtete in Deutschland? „Es bleibt noch viel zu tun“

Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland hinterher. Hierzulande arbeiten weniger ukrainische Geflüchtete als in anderen EU-Staaten. Warum ist das so?

Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland hinterher. Hierzulande arbeiten weniger ukrainische Geflüchtete als in anderen EU-Staaten. Warum ist das so?
© IMAGO/Rainer Unkel

Ukrainer in Deutschland - Viele sind gekommen, um zu bleiben

Eine Million Menschen sind aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Grundsätzlich sind sie willkommen, vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Doch die Herausforderungen der Integration liegen im Detail.

Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind die Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und Schutz an einem anderen Ort zu suchen. Nach Deutschland sind seit Kriegsbeginn mehr als eine Million ukrainische Geflüchtete gekommen.

„Wir wissen, dass zunehmend mehr dieser Menschen sich dafür entscheiden (müssen), längerfristig in Deutschland zu bleiben“, betont das Bundesministerium für Arbeit (BMAS) auf Anfrage.

Doch im Vergleich zu anderen Ländern scheint es so, als ob sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt weniger Fuß fassen. Warum ist das so?

Ukraine: Viele Geflüchtete sind hochqualifiziert

Politikwissenschaftler Dietrich Thränhardt zeigt in der „FAZ“ auf, wie viel Prozent der ukrainisch Geflüchteten in unterschiedlichen Ländern eine Beschäftigung erhalten haben. Das Ergebnis: In Dänemark sind es 74 Prozent, in Polen und Tschechien zwei Drittel, in den Niederlanden, Großbritannien und Irland mehr als die Hälfte. Dagegen sind es in Deutschland lediglich 18 Prozent. Warum ist die Zahl vergleichsweise so gering?

++ Rente: Was stimmt am Gerücht über ukrainische Geflüchtete? ++

Hier einen Vergleich anzustellen ist laut BMAS nicht zielführend. Denn: Es gebe zwischen EU-Staaten keine Datengrundlage. Auch hänge die Beschäftigungsquote davon ab, wie viele berufstätige Ukrainer schon vor Kriegsausbruch im Land waren. Und: Auch der Anteil an hochqualifizierten Geflüchteten fällt laut OECD-Angaben (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich aus. In Deutschland ist dieser mit 78 Prozent vergleichsweise hoch.

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Deshalb setzt man hierzulande auch vermehrt auf die Vermittlung in qualifizierte Berufe anstelle in Minijobs mit Niedriglöhnen. Um das allerdings zu erreichen, müssen die Abschlüsse anerkannt, die deutsche Sprache erlernt und Integrationskurse belegt werden. Drei von vier ukrainischen Geflüchteten nehmen laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) an solchen Kursen teil oder haben diese bereits abgeschlossen. „Ein Berufseinstieg braucht Zeit“, erklärt das BMAS gegenüber dieser Redaktion.

Sozialleistungen kein Hauptanziehungsmoment

Ukrainische Geflüchtete dürfen ohne ein aufwendiges Asylverfahren sofort in Deutschland arbeiten, auch erhalten sie staatliche Unterstützung wie das Bürgergeld. In der öffentlichen Debatte entsteht also so oft der Eindruck, Geflüchtete seien eine Belastung. Aber: „Im Vergleich zu Deutschland bieten die Spitzenländer alle weniger Sozialleistungen und niedrigere Löhne. Das spricht gegen die These von den Sozialleistungen als Hauptanziehungsmoment und eher für die Aktivität der Flüchtlinge“, betont Thränhardt.


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Auch das IAB zieht eine ähnliche Bilanz: So wollen über zwei Drittel der ukrainischen Geflüchteten, die Anfang 2023 (noch) nicht erwerbstätig waren, in diesem oder im nächsten Jahr einer Arbeit nachgehen. Das Arbeitsministerium hat ebenfalls das Ziel, ukrainische Geflüchtete „schnell und nachhaltig“ in Arbeit zu bringen, betont auf Anfrage aber auch: „Es bleibt noch viel zu tun.“