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SPD: Juso-Chef Philipp Türmer im Interview – ist Scholz schuld am AfD-Hoch?

Auf dem SPD-Parteitag sprach Juso-Chef Philipp Türmer mit unserer Redaktion über den Abschiebekurs der Ampel und das Umfrage-Hoch der AfD.

Juso-Chef Philipp Türmer teilt auf dem SPD-Parteitag gegen Scholz aus.
© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Diese Schulnoten geben die SPD-Delegierten Kanzler Scholz

Auf dem SPD-Parteitag in Berlin hat "DER WESTEN" Delegierte gefragt, mit welcher Schulnote sie die bisherige Amtszeit von Kanzler Scholz beurteilen. Das Ergebnis seht ihr im Video.

Seit November ist Philipp Türmer der frisch gewählte Chef der Jungsozialisten (Jusos). Türmer gilt als starker Kritiker von Bundeskanzler Olaf Scholz. Das machte er auch auf dem Podium des vergangenen SPD-Parteitags klar.

Auch mit unserer Redaktion sprach Türmer auf dem Parteitag der SPD über Scholz, den Abschiebekurs der Ampel und die hohen AfD-Umfrageergebnisse.

+++ Dazu interessant: SPD-Parteitag: Politiker mit klarer Ansage – „Definitiv eine rote Linie“ +++

Juso-Chef über Ampel-Kurs und AfD-Hoch

Redaktion: Herr Türmer, was sind für Sie die wichtigsten Punkte bisher auf dem SPD-Parteitag? 

Philipp Türmer: „Wir haben es geschafft, dass sich die SPD für eine einmalige Vermögensabgabe ausspricht, um die Kosten der aktuellen Krisen zu finanzieren. Das war ein großer Erfolg für uns Jusos. Und wir haben einen für uns sehr weitgehenden Kompromiss erreicht, was die Streichung der Schuldenbremse anbelangt. Das ist ein Erfolg, um langfristig die Funktionsfähigkeit unseres Landes und die notwendigen Investitionen in die sozialökologische Transformation unserer Industrie zu erreichen. Am heutigen Abend steht noch die Debatte über die Asylpolitik an. Wie das ausgeht, können wir jetzt noch nicht beurteilen. Aber wir sind bislang mit den Ergebnissen des Bundesparteitages ziemlich zufrieden.“

In einem Interview mit „t-online“ sagten Sie im Hinblick des Parteitags dazu auch, Sie werden sich den Migrations- und Abschiebekurs des Kanzlers vorknöpfen. Was genau wird ihn da erwarten?

„Wir als Jusos halten an unserer Haltung fest, dass wir insbesondere die Äußerungen im „Spiegel“ zum Abschieben im großen Stil sehr kritisieren. Wir sind der Meinung, dass das Scheinlösungen sind. Dass es eigentlich darum geht, die Kommunen möglichst gut dabei zu unterstützen, Geflüchtete zu integrieren. Noch dazu, Wohnungen zu bauen, Schulen zu bauen und Integrationsberater zu fördern. Das ist für uns der richtige Weg und das werden wir als Jusos deutlich machen.“

Laut Umfragen ist ein härterer Abschiebekurs sogar erwünscht bei Wählerinnen und Wählern. Wie erklären Sie sich das?

„Ich glaube, das hat damit zu tun, dass im Moment die öffentlichen Diskussionen vor allem von rechter Seite massiv angefacht werden. Die Situation in manchen Kommunen ist durchaus angespannt, gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche Kommunen, die sehr bewusst sagen, dass sie noch mehr ihrer humanitären Verantwortung nachkommen können und Geflüchtete aufnehmen wollen. Es gibt allgemeine Probleme mit Wohnraum, die Unterkunftsplätze sind knapp. Und dann sind Abschiebungen die scheinbar einfachere Lösung.

Die Wahrheit ist aber, der überwiegende Großteil der Menschen, die hier sind, haben dauerhafte Bleibetitel. So ist das Abschieben überhaupt keine rechtliche Möglichkeit. Deswegen sollte man sich auf diese Scheinlösung meiner Ansicht nach auch als Sozialdemokratie nicht einlassen. Stattdessen müssen wir unsere Kommunen besser entlasten.“

Die Umfrage Ergebnisse sind mit 14 Prozent weit unten bei der SPD. Auf der Politikerzufriedenheit ist Scholz als Bundeskanzler sogar hinter AfD-Chefin Alice Weidel. Allgemein ist es für die AfD ein starkes Jahr. Sehen Sie bei Olaf Scholz eine Mitschuld, dass die AfD 2023 so erstarkt ist?


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„Von Schuld, also persönlicher Vorwerfbarkeit, würde ich gerne wegkommen. Aber ich glaube, dass es schon richtig ist, dass die Sozialdemokratinnen und -demokraten in der Ampel deutlicher machen müssen, dass sie für einen sozialdemokratischen Kurs in der Regierung stehen. Das heißt nicht, dass man damit die ganz klar rechtsextremen AfD-Wählerinnen und -Wähler zurückgewinnt. Aber das heißt, dass man das Vertrauen von Menschen zurückgewinnen kann, die aktuell überhaupt nicht wählen gehen. Das würde natürlich die Rechten deutlich schwächen.“