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Olaf Scholz: Alle fallen darauf rein! War das Machtwort nur ein „abgekartetes Spiel“?

Kanzler Olaf Scholz griff am Montag durch: Am Montag zeigte er Führung und nutzte seine Richtlinienkompetenz. Alles nur inszeniert?

Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner: Die Ampel-Spitze
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Olaf Scholz: Die Karriere des neuen Bundeskanzlers

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„Wer Führung bestellt, bekommt sie auch“, hatte Kanzler Olaf Scholz angekündigt. Am Montag demonstrierte der SPD-Politiker Führung und nutzte seine Richtlinienkompetenz. Doch wie ist sein AKW-Machtwort wirklich zu interpretieren?

Als eine „schallende Ohrfeige für die Grünen“, wie CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz meint? Oder war es vielmehr eine Inszenierung und alles im Hintergrund abgesprochen mit den Ministern Christian Lindner und Robert Habeck? Der Verdacht steht im Raum und wird immer größer.

„Schmierentheater“ und „Veräppelung“: Scholz-Machtwort wird hinterfragt

Nach dem Grünen-Parteitag am Wochenende hatte Robert Habeck praktisch keinen Verhandlungsspielraum mehr bei der Frage der AKW-Laufzeiten. Die Grünen legten ihm Fesseln an. Eine Lösung des Ampel-Streits um die Atomkraftwerke rückte in noch weitere Ferne, denn ohne Gesichtsverlust wären FDP-Chef Christian Lindner und Vizekanzler Habeck wohl nicht mehr aus der Nummer rausgekommen.

Überraschend präsentierte nun Olaf Scholz mit seinem Machtwort einen Kompromiss, mit dem Lindner und Habeck gut leben können, wie sie mittlerweile selber mitteilten. Scholz baute Habeck eine Brücke und lenkte so die Wut der Grünen über die Verlängerung des AKW Emsland bis April 2023 auf sich. Doch ist die Öffentlichkeit auf einen PR-Trick reingefallen?


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Dem Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph de Vries kommt die Nummer komisch vor. „Der Bundeskanzler nutzt seine Richtlinienkompetenz und Robert Habeck legt wenige Stunden später einen fertigen Gesetzentwurf zum Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke vor. Wie gut, dass das Machtwort von Olaf Scholz kein inszeniertes Schauspiel der drei Herren ist“, schreibt er ironisch auf Twitter.

Den Verdacht äußert auch „Handelsblatt“-Journalist Dietmar Neuerer. Der Hauptstadtreporter schreibt: „Es spricht viel dafür, dass es ein abgekartetes Spiel war. Wenn das rauskommen sollte, dann war es schlicht Veräppelung der Öffentlichkeit.“


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Auch Linkspartei-Politiker Dietmar Bartsch findet die Entscheidung verdächtig: „Absurdes Schmierentheater: Nach Niedersachsen-Wahl und Grünen-Parteitag kommt das Machtwort von Scholz.“ Es sei ausschließlich um die Egos von Habeck und Lindner gegangen, glaubt der Oppositionspolitiker.

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Kalkül des Kanzlers: „Desto besonnener wirkt er“

Im Artikel „Machtwortmumpitz“ nimmt „Zeit“-Autor Robert Pausch die Scholz-Verkündung ebenfalls auseinander. Das vermeintliche Machtwort entspreche genau dem absehbaren Kompromiss und lag auf der Hand, analysiert er. Der Kanzler sei damit kein Risiko eingegangen, sondern eher dem geheimen Wunsch der Spitzengrünen gefolgt, die festgefahrene Sache zu klären, ohne selbst Ärger mit ihrer Basis zu bekommen. Scholz sei der eskalierte Atomstreit sowieso entgegengekommen: „Je mehr die anderen streiten, desto besonnener wirkt er. Und wen die Leute für besonnen halten, dem vertrauen sie.“

Auffällig ist jedenfalls: Es gibt keinen Verlierer der Machtwort-Nummer. Lindner kann einen kleinen Erfolg für die FDP verbuchen. Habeck geht dem Risiko aus dem Weg, bei einem Blackout als Hauptschuldiger öffentlich gehängt zu werden, weil er sich gegen das AKW Emsland stellte. Außerdem bleibt er neben Annalena Baerbock der Liebling der Grünen-Basis. Und Scholz konnte den vernünftigen Kanzler geben, der zur Not im Interesse des Landes auch mal auf den Tisch schlägt.