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Kindergeld: Frau soll 160.000 Euro zurückzahlen – auf einen Schlag!

Eine Familie wandert aus und bezieht zu Unrecht Kindergeld. Jetzt droht die Rückzahlung von 160.000 Euro. Ein Anwalt teilt seine Einschätzung.

Kindergeld: Familie hat jahrelang zu Unrecht Kindergeld bezogen. Jetzt muss alles auf einmal zurückgezahlt werden!
© IMAGO / Kosecki

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Böse Überraschung für eine dreifache Mutter aus Deutschland! Elke Herold muss ganze 160.000 Euro Kindergeld auf einmal zurückzahlen. Die Frau lebte knapp 20 Jahre mit ihrer Familie auf Lanzarote. Das teilten die Herolds der Familienkasse aber nicht mit, waren zudem weiterhin mit einem Wohnsitz in Deutschland gemeldet und erhielten so für ihre drei Kinder weiterhin Kindergeld vom deutschen Staat.

Gerhard Rahn, Fachanwalt für Sozialrecht, Insolvenzrecht und Strafrecht, ordnet den Fall ein. Darauf solltest auch du achten, wenn du vorhast, mit deinen Kindern ins Ausland auszuwandern.

Kindergeld: Familie kassierte jahrelang zu Unrecht ab – und muss jetzt zahlen

Der Fall der Familie Herold landete durch die Trennung von Elke Herold und ihrem Ehemann und einem damit verbundenen Wohnsitz-Wechsel nach Deutschland wieder auf dem Tisch der Familienkasse – und die bittet Elke Herold jetzt zur Kasse, wie RTL berichtet.

Die dreifache Mutter soll nicht nur das Kindergeld der vergangenen Jahre zurückzahlen,
sondern auch Mahnzinsen – macht eine Summe von 160.000 Euro. Zahlt sie diese nicht
umgehend an die Behörde, wird eine Zwangsvollstreckung eingeleitet. Eine Ratenzahlung ist nicht möglich, wie aus einem Urteil hervor geht.

Demnach hat sie jahrelang unrechtmäßig Kindergeld für ihre Kinder kassiert. Denn, wenn eine Familie ins Ausland ziehen möchte, muss das der Familienkasse vorher mitgeteilt werden – Kindergeld darf nicht im Ausland bezogen werden. Das macht auch Sozialrechts-Anwalt Gerhard Rahn im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich. Ein Umzug ins Ausland ist „unverzüglich“ anzuzeigen, „und zwar genau dann, wenn der gewöhnliche Aufenthalt nicht mehr in Deutschland ist“.

Selbst wenn der Wohnsitz in Deutschland gemeldet ist, wie es bei den Herolds der Fall war,
komme es „auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort an“, erklärt Anwalt Rahn weiter. Wie im Einkommenssteuergesetz festgelegt ist, hat derjenige Anspruch auf Kindergeld, der „im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat“.

Streng genommen hat Elke Herold so also auch noch gegen das Meldegesetz verstoßen. „Das ist aber keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit“, so der Experte Rahn dazu. Denn der Wohnort ist laut Gesetz ein Ort, an dem man sich ständig niederlässt. Im Fall Herold war das für knapp zwei Jahrzehnte die kanarische Insel Lanzarote.

Kindergeld: Was passiert, wenn das Geld nicht zurückgezahlt werden kann?

Sollte Elke Herold die geforderte Rückzahlung nicht leisten können, könnte das Amt die
Summe pfänden. Das hängt allerdings von den finanziellen Möglichkeiten ab, wie Rahn
einräumt: „Wo nichts zu holen ist, ist auch nichts pfändbar“, betont Rahn. Es könne zwar das Gehalt gepfändet werden, aber dieses sei bis zu einer Höhe von 1.339,99 Euro pfändungsgeschützt, weiß der Sozialrechtsanwalt.

Neben dem Gehalt kann auch das Mobiliar durch einen Gerichtsvollzieher gepfändet werden. „In der Regel wird dieser in einer normalen Wohnung aber nichts mitnehmen, ein normaler Fernseher zum Beispiel wird nicht gepfändet“, erklärt Rahn.

Kindergeld: „Eine Frau, die betrogen, gelogen und verschleiert hat“

Besonders brisant: Elke Herold ist allein für die Rückzahlung verantwortlich. Den Ex-Mann mit in die Pflicht zu nehmen, schlug bislang immer wieder fehl. „Da hat der Mann Glück gehabt, dass er den Antrag nicht ausgefüllt hat“, betont Rahn. Denn: „Sie ist die Kindergeldberechtigte gewesen, damit hat sie auch das Kindergeld entgegengenommen und ursprünglich mal den Antrag unterschrieben.“

Damit laste auf den ersten Blick eine schwere Bürde auf der Frau, Fachanwalt Gerhard Rahn gibt aber zu bedenken: „Aus meiner Sicht ist es eine Frau, die betrogen, gelogen und verschleiert hat!“

Warum sich die Familienkasse allerdings nicht auf eine Ratenzahlung einlassen will, ist dem 49-Jährigen „schleierhaft“. Die einzige Lösung sieht Rahn deshalb im Rahmen eines Insolvenzverfahrens: „Da muss geschaut werden, ob diese Tat, dieser Schaden aus vorsätzlich, unerlaubter Handlung begangen worden ist.“ In jedem Fall würden die 160.000 Euro Schulden aber weiterhin bestehen bleiben – „Der Sinn eines Insolvenzverfahrens ist natürlich, dass man sich von Straftaten, die man begangen hat, nicht befreien kann“, mahnt Rahn gegenüber dieser Redaktion. „Allerdings könnte sie sich durch die Insolvenz die Mahnzinsen vom Hals schaffen.“


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Für denjenigen, der in einer ähnlichen Kindergeld-Situation steckt, hat der Fachanwalt für Sozialrecht einen Tipp: „Es gibt die Möglichkeit einer Selbstanzeige, ähnlich wie bei großen Steuerschuldnern.“ So könne man zumindest von der Strafbarkeit befreit werden. Wichtig dabei: „Bevor man das macht, sollte man sich aber in jedem Fall von einem Rechtsanwalt beraten lassen.“