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Finanzexpertin warnt Frauen ohne Rente: „Er räumt das Konto – sie hat das Nachsehen“

Keine Rente trotz Berufstätigkeit. Finanzexpertin Helma Sick spricht über die Gefahren der Altersarmut bei Frauen.

Finanzexpertin Helma Sick über Altersarmut bei Frauen. Diese Fehler sollten sie nie begehen.
© Quirin Leppert

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3 Dinge sollte jede:r in seiner oder ihrer Altersvorsorge auf dem Schirm haben. Wir zeigen, womit du beginnen solltest, um der Altersarmut zu entgehen.Dieses Video wurde mit der Hilfe von KI erstellt und vor der Veröffentlichung von der Redaktion sorgfältig geprüft.

Die Rente von Frauen in Deutschland ist noch immer viel geringer als die der Männer. Auch dann, wenn sie berufstätig waren. Warum Frauen immer noch häufig in die Altersarmut abrutschen und was sie dagegen tun können berichtet Helma Sick unserer Reaktion.

Helma Sick ist Betriebswirtin, Autorin und Finanzexpertin für Frauen. Sie gründete 1987 „Frau & Geld“, ein Finanzberatungsunternehmen, das auf die Beratung von Frauen spezialisiert ist. Dort ist die 82-Jährige häufig mit dem Schicksal von Betroffenen konfrontiert. Sie erklärt unserer Redaktion, Armut von Frauen, insbesondere im Alter, sei ein Problem mit langer Geschichte in Deutschland.

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Altersarmut: Altes Problem mit langfristigen Folgen

„Frauen hatten über Jahrhunderte hinweg kein Geld. Sie verwalteten zwar das
‚kleine‘ Geld und brachten damit ganze Familien durch schlechte Zeiten. Aber das
‚große‘ Geld, mit dem Geschäfte finanziert und Handel getrieben wurde, das war
und ist von jeher die Domäne der Männer“, so Sick.

Dieses Problem zieht sich auch lange nach Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Gesellschaft. Die Expertin: „1950, mit der Teilung Deutschlands, beschloss die damalige Bundesregierung, keine Verhältnisse wie in der DDR zu wollen, in der alle Frauen eine Ausbildung hatten und erwerbstätig waren. Vielmehr beschloss man die traditionelle Familie zu stärken, also Vater arbeitet und Mutter ist nicht erwerbstätig und versorgt zu Hause Kinder und Alte.“

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Die nicht erwerbstätige Frau sei also das klassische Modell und auch das Idealbild gewesen, erklärt Sick. „Sie verdiente kein eigenes Geld, musste also abgesichert werden. Dies geschah unter anderem über das Ehegattensplitting, beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenkasse und die Witwenrente.“ Das alles schaffe eine Abhängigkeit der Frauen von ihren Männern, die in Deutschland teilweise bis heute anhalte, erklärt Sick. Andere Länder wie Schweden hatten bereits in den 50er Jahren angefangen, an diesem Problem zu arbeiten.

Finanzen: Frauen brauchen das nicht zu wissen?

„Frauen hatten also kaum Geld, mussten also auch nichts darüber wissen.
Männer dagegen haben ein über Generationen bewährtes und auch über
Generationen weiter gegebenes Geldverhalten. Das haben Frauen nicht.“ Hier läge der Hauptgrund für das mangelnde Finanzwissen von Frauen, erklärt Sick. „Gesellschaftliche Muster halten sich offenbar jahrzehntelang in den Köpfen.“ Auch wenn sich in den letzten 20 Jahren schon einiges getan habe.

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„Viele Frauen haben eine Ausbildung, verdienen eigenes Geld und wollen dieses auch gewinnbringend anlegen“, berichtet Sick. „Aber es gibt immer noch eine Menge Frauen, die sich in Gelddingen ganz auf den Mann verlassen.“

Sick hörte in ihren Beratungsgesprächen oftmals: „Das macht mein Mann“ oder „Mein Mann kennt sich besser aus“. Dazu komme, dass Männer sich gern allumfassend informiert in Sachen Finanzen fühlten, auch wenn das oft gar nicht stimme. „Sie sehen es als Vertrauensbruch, wenn Frauen sich über die Anlage des gemeinsamen Geldes selbst informieren wollen. Und viele Frauen, selbst intelligente, erfolgreiche, geben dann klein bei, um Ärger zu vermeiden.“

Es gibt wieder einen Rückschritt bei jungen Frauen

Die Finanzexpertin sieht seit einigen Jahren einen Rückschritt, gerade bei gut ausgebildeten Frauen, wieder in Richtung Familie. „Nach der Elternzeit wird in Teilzeit weitergearbeitet, oft bis die Kinder erwachsen sind oder gar bis zur Rente. Wenn
aber wenig Geld verdient wird, ist die Anlage dieses wenigen Geldes auch nichts,
worüber sich Frauen Gedanken machen müssen.“ Was dabei nicht bedacht werde, sei aber, dass Frauen mit dieser Lebensplanung dauerhaft abhängig von ihrem Partner seien.



„Es ist unter Umständen fatal, wenn ausschließlich der Mann sich um das gemeinsame Geld kümmert.“ Zerbreche eine Ehe, beispielsweise weil der Mann sich neu verliebt hat, dann wisse er das in der Regel vor seiner Frau. „Sie hat dann keine Ahnung wie viel gemeinsames Geld es gibt und wie beziehungsweise wo es angelegt ist. Er kann dann die Konten räumen und sie hat das Nachsehen. Ich habe sehr viele Fälle dieser Art erlebt mit verheerenden Folgen für die Frauen.“ Es sei deshalb sehr wichtig, dass gemeinsames Geld auch gemeinsam angelegt werde.

Junge Frauen sollten früh an die Rente denken

„Während Männer schon mit Anfang 20 anfangen zu sparen, tun das Frauen oft erst Mitte oder Ende 30. Sie verschenken also viele Jahre, in denen das Geld für sie arbeiten könnte. Auch mit Altersvorsorge beschäftigen sich Frauen weniger gern als Männer. Die durchschnittliche Frauen-Rente läge auch deshalb deutlich unter der von Männern.“



Finanzielle Unabhängigkeit sei ein hohes Gut, das Frauen über Jahrhunderte verwehrt wurde, erklärt Sick. „Es gibt keine Beziehung auf Augenhöhe, wenn sie wirtschaftlich von ihm abhängig ist.“ Es sei also wichtig, sich früh mit seinen Möglichkeiten auseinander zu setzen. „Ich kann die Finanzplattform HerMoney empfehlen.“ Vorsichtig sollte man bei auf Instagram angebotenen Geld-Seminaren und Finanz-Coachings sein. „Die sind oft sehr teuer und es ist meist nicht klar, von wem die Angaben stammen, beziehungsweise, welche Ausbildung derjenige hat.“