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Bürgergeld: Mutter hat 3.000 Euro Schulden – jetzt soll ihr Sohn (8) dafür zahlen

Ein achtjähriger Junge hat plötzlich über 3.000 Euro Schulden beim Jobcenter. Der Vater kann die Forderung zunächst nicht glauben. Das steckt dahinter.

Ein achtjähriger Junge hat plötzlich über 3.000 Euro Schulden beim Jobcenter. Der Vater kann die Forderung zunächst nicht glauben. Das steckt dahinter.
© imago images/Westend61

Das ist das neue Bürgergeld

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss haben Bundestag und Bundesrat die Einführung des Bürgergelds beschlossen. Damit kann die neue Grundsicherung für Langzeitarbeitslose wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten.

Als ein Vater einen Brief vom Hauptzollamt bekommt, kann er seinen Augen nicht trauen. Denn darin steht, dass sein erst achtjähriger Sohn über 3.000 Euro an das Jobcenter zurückzahlen müsse.

Der 36-jährige Vater, der seinen echten Namen nicht nennen will, wendet sich hilfesuchend an die Presse. Dem RTL-Mittagsmagazin „Punkt 12“ berichtete er: „Ich habe das für einen Scherz gehalten und mich an das Hauptzollamt gewandt“.

Bürgergeld-Schulden soll Sohn zahlen

Doch die Antwort ist ernüchternd. Das Hauptzollamt teilte dem Vater mit, das sei „alles richtig“. Weiter wisse das Zollamt, dass der Schuldner ein Kind und erst acht Jahre alt sei. „Das hat mich noch mehr verwundert“, so der hilfesuchende Vater.

Vom Jobcenter erhielt er aus Datenschutzgründen zunächst keine Auskunft, warum das Amt 3.250 Euro von seinem Sohn verlangt. Dann aber erfuhr er doch, warum sein Sohn bereits so eine hohe Schuldensumme hat. So habe die Mutter nach der Trennung „zu viele Sozialleistungen in Anspruch genommen“. Das zu viel gezahlte Bürgergeld wolle sich das Jobcenter jetzt vom Kind zurückholen.

Bürgergeld: „Blödes Konstrukt“

Das sei ein „ganz blödes Konstrukt“, sagt Rechtspflegerin und ehemalige stellvertretende Jugendamtsleiterin Astrid Leonard dazu. Denn das Kind habe die Obhut gewechselt. Nach der Trennung der Eltern lebte der Sohn im Alter von drei bis sieben Jahren bei der Mutter, danach zog er dann zum Vater.

Leonard rät dem 36-Jährigen deshalb, Kontakt zur Mutter zu suchen, damit diese sich an das Jobcenter wendet und die Sache klärt. Diese lehnt das jedoch ab.

Das Jobcenter selbst bestätigt auf „Punkt 12“ Anfrage: „Der von ihnen angesprochene Vorgang ist faktisch korrekt. Hier errechnet sich aufgrund von Unterhaltszahlungen eine Überzahlung des Jobcenters gegenüber dem Kind“.

So teilte die Mutter der Behörde weder mit, dass der Sohn seit dem siebten Lebensjahr beim Vater lebt – noch, dass dieser Unterhaltszahlungen leistete. Das Jobcenter verlangte das zu viel Gezahlte deshalb zurück. Da die Mutter ihre Schulden allerdings nicht begleichen konnte, muss diese nun der Sohn übernehmen, sobald dieser volljährig ist. Der Gesetzgeber bezeichnet das als „Minderjährigenhaftung“.

Bürgergeld-Gesetz verbessert die Situation

Die gute Nachricht: Durch das neue Bürgergeld verbessert sich die Situation für verschuldete Kinder. So müssen diese bei Volljährigkeit nur noch für die Schulden aufkommen, wenn sie ein Vermögen über 15.000 Euro vorweisen können. Dies ist im Paragraf 40 Absatz 9 des Zweiten Strafgesetzbuch geregelt.

Dort heißt es:

„§ 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15.000 Euro übersteigt.“


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Betroffene Kinder und Eltern sollten sich also immer darauf berufen, wenn sie einen solchen Rückforderungsbescheid vom Jobcenter – beziehungsweise vom Hauptzollamt -erhalten.