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AfD: Nach Wahlsieg in Sonneberg – Verfassungsschutz mit übler Befürchtung

Nachdem AfD-Mann Robert Sesselmann die Landratswahl in Sonneberg gewonnen hat, warnt der Verfassungsschutz jetzt vor möglichen Konsequenzen.

Der AfD-Mann Robert Sesselmann gewann die Landratswahl im thüringischen Sonneberg. Der Verfassungsschutz warnt jetzt vor möglichen Konsequenzen.
© Martin Schutt/dpa

Sonneberg: Erstmals AfD-Politiker zum Landrat gewählt

Der AfD-Kandidat Robert Sesselmann hat die Landrats-Stichwahl in Sonneberg in Thüringen gewonnen und ist damit der erste Politiker der Partei in seinem solchen kommunalen Spitzenamt.

Zum ersten Mal in der zehn-jährigen Geschichte der AfD gelang es der Partei, ein kommunales Spitzenamt in Deutschland zu erobern. Am Sonntag (25. Juni) hat der AfDler Robert Sesselmann die Stichwahl im thüringischen Kreis Sonneberg gegen seinen CDU-Konkurrenten Jürgen Köpper gewonnen.

Bundesweit rangiert die Partei Umfragen zufolge bei um die 20 Prozent. In Ostdeutschland sieht das anders aus: Wenn nächsten Sonntag Landtagswahl in Sachsen-Anhalt wäre, käme die Partei mit 29 Prozent auf den zweiten Platz. Der Landes-Verfassungsschutz bewertet die Thüringer AfD rund um Björn Höcke als „gesichert rechtsextrem“, bundesweit stuft der Verfassungsschutz die Partei als Verdachtsfall ein. Doch was bedeutet der Wahlsieg in Sonneberg jetzt konkret für Thüringen? Der Verfassungsschutz gibt Antworten.

Thüringen: Nachteile für Lebensqualität

Ein Landrat, und so auch AfD-Politiker Robert Sesselmann, ist laut Angaben des Amtes für Verfassungsschutz (AfV) der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verpflichtet. „Folglich wird ein Landrat, der zugleich Mitglied und Funktionär einer erwiesen rechtsextremistischen Partei ist, seine extremistischen Positionen dieser Verpflichtung im Dienstgeschäft unterordnen müssen“, betont das AfV auf Anfrage dieser Redaktion.

++ Im Interview ordnet Politikprofessor Wolfgang Schroeder das Umfragehoch der AfD ein ++

Nach dem Wahlerfolg der AfD befürchtet Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. So würden qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland abgeschreckt werden. Auch der Verfassungsschutz befürchtet durch die „Wahrnehmung einer rechtsextremistischer Einflussnahme“ einen „erheblichen Standortnachteil“. Konkret spricht das Amt von negativen Auswirkungen auf Investitionen und auf das Anwerben von qualifizierten Arbeitskräften. „Die wirtschaftliche Situation einer Region, ihre Lebensqualität und Attraktivität können dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden“, so das AfV.

Thüringen: „Triumphzug der AfD“

Die AfD sei seit Jahren in vielen Regionen Ostdeutschlands tief verwurzelt und habe teils ein Potential von mehr als 30 Prozent, sagt der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer. Viele Menschen hätten konservative, rechtspopulistische, rechtsnationale oder sogar völkische Einstellungen.

Die thüringische Landesregierung fragt diese Zahlen jährlich an. So wurden bereits bei 30 Prozent der Befragten rechtsextreme Einstellungen identifiziert, 2019 lag der Wert bei 24 Prozent. Nach dem jüngsten Thüringen Monitor vertraten 2022 noch 12 Prozent solche Einstellungen. „Wenn es nicht zu einem dramatischen Stimmungswechsel kommt, könnten die Landtagswahlen und die Kommunalwahlen im nächsten Jahr zu einem Triumphzug der AfD werden“, warnt Vorländer.

Sesselmann konnte bereits jetzt 52,8 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Dieses Ergebnis sei „ein deutlicher Fingerzeig nach Berlin und klar als Protestwahl zu werten“, sagte FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.


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„Zugleich ist aber auch festzuhalten“, so das AfV gegenüber dieser Redaktion, „dass der AfD Landesverband Thüringen in der Fläche über gut etablierte Parteistrukturen und – ihrer in Teilen verfassungsfeindlichen Programmatik und Äußerungen zum Trotz – auch über das Image einer ‚Kümmererpartei‘ verfügt, die zur Wählermobilisierung beigetragen haben könnten“.

Weitere Wahlerfolge in anderen Thüringer Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die AfD ähnliche Strukturen aufgebaut habe, könne der Verfassungsschutz nicht ausschließen.

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