Sommertraum, Konfetti-Regen und Fruchtalarm beim Juicy Beats
Sommer, Sonne und jede Menge Früchte: Das Elektro- und Indie-Festival „Juicy Beats“ hat am Samstag im Dortmunder Westfalenpark gefeiert – und sich dabei nicht um Genre-Grenzen geschert. Beim Hip-Hopper Alligatoah wurde es laut. Alle 30.000 Karten waren schon im Vorverkauf weg.
Dortmund.
Verpflegungsstände, die statt Humpen voller Alkohol lieber Äpfel, Bananen und Trauben anbieten, sollen ja gerüchteweise bei Musik-Festivals der härteren Gangart schon handfeste Tumulte ausgelöst haben. Beim Elektro- und Indie-Festival „Juicy Beats“ im Dortmunder Westfalenpark gehören die Vitamin-Buden am Samstag dagegen zum guten Ton. Alle sind entspannt. Hier stehen die Theken mit der extrem gesunden Festival-Kost harmonisch neben Bratwurst-Brätern und Gerstensaft-Zapfern. Wer möchte schon alles immer gleich bierernst nehmen?
Verena Schulten (24) aus Herdecke hat sich eine Tüte mit Äpfeln vollgeladen und schlendert damit zur Hauptbühne. „Ich habe eine Stunden in der Sonne gelegen“, sagt sie. „Jetzt knurrt der Magen!“ Freund Jens nickt. Bereits im dritten Jahr feiert das Paar den Jahrestag im Westfalenpark. „Erst ein bisschen zu zweit ausruhen, dann was cooles sehen, anschließend mit Freunden tanzen.“ Zwischendurch eben noch das kollektive Früchte-Knabbern. So bleibt die Beziehung gesund.
Obststände stehen neben dem Bierwagen
Das mit dem Obst ist zwischen blinkenden Bühnenlichtern, rumorenden Boxentürmen und wippenden Schuhen natürlich kein Zufall. Die Früchte-Mischung ist durchaus musikalisch gemeint: Vor 18 Jahren begannen die Veranstalter mit „Juicy Beats“ vor gerade einmal 2000 Fans damit, artfremde Genres miteinander zu verbinden.
Geschmäcker sind verschieden: Doch Elektro und Hip-Hop, Indie und Poetry Slam harmonieren mittlerweile so gut, dass das Festival nun zum ersten Mal ausverkauft ist. „Alle 30.000 Tickets waren schon früh vergriffen“, sagt Martin Juhls vom Veranstalter-Team. „Bei all der Musik achten wir darauf, dass es sich um eine ähnliche Klangfarbe handelt.“
100 DJs, 40 Bands, 14 Tanzflächen
Was zieht, ist auch die Mischung aus Picknick und Festival-Getöse. Von kleinen gemütlichen Park-Bühnen mit 20 Fans bis zum Stagediving vor monströsen Scheinwerfer-Kegeln ist alles dabei.
100 Discjockeys, 40 Live-Bands, 14 Tanzflächen und sechs Bühnen. Die Orte, an denen was los ist, tragen, wie sollte es anders sein, die Namen von Früchten. Und so kommt es zu erfrischend anderen Festival-Dialogen: „Gold Roger? Das ist Limette, oder?“, „Die Orsons spielen gleich – wo ist denn jetzt die Himbeere?“
Hip-Hopper „Alligatoah“ zeigt sich bissig
Hoch im Kurs stehen Decken, die zwischen den Grashalmen die Wiesen wie einen Flickenteppich garnieren. Darauf ist so ziemlich alles erlaubt, vom Nickerchen bis zum Gruppenkuscheln. Hauptsache es ist Grün in der Nähe. Also: Stoff ausbreiten. Sonnenbrille ins Gesicht ziehen. „Einparken“ mal anders.
Der Westfalenpark hat seine Lieblinge. Der Himmel gehört dazu, denn das Festival geht, solange die Bands spielen, nicht baden. Viel Applaus gibt es auch für den Hip-Hopper „Alligatoah“ aus Bremerhaven, der mit seinem Album „Triebwerke“ zuletzt auf Platz eins der Album-Hitparade landete. In Dortmund zeigt er, was ein Sprachkünstler so alles im Kleiderschrank hat. Vor dem Mann mit Streifen-Jackett, Fliege und Hut tragen die meist wuselig hin und her wippenden Fans aber eher zweckmäßige Sommer-Garderobe. Kurze Shorts und Träger-Shirts müssen reichen.
Boys Noize ist ein überzeugender Headliner
Zu den Höhepunkten des Tages zählt aber sicherlich der Auftritt von Boys Noize. Der Berliner DJ Alexander Ridha lässt gleich zu Beginn der Show tausende flirrende Schnipsel auf das Publikum regnen und bringt seine Fans direkt von Null auf Hundert in Stimmung. Mit Boys Noize als Headliner haben die Veranstalter eine gute Wahl getroffen – und sind kein Risiko eingegangen. Denn Ridha steht bereits zum zweiten Mal beim Juicy Beats auf der Bühne und enttäuscht seine Fans auch dieses Mal nicht.
Tausende Menschen feiern den Elektro-DJ in der untergehenden Sonne. Ein perfekter Tag wird zum Sommertraum. Das krönende Finale des Auftritts ist ein Remix von Eurythmics‘ „Sweet Dreams“, während über den Köpfen noch einmal das Konfetti im Licht der Scheinwerfer tanzt.
Qual der Wahl: Zitrone oder Pflaume?
Aber die Party ist längst nicht vorbei, fängt für zahlreiche Gäste sogar jetzt erst an. Denn ab 22 Uhr ist die Abendkasse geöffnet. Wer im Vorverkauf leer ausging, hat jetzt seine zweite Chance. Zahlreiche Nachtschwärmer strömen auf die Tanzflächen im Westfalenpark.
Hier steht der Musik-Freund nun vor der Qual der Wahl: Drum’N’Bass an der Zitrone, 90er-Hits an der Ananas oder doch lieber HipHop an der Pflaume? Am besten alles, bitteschön! Und so wandern die Festival-Besucher die gesamte Nacht durch den Park, um nicht die beste Party zu verpassen.
Festival wird 2015 über zwei Tage gehen
Zwölf Stunden Musik erfordern Kondition, doch es lohnt sich. Ursprünglich hieß das Festival übrigens „Juicy Fruits“, bis ein amerikanischer Kaugummi-Hersteller etwas dagegen hatte, der unter diesem Namen bereits seine zähe Süßigkeit anbot.
Den Namenswechsel hat das Festival mit den saftigen Klängen längst ohne Probleme überstanden. Mehr noch: Im kommenden Jahr soll „Juicy Beats“ erstmals zwei Tage dauern.