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Urlaub auf Mallorca: DAS sind die wahren Ballermann-Gesetze

… und sie haben mit Saufen nichts zu tun. Der Ballermann ist eine Welt für sich. Wir erklären dir die wichtigsten Regeln der Partymeile.

Schinkenstraße
© IMAGO/Chris Emil Janßen

Der Megapark: Das ist Mallorcas größte Diskothek

Der Megapark ist die größte Diskothek auf Mallorca. Was Besucher vor Ort erwartet, seht ihr im Video.

Viel wurde in den letzten Wochen über neue Benimmregeln und eine Verschärfung der Ballermann-Regeln diskutiert. Doch das „Dekret für verantwortungsvollen Tourismus“, das jetzt von der Regierung verabschiedet wurde, ist kein Ballermann-Gesetz. Es gilt für insgesamt drei touristische Destinationen auf den Balearen. Die echten Ballermann-Gesetze sind allerdings nur wenigen Insidern bekannt. Unter ihnen leiden nicht die Touristen, sondern die Party-Stars.

Die wahren Regeln am Ballermann

Das Erste, was ein Künstler, der am Ballermann auftreten will, lernt, sind zwei eherne Gesetze:

  • Wer im Megapark singt, darf niemals in den Bierkönig wechseln. Und umgekehrt.
  • Wer jemals im Megapark oder Bierkönig aufgetreten ist und dann ins Oberbayern wechselt, darf niemals wieder zurückkehren. Sollte einer der Clubs gegen eine dieser Regeln verstoßen, wird eine Konventionalstrafe im hohen sechsstelligen Bereich fällig.

Diese Regeln werden im Ballermann-Volksmund „die Liste“ genannt. Auf genau diesen Listen, eine vom Megapark, eine vom Bierkönig stehen, beim Notar hinterlegt, die Künstler, die je in den jeweiligen Läden auftreten oder aufgetreten sind. Und selbst wenn das über zwanzig Jahre her ist, spielt das keine Rolle. Und das hat ganz massive Effekte.

Die Probleme der Mallorca-Künstler

Als die Sängerin Rosanna Rocci im Jahr 2018 im Bierkönig auftreten sollte, erinnerten sich die Megapark-Macher, dass die Italienerin im letzten Jahrtausend bereits im Riu Palace sang. Das Riu Palace, das 2015 endgültig geschlossen wurde, gehörte zur gleichen Gruppe wie der Megapark. Und die erste Regel wird auch auf längst geschlossene Läden angewendet. Damit ist Rocci nach den Regeln Megapark-Künstlerin, obwohl sie dort nie aufgetreten ist. Der Bierkönig musste den Auftritt kurzerhand wieder absagen.

Buddy: Nix mehr mit ab in im Süden

Seit über zehn Jahren verzichtet der Megapark zudem auf die Verpflichtung von Sängern wie Buddy („Ab in den Süden“) oder Stefan Stürmer („Scheiss auf Schickimickie“), die dort früher gerne gebucht wurden, aber sich dann überwarfen. Nichtsdestotrotz verhinderte der Partykomplex in erster Meereslinie, dass beide in den Bierkönig wechseln konnten. Die beiden Auftritte wurden knapp eine halbe Stunde vorher vom Bierkönig gecancelt, sehr zum Leidwesen der Sänger.

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Noch ein absurdes Beispiel: als die Bierkönig-Sängerin Marry im Jahre 2014 beim Opening der „Schatziii Bar“ von DJ Sammy (steht auf der Megapark-Liste) gesichtet wurde, verhängte der Bierkönig zur Strafe ein Auftrittsverbot für die Künstlerin, dass eine ganze Saison lang dauerte. Eben wegen einer vermeintlichen Nähe von DJ Sammy zum Megapark.

Was der Wendler damit zu tun hat

Die Geschichte, weshalb die Liste überhaupt entstanden ist, hängt mit Jürgen Drews zusammen. Die Anfänge nimmt sie aber bei Michael Wendler. Der trat zu Beginn des Jahrtausends im Riu Palace auf, doch ihm war die Gage wohl nicht hoch genug. Also ließ der seinen damaligen Manager Verhandlungen mit dem Oberbayern (gehörte damals noch zum Bierkönig) aufnehmen. Mit dem Angebot ging der wieder zurück zum Megapark, in der Hoffnung, dass dieser die Gage ebenfalls erhöhe. Doch stattdessen telefonierten die Clubbesitzer miteinander. Sie kamen zu dem Schluss, dass sie sich nicht von einem Schlagersänger verarschen lassen würden. So wurde Wendler für anderthalb Saisons kurzerhand für die komplette Playa de Palma gesperrt. 

Jürgen Drews ist schuld

Die endgültigen Regeln in Schriftform gibt es seit 2007 und daran ist in gewisser Weise Jürgen Drews schuld beziehungsweise sein damaliger Manager Kurt Kokos. Der wollte vor Saisonbeginn vom damaligen Bierkönig- und Oberbayern Chef Miguel Pascual die Auftrittstermine seiner Künstler wissen, darunter Bernhard Brink, Isabell Varell und Costa Cordalis. Doch Kokos kriegte den mächtigen Mallorquiner nicht an die Strippe. Über Tage nicht. Der damalige Booker des Megapark, Andy Bucher, bekam Wind von der Sache und machte Kokos ein Angebot, dass der nicht ablehnen konnte. Insgesamt 1.7 Millionen Euro bot der Megapark für einen Wechsel der kompletten Truppe. Kokos willigte ein. Jürgen Drews erinnert sich: „Wir haben damals im Oberbayern gespielt, aber der Laden verfiel immer mehr. Der Sound war eine Katastrophe. Der Megapark bot einfach bessere Bedingungen.“

Der Deal

Als Miguel Pascual davon erfuhr, dass in einer Nacht und Nebelaktion seine besten Pferdchen im Stall zur härtesten Konkurrenz überliefen, soll er außer sich gewesen sein. Nachdem er sich beruhigt hatte, setzte er sich mit dem Megapark-Chef Bartolomé Cursach an einen Tisch. Und so legten sie Folgendes fest: Wer jemals im Megapark oder Riu Palace auftritt, darf niemals im Bierkönig oder Oberbayern auftreten. Dies gilt für alle Zeiten. Somit soll für immer verhindert werden, dass ein Künstler selbstbestimmt den Laden wechselt, wenn ihm etwas nicht mehr passt.

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Zwei Ausnahmen gab es im Jahr 2021. Da tauschte der Megapark zwei Ex-DJ´s gegen zwei Künstlerinnen. Michelle und Loona durften vom Bierkönig in den Megapark wechseln. Im Gegenzug gingen Megapark Kurzzeit DJ Aaron Müller (legte dort einmal auf) und DJ Banjee in den Bierkönig. 

Die Oberbayern Problematik

Bis 2021 gab es ein gemeinsames Booking vom Oberbayern und Bierkönig. Geführt wurden beide vom Bruder von Miguel, Toni Pascual. Und so galt die Liste auch für das Oberbayern. Doch Toni wurde noch während der Corona-Phase im Bierkönig entmachtet. Von seinem Neffen Onofre Pascual. Toni zog sich schmollend ins Oberbayern zurück, wo sein Bruder Miguel bereits auf ihn wartete. Der wurde schon 2015 von seinem Sohn Onofre geschasst. Vater, Bruder  und Sohn sollen sich daraufhin – aus nachvollziehbaren Gründen – so dermaßen zerstritten haben, dass die Künstler, die vorher in beiden Läden auftraten, vor die Wahl gestellt wurden: entweder Bierkönig oder Oberbayern. Die meisten Künstler blieben im größeren und beliebteren Bierkönig, darunter Mia Julia oder Peter Wackel. Lediglich DJ Düse, DJ Robin, Schäfer Heinrich und Melanie Müller wechselten in den Kellerladen Oberbayern. Um jedoch weitere Abwanderungen zu verhindern, wurde auf Wunsch des Bierkönig eine weitere Drohkulisse aufgebaut: wer jemals aus Megapark oder Bierkönig in das Oberbayern wechselt, darf nie wieder in die großen Läden zurückkehren. Der Megapark stimmte diesem zweiten Gesetz zu. 

Rechtliche Bewertung

„Diese Regeln dürften von Gerichten als deutlich rechtswidrig bewertet werden“, sagt der Medienanwalt Gregor Rothmund aus Hamburg. „Eine Vereinbarung wie ‚die Liste‘ wäre die verbotene Bildung eines Kartells mit dem Ziel, den freien Wettbewerb zu verhindern.“ Denn letztendlich ist die Liste ein Hebel und Knebel gegen die Ballermann-Künstler, für die ein möglicher Arbeitgeberwechsel massiv erschwert wird. Bis zur Oberbayern-Abspaltung 2021 war die Liste das mächtigste Instrument der Großgastronomen an der Playa de Palma.

Aber das Oberbayern fühlt sich an diese Absprachen nicht gebunden und so konnte das kultige Keller-Lokal auch Künstler engagieren, die sich mit dem Megapark zerstritten hatten oder dort nicht mehr gebucht wurden, wie zum Beispiel Ina Colada, Carina Crone oder Markus Becker. Nur: für diese Entertainer bedeutet das Oberbayern-Engagement einen Abstieg, denn es ist erheblich kleiner als Bierkönig und Megapark und demzufolge ist die Strahlkraft auf Deutschland viel geringer. Die Künstler wissen, die Musik aus den großen Läden wird von den Touristen mit in die Heimat getragen, die Auftritte sorgen für bessere Streamingzahlen, die Gagen in Deutschland steigen. So bleiben sie dem Megapark oder Bierkönig zwangsläufig treu.



Natürlich könnte jeder Künstler vor spanischen Gerichten gegen die Liste klagen. Doch es tut keiner, denn der mögliche Kläger weiß: es wäre sein Ende am Ballermann. Selbst wenn er vor Gericht recht bekäme, keiner der großen Partytempel würde ihn je wieder engagieren. Und so bleibt nur die Unterwerfung. Das Leben als Party-Star hat halt seinen Preis.