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DJ BoBo kritisiert horrende Preise für Konzerttickets: „Da geht es nur um Optimierung“

DJ BoBo kritisiert horrende Preise für Konzerttickets: „Da geht es nur um Optimierung“

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DJ BoBo sprach im Interview mit dieser Redaktion über die steigenden Ticketpreise. Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

Er ist wohl der beliebteste Schweizer Deutschlands: DJ BoBo. Seit 30 Jahren bereits begeistert der Mann, der eigentlich René Peter Baumann heißt, seine Fans. Grund genug mit DJ BoBo über Filme, seine Anfänge, die anstehenden Konzerte und die immer weiter steigenden Ticketpreise zu sprechen.

Als wir DJ BoBo via Videocall erreichen, dreht er den Spieß erst einmal um.

Dj BoBo: Hast du den Elvis-Film schon gesehen?

DerWesten: Nein. Ist der so gut?

Der ist großartig. Man weiß natürlich, wie er endet, aber der Film erzählt so viel, was man noch nicht wusste.

In letzter Zeit sind ja eh viele starke Musikfilme ins Kino gekommen. Der Queen-Film war ja auch toll.

Absolut. Der Queen-Film ist auch so schön, weil sie nicht mit der Krankheit von Freddy enden, sondern mit dem Live-Aid-Konzert. Das ist sehr gut gemacht. Elvis endet mit seinem Tod, da ging das nicht anders. Aber die Abhängigkeit Elvis‘ von seinem Manager, der ein staatenloser Holländer ist, der das Land nicht verlassen darf. Der Hammer. Elvis versuchte beispielsweise immer eine Welttournee zu machen, ist mit allen Firmen einig und dann kommt der Manager und sagt: ‚In Europa wurde wieder ein Künstler erschossen, da können wir nicht hin. Das ist gefährlich.‘ Sensationell.

Das erinnert an Michael Jackson, der sich auch immer in Abhängigkeiten von Dritten begeben hat…

Eigentlich ist das die klassische Geschichte von großen Künstlern. Irgendwann sind sie nicht mehr Herr über ihre eigenen Pläne. Irgendwann ist der Apparat größer als sie selbst. Das ist in unserer Branche der vorgezeichnete Weg und das ist traurig. Es gibt nicht so viele Beispiele, in denen der Künstler noch die Fäden in der Hand hält. Am Ende bist du nämlich nicht nur eine Marke. Du bist ein Mensch. Du hat ein Leben, aber du funktionierst wie ein Produkt.

Wie ist das bei dir?

Ganz am Anfang hatte ich die Zügel noch nicht in der Hand. Da war ich froh, dass ich eine klassische Plattenfirma bekommen habe. Ich habe zwar zu Beginn keine bekommen und musste die Platten selbst pressen lassen. Aber alleine der Umstand, dass du als Künstler selbst versuchst, Schallplatten zu pressen, hat mich dazu gebracht, dass ich schon mehr wusste, als mir lieb war (lacht). Ich hatte dann aber auch diesen berühmten ersten Plattenvertrag, bei dem das Verhältnis nicht ganz stimmt. Aber dieser Vertrag war nicht so schlimm, dass ich da nicht herausgekommen wäre. Schon mit der zweiten Platte war ich relativ selbstständig. Das Lehrgeld war nicht so groß.

Du warst ja schon früh Vorreiter und hast als DJ große Shows in großen Hallen gespielt.

Damals haben mir die Veranstalter noch den Vogel gezeigt. Niemand will dreißig DM für einen DJ bezahlen, der in eine Halle geht, hieß es. Aber wir konnten ja nicht zum vierten Mal in zwei Jahren in derselben Disco spielen. Wir hatten keine Option. Entweder wir gehen unter, weil die Welle irgendwann vorbei ist, oder wir lösen uns von der Welle. Das war unsere einzige Chance. 1995 haben wir uns dann selbstständig gemacht.

Wir waren aber auch Vorreiter, was den Inhalt der Shows angeht. Das Visuelle beispielsweise. Das war auch dem geschuldet, dass ich vom Talent her limitiert war. Ich bin kein so guter Sänger, den man unbedingt hören will, das musste ich mit der Lichtshow ausgleichen (lacht).

Dann ist die Show in Bochum quasi ‚back to the roots‘?

Genau. Eigentlich ist das eine Greatest-Hits-Party.

Also keine riesige Bühnenshow, sondern DJ BoBo hautnah?

Ja. Niemand, der dort hinkommt, erwartet, dass wir dasselbe machen, wie beispielsweise in der Lanxess-Arena. Die Leute gehen zum Zeltfestival Ruhr, weil das in sich schön ist. Wenn wir dann noch da sind, passt das gut zusammen (lacht).

Der Konzertbetrieb ist wieder in vollem Gange. Mit welchen Gefühlen gehst du nach der langen Pause in diese Zeit?

Wir hatten das Glück, relativ früh wieder anfangen zu dürfen, haben beispielsweise im Jahr 2021 schon in Bulgarien gespielt. Andere Länder haben sich da etwas anders verhalten, um es mal so zu sagen. Für uns fühlt es sich demnach relativ normal an. Anderthalb Jahre war es wirklich hart, weil da gar nichts passierte. Im vergangenen Sommer ging es aber wieder los.

Die ersten Gigs waren schwierig. Wir haben zwar geprobt, aber ich hatte Probleme mit den Texten. Das ist wie im Fußball. Wenn du ein Jahr nicht spielst, dann fehlt dir der Wettkampfrhythmus. Mir hat dieses Selbstverständnis gefehlt. Ich habe plötzlich auf der Bühne überlegen müssen: Wo muss ich hin? Was muss ich machen? Die Leichtigkeit war weg.

Wie gehst du mit der Sorge vor einer Ansteckung um?

Es ist für mich ganz natürlich, auf Menschen zuzugehen, weil ich es immer so gemacht habe. Ich habe Menschen immer die Hand gereicht, ich habe Menschen umarmt und ich habe mich auch umarmen lassen. In der Tat ist da auch etwas im Hinterkopf, das sagt: Oh Vorsicht. Das ist nicht gut. Aber es ist auch etwas in mir, dass sich dagegen wehrt.

Aber klar, dieses Gefühl der Unsicherheit ist immer noch da. Wie eine Motte schwebt es über der Gesellschaft. Das Verhalten von uns Künstlern war immer recht vorsichtig. Wir müssen uns vor jeder normalen Grippe, Heiserkeit oder auch Durchzug in Acht nehmen. An mir hängen Hunderte von Arbeitsplätzen, da bin ich automatisch vorsichtig. Aber ja, im Umgang mit dem Publikum werde ich mich wahrscheinlich mehr isolieren als zuvor. Das kann schon sein.

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Zeltfestival Ruhr 2022: Sie sind unter anderem dabei

  • Die Fantastischen Vier (19. August)
  • Selig (19. August)
  • Johannes Oerding (20. und 21. August)
  • Milow (21. August)
  • Alvaro Soler (22. August)
  • DJ BoBo (27. August)
  • noch mehr Stars unter www.zeltfestivalruhr.de

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Im kommenden Jahr feierst du dein 30-jähriges Bühnenjubiläum. Also quasi Halbzeit …

(lacht) Klingt gut.

Kannst du schon was verraten?

Wir sind gerade mitten in den Planungen. Was ich schon verraten kann: Es wird drei Bühnen in den Arenen geben. Ich habe mir das aber tatsächlich etwas leichter vorgestellt, als es ist. Das sieht toll aus. Es ist auch toll, wenn man auf der jeweiligen Bühne steht. Es ist aber gar nicht so leicht, von A nach B nach C und wieder zurückzukommen, ohne dass es zwischendurch langweilig wird (lacht). Da tüfteln wir jetzt gerade.

Wird dein erstes Album „Dance with me“ einen besonderen Stellenwert auf der Tour haben?

Die ersten vier Singles, also ‘Everybody’, ‘Somebody Dance with me’, ‘Take Control’ und ‘Keep on Dancing’ werden wir sicher spielen. Die anderen Titel möchte ich den Leuten aber nicht aufzwingen, die waren teilweise noch nicht so gut. Vor dreißig Jahren war das supercool, aber heute … Es ist nicht alles Gold, was glänzt (lacht).

Gibt es Songs, die dir heute peinlich sind?

Peinlich nicht. Es war ja Zeitgeist. Wenn du heute an die Loveparade von 1992 zurückdenkst, fragst du dich auch: Was war das denn? Aber damals fühlte sich das wie der Shit vom Moment an. Gott sind wir hip, oh sind wir verrückt. Wir trauen uns was! Heute wirkt es eher bieder.

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Mehr Interviews:

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Du hast vorhin schon die Ticketpreise angesprochen. Damals waren 30 Mark für ein Ticket sehr viel. Heute kosten die Karten ein Vielfaches. Hast du Sorge, dass die Leute irgendwann sagen, dass sie sich den Konzertbesuch nicht mehr leisten können?

Ja, die habe ich. Wir kennen unser Publikum aber sehr genau. Wir veranstalten unsere Tourneen, buchen jede Halle selbst und bestimmen auch die Preise. Ich kann also keinem Veranstalter die Schuld geben. Für mich ist es wichtig, niemanden auszuschließen. Daher fangen unsere Preise für die kommende Tour bei 32 Euro an.

Es ist dem Zuschauer aber auch klar, dass er dafür nicht vorne sitzt. Aber ich möchte jedem die Möglichkeit geben, dabei zu sein. Diese 32 Euro sind ungefähr der Preis, den wir für einen Platz bezahlen, inklusive aller Gebühren. Mir ist das sehr wichtig. Ich bin da vielleicht eine Ausnahme, aber ich komme aus der Mittelschicht und musste selbst immer für ein Konzert mein Geld zusammenkratzen. Wichtig ist, dass Preis und Leistung stimmen. Der Besucher darf sich nicht abgezockt fühlen. Bei internationalen Stars, deren Tourneen von großen Konzernen veranstaltet werden, ist das kein Thema. Da geht es nur um Optimierung. Konzerne denken so: Wenn ich es schaffe, die Konzerte zu einem möglichst hohen Preis auszuverkaufen, dann waren wir zu günstig. Das ist aber auch legitim. Das ist die Aufgabe eines Konzerns.

Du versuchst aber auch in Zukunft günstige Tickets anzubieten?

Auf jeden Fall. Und ich kann es ja auch. Wir wollen eine vernünftige Preis-Leistungs-Politik betreiben.