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Großer Zapfenstreich in der ARD: Pastor protestiert – „Würdelos gegenüber den Opfern“

Großer Zapfenstreich in der ARD: Pastor protestiert – „Würdelos gegenüber den Opfern“

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Evangelische Theologen protestieren gegen den Großen Zapfenstreich vor dem Reichstagsgebäude. Foto: picture alliance / dpa | Maurizio Gambarini, picture alliance / CHROMORANGE | Udo Herrmann

Am Mittwochabend erfahren die Veteranen des Afghanistan-Krieges mit dem Großen Zapfenstreich vor dem Reichstagsgebäude eine besondere Ehrung. Die ARD überträgt die militärische Zeremonie der Bundeswehr ab 18.50 Uhr live. Doch aus der evangelischen Kirche gibt es heftigen Protest gegen die feierliche Bundeswehr-Veranstaltung.

Besonders ein Pastor aus Hamburg findet deutliche Worte gegen den Großen Zapfenstreich in Berlin.

Großer Zapfenstreich in der ARD: Pastor angeekelt – „Würdeloser Zynismus gegenüber den Opfern“

Mehrere evangelische Theologen haben im Vorfeld des Großen Zapfenstreiches einen Protestbrief an die Kirchenführung der Evangelischen Kirche in Deutschland geschickt.

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In ihrem Schreiben an die Präsens der Synode, Anna-Nicole Heinrich, und an den EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm, kritisieren sie die Zeremonie. Sie baue auf der religiösen Überhöhung und Weihe militärischer Bereitschaft und militärischer Einsätze auf und sei unvereinbar mit dem religiösen Neutralitätsgebot des Staates.

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Was ist der Große Zapfenstreich und wie ist der Ablauf?

  • Die höchste militärische Zeremonie der Bundeswehr findet abends ab.
  • Er geht zurück auf preußische Traditionen.
  • Dabei sind Militärmusiker, Fackelträger und Bewaffnete vom Wachbataillon.
  • Einen Anspruch auf einen Großen Zapfenstreich haben der Bundespräsident, der Bundeskanzler und der Bundesverteidigungsminister sowie alle Generäle und Admirale bei ihrer Verabschiedung aus dem Dienst.
  • Zu den Elementen zählt unter anderem die Serenade mit der Aufführung von bis zu vier Musikstücken sowie das musikalische Gebet „Ich bete an die Macht der Liebe“ und die deutsche Nationalhymne.
  • Bei der Serenade dürfen die Politiker Musikwünsche äußern. Viele reagieren emotional berührt in diesen Momenten.

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Evangelische Kirchenvertreter sollten dem Großen Zapfenstreich fernbleiben, so ihre Forderung. Stattdessen sollte die Kirche den in Afghanistan eingesetzten Kräften seelsorgliche und gottesdienstliche Angebote unterbreiten.

In einem Gastbeitrag in der „Hamburger Morgenpost“ äußert sich auch der Pastor i.R. Ulrich Hentschel, der den Brief mitunterzeichnet hat, zu seinem Protest gegen den Großen Zapfenstreich. „Alles im Fackelschein, mit starren Gesichtern und starrer Haltung der Soldaten und Soldatinnen, die zu einer einzigen Maschine aus Menschenleibern verschmelzen“, beschreibt er mit ablehnenden Worten die Zeremonie.

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Pastor protestiert energisch: Großer Zapfenstreich ist „kein Trost und keine Würdigung“

Sei dieses Ritual geeignet, „den Tausenden an Leib und Seele verletzten deutschen Soldaten und Soldatinnen, denen, die getötet wurden und die getötet haben, wie es der grausame Zweck jedes Krieges ist, gerecht zu werden?“, fragt er. Was würden zudem die bei den Taliban zurückgelassenen afghanischen Hilfskräfte von dieser Zeremonie halten, hinterfragt der Theologe weiter.

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Der Große Zapfenstreich (ab 18.50 Uhr live in der ARD) sei „kein Trost und keine Würdigung, das ist würdeloser Zynismus gegenüber den Opfern einer gescheiterten Politik“, kritisiert Ulrich Hentschel. „Wenn Jesus heute an einem Großen Zapfenstreich teilnehmen würde, dann als Störenfried“, behauptet er letztendlich.