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Wassersparen zahlt sich nicht aus

Wassersparen zahlt sich nicht aus

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Nach 20 Stadtwerken in NRW will nun auch die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft RWW in Mülheim die Wasserpreis-Struktur umstellen. Auf die Haushalte kommen Be- und Entlastungen bis zu 20 Euro jährlich zu.

Mülheim. 

Die 820 000 Menschen, die mit Trinkwasser der RWE-Tochter Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) beliefert werden, müssen sich auf eine neue Preisstruktur einstellen. Verbrauch und Fixkosten sollen künftig zu gleichen Teilen in den Tarif einfließen. Auf die Kunden können nach einer RWW-Hochrechnung Be- oder Entlastungen zwischen zwölf und 20 Euro pro Jahr zukommen.

Der Versorger, der ein Gebiet zwischen der holländischen Grenze und dem Bergischen Land abdeckt, zu dem auch die Städte Oberhausen, Mülheim, Bottrop, Gladbeck und Dorsten gehören, reagiert mit der geplanten Tarif-Umstellung auf die schrumpfende Bevölkerung und den immer weiter zurück gehenden Wasserverbrauch. Verbrauchte der Durchschnitts-Bürger im Jahr 2000 noch 136 Liter Wasser täglich, waren es 2010 nur noch 122 Liter. Kostenpunkt: 24 Cent pro Tag. Entsprechend brach der Wasserabsatz bei RWW seit 2002 ein – von 42 auf 38 Millionen Kubikmeter im vergangenen Jahr. Das entspricht einem Rückgang von rund zehn Prozent.

„Unsere Fixkosten bleiben aber gleich hoch“, sagt RWW-Geschäftsführer Franz-Josef Schulte. „Als öffentlicher Versorger müssen wir Wasser für alle Eventualitäten, also auch den Großbrand vorhalten.“ Die Versorger müssen Wasserwerke und -leitungen auf Spitzenverbräuche ausrichten, die es im Jahresmittel gar nicht gibt. Beispiel: Bei einer Fußball-WM steigt in den Halbzeitpausen der Wasserverbrauch durch Millionen von Toiletten-Gängen rapide an.

Weniger Verbrauch

Zudem, so Schulte, sei das Leitungssystem vor Jahrzehnten mit der Annahme konzipiert worden, dass Bevölkerung und Wasserverbrauch stark anwachsen. Prognosen der TU Berlin etwa gingen 1980 für 2000 von einem Pro-Kopf-Verbrauch von 219 Litern aus. Entsprechend üppig sind die Rohre bemessen und müssen aus hygienischen Gründen wegen des geringeren Wasserverbrauchs regelmäßig gespült werden.

Mit dem bröckelnden Wasserabsatz brechen RWW auch die Einnahmen weg. Denn bislang setzte sich der Tarif zu 80 Prozent aus dem Verbrauch und 20 Prozent aus Fixkosten zusammen. „Wir befinden uns auf einer Gratwanderung. Wenn wir das Steuer jetzt nicht herumreißen, dreht sich die Preisspirale für unsere Kunden weiter nach oben. Das wollen wir verhindern“, meint RWW-Chef Schulte. Und so will der Versorger 2012 den Tarif umstellen und einen „Systempreis“ einführen, der den „Grundpreis“ ablöst. Einige Stadtwerke wie Duisburg, Kamp-Lintfort, Geldern oder Voerde haben bereits „Wohneinheiten“-Tarife eingeführt. Auch in Ostdeutschland läuft die Umstellung. Gelsenwasser plant derzeit keine Veränderungen der Tarifstruktur.

Preis pro Wohnung

Bemessungsgrundlage für den RWW-Tarif ist nicht länger der Wasserzähler je Hausanschluss, sondern die Wohneinheit. Schulte: „Bislang ist der Grundpreis für ein Einfamilienhaus genauso hoch wie für ein Haus mit zwölf Parteien. Das ist ungerecht.“

Im Umkehrschluss wird der Wasserverbrauch günstiger, weil er nur noch die Hälfte des zu zahlenden Preises ausmacht. Schulte räumt ein: „Wir honorieren Wassersparen nicht mehr so stark. Das zahlt sich auch nicht aus. Im Ruhrgebiet gibt es genug Wasser.“

Fragebögen für 130 000 Hauseigentümer

Doch wie wird sich der neue Tarif konkret auf die Hauseigentümer auswirken, die die Wasserrechnung auf ihre Mieter umlegen? „Das können wir nicht genau sagen, weil wir erst ermitteln müssen, wie viele Wohnungen es in unserem Verbreitungsgebiet gibt“, sagt Schulte. Die schriftliche Befragung der rund 130 000 Hauseigentümer beginnt am 1. Juni.

Der RWW-Chef legt sich aber auf ein Ziel fest: Die Verbraucher können pro Jahr zwischen zwölf und 20 Euro be- oder entlastet werden. Schulte: „Im Durchschnitt werden wir die Kunden nicht stärker belasten. Mit der Umstellung will RWW nicht mehr Geld verdienen.“