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Einmal Karnevals-Prinz sein für 30.000 Euro

Einmal Karnevals-Prinz sein für 30. 000 Euro

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Foto: Jakob Studnar
Die Würdenträger im Karneval müssen neben guter Laune auch Geld mitbringen. Das Narrenvolk will Orden, Kamelle und was fürs Auge von Prinz und Prinzessin. Dafür müssen sie tief in die Tasche greifen. Die Regentschaft von Hubert Kost und seiner Frau Sabine in Essen kostet gut und gern 30.000 Euro.

Essen. 

Der Prinz von Essen residiert ziemlich unglamourös. Ein Reihenhaus nahe der Ruhr, roter Klinker, kleiner Garten. Hier wohnen Hubert Kost (49) und seine Frau Sabine (47), sie sind das Prinzenpaar dieser Session, gewählt vom Festkomitee Essener Karneval.

Dass die Wahl auf die Kosts fiel, war kein Zufall: Das Ehepaar ist Feier-erfahren, hat keine Angst vor großen Bühnen – und kann sich die Regentschaft überhaupt leisten. Letzteres nämlich ist gar nicht selbstverständlich. Würdenträger im Karneval zu sein, das ist eine richtig teure Angelegenheit.

Die Kosts sitzen in ihrem Wohnzimmer, über dem Sofa ein riesiges Foto der beiden im Kostüm, durch das Fenster fällt der Blick auf ein altes Fördergerüst der Zeche Heinrich. Sie wollen erklären, wieso das Prinzsein binnen weniger Wochen knappe 30.000 Euro verschlingt. Hubert Kost überlegt. Für ihn sei die Session ein Wirklichkeit gewordener Lebenstraum, da wolle er nicht jeden Cent doppelt umdrehen.

Orden kostet zwischen sieben und 17 Euro

„Das fängt schon bei den Orden an“, sagt Kost. Er verteilt sie hundertfach an all die frohsinnigen Leute, denen er bis Aschermittwoch so begegnet. „Die gibt es für sieben Euro, man kann aber auch 17 Euro pro Stück bezahlen.“

Die Orden der Kosts sind Untertassen-groß und zeigen die Konterfeis von Hubert I., Sabine II. und Zollverein-Schacht XII – eine Spezialanfertigung. „Auch bei der Entourage gilt: Man muss die nicht ständig zu Bier und Essen einladen. Aber wenn man es tut, macht es den Begleitern eben mehr Spaß.“

Je höher die Bedeutung des Brauchtums in der Stadt, desto teurer wird’s. Schätzungen des Bundes Deutscher Karneval (BDK) zufolge kostet einen Prinzen in Köln diese Ehre 100.000 Euro, sein Düsseldorfer Pendant 75.000. Manch’ ein kleinerer Verein tut sich angesichts solcher Dimensionen schwer, ei­nen geeigneten Prinzen zu finden.

„Wenn die Vereine verlangen, dass der Bewerber alles aus eigener Tasche bezahlt, macht das die Suche nicht so einfach“, sagt BDK-Präsident Volker Wagner. Selbst in der Faschings-Diaspora Herne ist das Prinzenpaar schnell mit 3000 Euro dabei.

Die Profiteure des Frohsinns

„Andere fliegen dafür nach Mallorca“, sagt Ulrich Tarnowski, zweimaliges Herner Narren-Oberhaupt. Allein das Kostüm habe ihn 1500 Euro gekostet, dabei hätte er locker das Fünffache ausgeben können.

Der Karneval als Wirtschaftsfaktor: Schneider, Gastronomen, Taxifahrer, Hersteller von Orden und Kamelle – sie alle profitieren vom Frohsinn. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat im BDK-Auftrag ausgerechnet, dass die Jecken während der Session mehr als 1,4 Milliarden Euro ausgeben.

Der Herner Ulrich Tarnowski vertrat in seinen Amtszeiten eine eher bodenständige Ansicht: „Nach oben gibt es zwar keine Grenzen, aber das muss nicht sein. Man muss seine Leute ja nicht in ein Vier-Sterne-Lokal einladen.“

Wer sich Sponsoren suche, komme ohnehin billiger davon. So argumentiert auch Peter Sander, Vorsitzender des Festkomitees Essener Karneval. „Es hat auch schon Pärchen gegeben, die die Session mit einem kleinen fünfstelligen Betrag bestritten haben“ – soll ja keiner denken, Karneval wäre nur was für Wohlhabende.

Allerdings, schaden kann ein bisschen Spielgeld auf dem Konto nicht. Hubert Kost zündet sich eine Zigarette an, draußen wird es langsam dunkel. Er hat sein Leben auf das Prinzsein ausgerichtet: Im Büro konnte sich Kost, ein selbstständiger Versicherungsmakler, für ein paar Wochen ausklinken, er hat Schulklassen Geld gespendet, damit sich die Schüler Kostüme kaufen können, und er hat sogar Autogrammkarten anfertigen lassen. Auflage: 12.000 Stück. Kost findet das nur konsequent: „Wenn wir sowas machen, dann richtig.“