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Bahnchef Grube muss sich für Winterchaos rechtfertigen

Bahnchef Grube muss sich für Winterchaos rechtfertigen

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Foto: AFP

Essen. 

Montag sollen die Versäumnisse der Bahn im Winterchaos besprochen werden. Bahnchef Grube muss sich mit den Verkehrsministern von Bund und Ländern zum Krisengipfel treffen.

Schlechte Nachrichten teilt die Bahn den täglich sieben Millionen Kunden markant mit. Weiße Laufbänder kündigen Verspätungen und Zugausfälle an. Seit dem 15. November – der erste Frosttag dieses Winters – waren die Anzeigetafeln auf Deutschlands Großbahnhöfen sechs Wochen weiß eingefärbt.

Vor allem zwei Tage brachten für Rüdiger Grubes Staatsbetrieb ein Desaster. Nur 20,5 Prozent der IC und ICE erreichten am 2. Weihnachtstag pünktlich das Ziel. Der Nahverkehr hatte am 17. Dezember den Tiefpunkt, als 40 Prozent der Verbindungen entweder verzögert ankamen – oder gar nicht. Berlins S-Bahn stürzte ganz ins Chaos.

Montag kommt das Sündenpaket auf den Tisch. Verkehrsminister von Bund und Ländern und der Bahnchef treffen sich zum Krisengipfel. Ostdeutsche Regierungen verlangen schon, dass die Bahn jährlich einen Vorsorgeplan für den Winter vorlegt und diesen von der Politik absegnen lässt. Sie käme an die kurze Leine.

Die Politiker, auch die aus NRW, werden reklamieren, es gebe zu wenige Züge, zu wenige Gleise und zu viel Ärger. Grube wird antworten: der harte Winter. Umgestiegene Autofahrer. Fluggäste, die wegen vereister Pisten Bahn fuhren. Ja, und auch die Pannenzüge der Bahnindustrie.

„Alles kam zusammen“, sagt Grube. Vielleicht hat der Ex-Luftfahrtmanager sich das so nicht vorgestellt, als ihn die Kanzlerin vor eineinhalb Jahren nachts um zwei anrief und bat, vom gefeuerten Brutalsparer Hartmut Mehdorn das Konzern-Steuer zu übernehmen. Doch selbst Winfried Hermann (Grüne), der Chef des Verkehrsausschusses im Bundestag, verliert die Geduld mit dem umgänglichen Mehdorn-Nachfolger: „Nach eineinhalb Jahren ist die Bahn auch Grubes Bahn.“

Tatsächlich sind die Probleme, die im Sommer (Klimaanlagen) und im Winter 2010 so spürbar wurden, Erbstücke einer verfehlten Unternehmens- und Verkehrspolitik. Sie war auf den – längst geplatzten – Börsengang ausgerichtet. Unterm Strich ist das Staatsunternehmen Stück für Stück demontiert worden. Der Rechnungshof monierte, in wenigen Jahren seien zugesagte 1,5 Milliarden Euro nicht ins Netz gesteckt worden. Nicht einmal Bäume an Nebenstrecken wurden gekappt. Es gibt einen Sanierungsstau von 15 Milliarden.

Die Bilanz: Seit der Reform von 1994 wurden 5000 Kilometer Strecke stillgelegt. Die Hälfte der Weichen und Kreuzungen verschwand. Überholgleise waren dabei, die Verspätungen vermeiden würden. Schon 2008 mahnte das Eisenbahnbundesamt die Wiederherstellung einzelner Abschnitte an. Gingen in den übriggebliebenen 26 000 Weichen des Netzes Heizungen kaputt, blieben sie das meist auch. Man sparte.

Warten bis 2015

Und Reservezüge, wenn der Triebwagen nicht weiter fährt? Wir haben keine, räumt die Bahn ein. 300 ICE müssen nach dem spektakulären Achsbruch von Köln zehn Mal öfter in die Werkstatt. Ihre Achsen sind zu dünn. Das Folgemodell, der ICX, ist frühestens 2015 da. Bahn und Hersteller streiten über den Preis.

Fahrgastverbände und Grüne sehen viele Fehler bei der Politik. Sie vernachlässige die Bahn beim Geldverteilen, stecke die Milliarden nur in teure Prestigeprojekte wie Stuttgart 21. Dabei wird das Geld im Nahverkehr gemacht: 900 Millionen Plus jedes Jahr.