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Atommüll-Firma rechnet mit weiteren Castor-Transporten

Atommüll-Firma rechnet mit weiteren Castor-Transporten

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Foto: Volker Hartmann
Der Essener Atommüll-Entsorger GNS stellt sich auf weitere Castor-Transporte ein. Chef Wimmer äußert sich auch zu den Werken in Mülheim und Duisburg.

Essen. 

Das Essener Unternehmen GNS hat den Castor-Behälter für hochradioaktive Abfälle aus Atomkraftwerken erfunden. Als Tochterfirma der Konzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall kümmert sich die Gesellschaft für Nuklear-Service um die komplette Entsorgung des Atommülls aus den deutschen Kernkraftwerken und ist dabei auch zuständig für die umstrittenen Castor-Transporte. GNS-Chef Hannes Wimmer äußert sich im Gespräch mit Ulf Meinke dazu, wie es für das Unternehmen nach dem Atomausstieg weitergeht.

Wann rollen wieder Castor-Behälter durch die Republik?

Wimmer: Die Entscheidung liegt nicht bei uns. Wir liefern die Behälter mit der entsprechenden Technologie und organisieren den Transport. Die bekanntesten waren sicher die zwölf Castor-Transporte aus dem französischen La Hague in unser Zwischenlager in Gorleben zwischen 1996 und 2011. Es lagern noch einige Castor-Behälter in den Wiederaufarbeitungsanlagen im britischen Sellafield und in La Hague, die irgendwann nach Deutschland gebracht werden müssen. Diese Transporte werden aber nicht mehr nach Gorleben gehen, sondern an Kraftwerksstandorte.

Ist ein Transport angesichts der terroristischen Bedrohungen realistisch?

Wimmer: Deutschland ist per Staatsvertrag verpflichtet, die Castor-Behälter wieder zurückzuführen. Die Behälter sind sicher konstruiert und die Absicherung der Transporte erfolgt in enger Zusammenarbeit der Sicherungsbehörden.

Bislang ist aber völlig unklar, wo das Endlager für den hochradioaktiven deutschen Atommüll entstehen soll und wann es in Betrieb gehen könnte. Ihr Unternehmen GNS war über die Tochterfirma DBE an der Erkundung des Standorts Gorleben beteiligt. Wäre der Salzstock unter Tage ein geeigneter Ort für ein Endlager?

Wimmer: Ein Gremium von 80 Wissenschaftlern hat sich intensiv mit dieser Frage befasst und ist zur Einschätzung gelangt, dass grundsätzlich nichts gegen die Einlagerung in Gorleben spricht. DBE hat mittlerweile einen fünf Kilometer-Radius unter der Erde erkundet. Unsere Castor-Behälter wären für den Salzstock geeignet. Allerdings ist mit dem von der Politik ja gerade erst neu gestarteten Suchprozess bei der Endlagersuche wieder alles offen.

Aller Voraussicht nach wird künftig der Staat – und nicht mehr die Energiewirtschaft – für die End- und Zwischenlager verantwortlich sein. Was wird dann aus Ihrer Tochterfirma DBE, die sich derzeit mit rund 800 Mitarbeitern und rund 150 Millionen Euro Jahresumsatz um den Bau und Betrieb von Endlagern kümmert?

Wimmer: Wir befinden uns seit einigen Tagen in Verkaufsverhandlungen mit dem Bundesumweltministerium. Unser Ziel ist es, bis Ende des Jahres zu einer Einigung zu kommen.

Wie wird sich das Unternehmen GNS im Zuge des geplanten Atomausstiegs verändern?

Wimmer: Unsere Aufgabe, für eine sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu sorgen, ist weiterhin aktuell. Neben unserer Tätigkeit in Deutschland sind wir auch international aktiv – etwa beim Bau von Castor-Behältern für schweizer und tschechische Kernkraftwerke oder auch der Abfallbehandlung in England. Das Auslandsgeschäft wollen wir weiter ausbauen. Im Fokus sind unsere europäischen Nachbarländer sowie China, Japan und Korea.

GNS beschäftigt bundesweit rund 650 Mitarbeiter – ohne die 800 DBE-Beschäftigten. Brauchen Sie wegen der absehbaren Stilllegung aller deutschen Atomkraftwerke mehr oder weniger Mitarbeiter?

Wimmer: Das wird sich zeigen, auch im Zusammenspiel mit der Politik. Klar ist: Die beim Rückbau noch über viel Jahre anfallenden Abfälle müssen sicher und umweltfreundlich entsorgt werden. Die Kompetenz für diese Aufgabe liegt bei uns.

In Mülheim befindet sich das GNS-Werk für die Fertigung von Castor-Behältern. Wie lange werden an dem Standort noch Behälter gebaut?

Wimmer: Für Deutschland werden wir noch rund zehn Jahre Castor-Behälter herstellen. Das lässt sich gut absehen, da wir wissen, wie viele gebrauchte Brennelemente in den Kernkraftwerken noch anfallen. Für unsere ausländischen Kunden läuft die Produktion weiter. Derzeit fertigen wir etwa 80 Behälter pro Jahr.

Im Duisburger Stadtteil Wanheim verarbeitet GNS schwach- bis mittelradioaktive Abfälle aus deutschen Kernkraftwerken. Das Werk ist politisch umstritten, da Wohngebiete relativ nah sind.

Wimmer: Wir haben bereits angekündigt, dass wir die Anlage im Jahr 2019 schließen werden. Mit den entsprechenden Rückbaumaßnahmen haben wir bereits begonnen. Aufgrund der zurückgehenden Abfallmengen aus dem Betrieb der Kernkraftwerke kommen wir künftig mit unserem zweiten Bearbeitungsstandort in Jülich aus.

Der Castor ist ein Symbol für die deutsche Atomindustrie. Wundern Sie sich manchmal darüber, dass ausgerechnet dieses Produkt derart politisiert wird?

Wimmer: Der Castor ist nicht nur ein erstklassiges Produkt, sondern er steht in gewisser Weise auch für die gesellschaftliche Auseinandersetzung um die Kernenergie. Dass dies so gekommen ist, war sicherlich nicht unsere Intention. Aber wir sind durchaus stolz, dass eine der bekanntesten Marken Deutschlands zu unserem Unternehmen gehört.