An der Ruhr-Universität Bochum startet der bundesweit erste Studiengang zur Ausbildung von Vertriebsleitern. Kampf gegen einen Fachkräftemangel.
Bochum.
Der Vertrieb wird für Unternehmen immer bedeutsamer. Nach Einschätzung von Wirtschaftsprofessoren der Ruhr-Universität Bochum zeichnet sich in den Verkaufsabteilungen bereits ein Fachkräftemangel ab. Dem will die Hochschule begegnen und richtet zum Sommersemester 2016 den Masterstudiengang Sales Management ein.
„In Deutschland arbeiten vier Millionen Menschen im Vertrieb. In diesem Bereich gibt es einen unglaublich großen Nachwuchsbedarf“, sagt Jan Wieseke, der gemeinsam mit Christian Schmitz die Abteilung Sales & Marketing an der Ruhr-Uni leitet. Aus einer Umfrage unter 510 Führungskräften deutscher Unternehmen wissen die beiden Professoren, dass 46 Prozent der Vertriebsmanager bis zum Jahr 2020 eine Vergrößerung ihrer Vertriebsmannschaft um bis zu 30 Prozent und mehr planen. 63 Prozent sind der Überzeugung, dass es bis dahin „wesentlich schwieriger“ werde, Führungskräfte für den Vertrieb zu finden.
Bewerbungsfrist für Studiengang ist am 15. Januar
Aus diesem Grunde hat sich die Hochschule entschlossen, in Bochum einen entsprechenden Studiengang einzurichten. „Wir sind die erste Universität in Deutschland, die einen Masterstudiengang für zukünftige Führungskräfte im Vertrieb anbieten wird“, so Christian Schmitz. Interessenten können sich bis zum 15. Januar in Bochum bewerben. Pro Jahr gibt es 30 Studienplätze. Der Masterstudiengang Sales Management dauert vier Semester und schließt sich an eine wirtschaftswissenschaftliche Bachelor-Ausbildung an.
„Gute Verkäufer sind nicht unbedingt gute Vertriebsleiter“, gibt Jan Wieseke einen Einblick in die Zielsetzung, die der neue Studiengang verfolgt. In der Lehre wollen die Professoren vermitteln, dass der Vertrieb eine Schlüsselfunktion für den Unternehmenserfolg habe. „Wir wollen die Studierenden systematisch auf ihre Führungsposition vorbereiten, indem sie praktische Erfahrung durch Konzepte, Methoden und Werkzeuge ergänzen“, so Christian Schmitz.
Mangelndes Kundenverständnis
Aus ihrer Studie wissen die Professoren, wo bislang die größten Defizite frisch eingestellter Vertriebsleiter liegen. Mehr als die Hälfte der befragten Führungskräfte beklagen mangelndes Kundenverständnis, schlechte Beziehungspflege zu Kunden und eine unzureichende Wettbewerbsanalyse. Bei den allgemeinen Fachkompetenzen vermissen 69 Prozent bei den Nachwuchskräften strategisches Handeln und 60 Prozent die Fähigkeit zur kreativen Problemlösung. Die Module des neuen Studiengangs sollen diese und weitere Defizite ausgleichen.
Wie sich Fehleinschätzungen von Verkäufern in der Autobranche auswirken können, schildern Wieseke und Schmitz in ihrer jüngsten Studie. Danach gewähren Verkäufer für ein neues Auto häufig höhere Preisnachlässe, als der Kunde erwartet. Die Auswertung von rund 500 realen Verkaufsgesprächen ergab, dass eine „auf die individuellen Kundenbedürfnisse zugeschnittene Verkaufsstrategie“ im Schnitt zu fast zwei Prozent weniger Preisnachlass führe. Schlecht für den Kunden, aber gut für das Unternehmen, das dadurch seine Marge erhöht.
Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, die Ursachen für die meist unter Zeitdruck entstehenden Fehleinschätzungen gefunden zu haben. So nähmen Verkäufer bei älteren Kunden an, dass diesen der Preis für ein Auto weniger wichtiger ist als jüngeren. Die Studie kommt dagegen zu dem Schluss: „Je besser der Kunde über das Produkt informiert ist, desto weniger relevant ist der Preis für die Kaufentscheidung.“ Das Alter spiele also kaum eine Rolle. Wieseke und Schmitz raten den Verkaufsleitern deshalb, ihre Verkäufer für „typische Fehleinschätzungen“ durch Schulungen zu sensibilisieren.