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„Nicht nur die Bäume kosten“ – Städte begründen Forderungen

„Nicht nur die Bäume kosten“ – Städte begründen Forderungen

2000 Euro für einen neuen Baum: Die NRW-Grünen glauben, dass einige NRW-Städte nach dem Pfingstunwetter bei den Schadensmeldungen übertreiben. Das sei „maßlos“ und „nicht anständig“, sagte Fraktionschef Rainer Priggen. Im Visier hat er Bochum, Essen und Mülheim. Doch die Städte wehren sich jetzt.

Düsseldorf/Bochum/Mülheim. 

Im Streit um hohe Schadenssummen nach dem Pfingststurm weisen die Städte die Kritik der Grünen im Landtag zurück, ihre Hilfsforderungen seien überzogen. „Wir wollen uns da keineswegs bereichern. Der Sturm hat Schneisen der Verwüstung geschlagen – bei uns eben besonders“, sagte Bochums Stadtsprecher Thomas Sprenger. Im Stadtgebiet müssten 2500 Bäume ersetzt werden.

„Die Kosten, die entstehen, gehen weit über einen neuen Baum hinaus, das kann bis zu 4000 Euro pro Straßenbaum sein“, so Sprenger. Die Bäume müssten gefällt, Wurzelwerk entfernt, die Pflanzgrube aufbereitet und zerstörte Bürgersteige oder Straßen rund um den Baum repariert werden. Auch die Stadt Mülheim verteidigte ihre Angaben: „Wir haben exakt kalkuliert“, sagte Mülheims Stadtsprecher Volker Wiebels. Hier würden knapp 1100 pro Baum kalkuliert, um das Stadtbild wieder herzurichten.

„Maßlos und nicht mehr anständig“

Grünen Fraktionschef Reiner Priggen hatte gegenüber unserer Redaktion die Schadensmeldungen als „maßlos“ und „nicht mehr anständig“ kritisiert. „Mich ärgert, dass das Kabinett finanzielle Unterstützung signalisiert und dann Forderungen kommen in einer Größenordnung, die nicht mehr anständig sind“, sagte er.

Nach einem Bericht des Innenministeriums wurden aus allen fünf Regierungsbezirken bisher Schäden von insgesamt 220 Millionen Euro gemeldet. Allein der aus Bochum angegebene Schaden betrug 51,5 Millionen Euro, davon 50 Millionen Euro für die „Kompensation“ von Schäden an Bäumen. Essen benannte 40 von 63,3 Millionen Euro für Baumschäden, Mülheim 22 von 28,8 Millionen.

Der Hilfsfonds soll auch für künftige Stürme reichen

Priggen kritisierte, die Stadt Essen habe für 20 000 Bäume je 2000 Euro berechnet. „Soviel Geld kosten neue Setzlinge nicht annähernd“, sagte er. Auch nach dem verheerenden Unwetter Kyrill sei „nicht jeder einzelne Baum vergoldet worden“. Da sich Stürme wie „Ela“ jederzeit wiederholen könnten, sei das Land außerdem gehalten, mit seinem Hilfsfonds Maß zu halten.

Auch der Bericht des Innenministers vermerkt kritisch die „deutliche Tendenz“, dass von den Städten „die höchste Schadensposition für die Beseitigung und Neuanpflanzung“ zerstörter Bäume angesetzt wird. In den betroffenen Kommunen entfalle die Hälfte der geschätzten Schäden auf die Grünflächenämter. Priggen regte mehr Eigenintiative wie die Aktion „WAZ pflanzt Bäume“ an, die seine Fraktion mit einer Baumspende für Essen unterstützen will.

Genaue Zahlen gibt es noch nicht

Die genaue Höhe ihres Hilfsfonds will die Landesregierung erst festlegen, wenn ihr aus den Kommunen „belastbare Daten“ und eine umfassende Bestandsaufnahme vorliegen. Mit Hilfe des Fragebogens, der kommende Woche an die Städte verschickt wird, soll der Schaden zuverlässiger eingeschätzt werden können. Grundsätzlich ist Finanzhilfe auch bei Schäden an der Verkehrsinfrastruktur wie Straßen, Gehwegen oder Verkehrsampeln möglich, an städtischen Gebäuden wie Schulen oder Kitas sowie dem Kanalnetz.

Das Land verspricht „unbürokratische Hilfe“. Am Mittwoch will Innenminister Ralf Jäger (SPD) den Landtag über das Ausmaß der Unwetterfolgen unterrichten.