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Wasser, Sand und viel Charme im kleinen Freibad Steele

Wasser, Sand und viel Charme im kleinen Freibad Steele

Sommerzeit ist Ferienzeit ist Badezeit. Essener Wasserratten können zwischen fünf Freibädern wählen. In einer neuen Serie unterziehen wir diese Bäder einem Check. Als erstes Bad nehmen wir „Steele 11“ unter die Lupe, das am Ruhrufer gelegene Familienbad, das besonders beliebt ist bei Stammgästen.

Essen. 

Wir nehmen die fünf Freibäder in einer neuen Serie unter die Lupe. Los geht’s mit „Freibad pur“ im kleinen Steeler Bad.

Der erste Eindruck

Ein Schotterparkplatz an der Westfalenstraße mit großen Pfützen. Na ja. Dafür eine Lage zum Zunge-Schnalzen: Das Bad liegt genau zwischen Ruhrtalwanderweg und der Ruhr, die hier einen weichen Bogen beschreibt. Schwimmerherz, was willst du mehr! Es ist Montagfrüh, 9.30 Uhr, ein durchwachsener, noch bewölkter Sommertag. Luft 20,5 Grad. Von Andrang an der Kasse – logisch – keine Spur.

Die Leute von „Steele 11“

Heute im Dienst: Franz-Josef Prothmann (Kasse), Margret Berkelmann und Hermann Bösing – allesamt Ehrenamtler vom Schwimmverein Steele 11, der das städtische Bad schon seit Jahrzehnten gepachtet hat. „Ich erledige hier seit 52 Jahren alles“, sagt Bösing (72), braungebrannt und die gute Seele des Hauses. Das Badteam ist freundlich und locker, hilfsbereit und aufmerksam, zur Not aber auch sehr streng. Darüber später mehr.

Umkleide, Dusche & Klo

Die gute Nachricht vorweg: Es ist alles vorhanden. Wer sich hingegen überwiegend in Wellness-Tempeln bewegt, erlebt jetzt einen jähen Kulturschock. Die Männerumkleide hinterm Plastikvorhang ist duster, klein und nur mit zwei alten Holzbänken sowie einigen Kleiderhaken möbliert. Bei den Damen sieht’s genauso spartanisch aus, aber Gudrun Dill, seit fünf Jahren Stammgast, sagt: „Das stört mich überhaupt nicht.“ Und die Reinigung? Warmduschen? Fehlanzeige. Den kalten Strahl gibt’s erst unmittelbar vorm Schwimmbecken. Fürs dringende Bedürfnis hat die Stadt einen Container aufgestellt. Kurzum: Das Sanitäre ist zwar ziemlich alt und minimalistisch, aber picobello sauber. Ein absolutes „Alleinstellungsmerkmal“: In den Umkleiden nisten Schwalbenfamilien – bei den Damen, sagen sie, zwitschere schon die zweite Brut im Nest.

Das Wasser

Heute wohlige 25 Grad. Das einzige Becken ist so wie das ganze Bad: übersichtlich. In Metern ausgedrückt: 8 mal 25 und maximal 1,40 tief. „Ich bin seit 25 Jahren Stammgast und komme seit zehn Jahren bei Wind und Wetter“, sagt Rüdiger Rehberg (70) aus Freisenbruch, der jeden Tag 2,5 Kilometer schafft. „Du schwimmst voll in der Natur direkt an der Ruhr, es ist ein Familienbad, nette Leute, nettes Personal – wo gibt’s sowas sonst noch?“. Oleksandar Schunkow, der ukrainische Boxtrainer, zieht mit einem Schützling, seine Bahnen und sagt knapp: „Ein Traum.“ Das Becken wird jeden Morgen gesaugt, die Pumpe läuft rund um die Uhr. „Früher haben wir das Wasser aus der Ruhr gesaugt, jetzt ist es reiner Kranberger“, sagen sie.

Die Aufpasser

. . . kennen – wenn’s drauf ankommt – kein Pardon. „Duschen vorm Schwimmen ist absolute Pflicht“, betont Hermann Bösing. Unterwäsche unterm Badeanzug? Geht gar nicht. Überhaupt: Krawalltypen sind unerwünscht. Drei Mal werde verwarnt, beim vierten Mal durchgegriffen. Dann heißt es „Anziehen und raus!“. Bösing: „Wer sich hier nicht benimmt fliegt raus, das hat sich längst herumgesprochen.“ Der Vorteil: Das Steele-11-Team kann auf teure Security verzichten.

Rund ums Becken

Die Liegewiese (9500 qm) ist saftig grün und frisch gemäht, Laubbäume spenden Schatten, leider hat der Pfingstorkan drei Prachtexemplare umgehauen. Charmant: die kleine „Beach-Area“ am Ufer. Sie besteht aus 27 Tonnen weißem Sand, Palmen sowie Tropenholzbänken zum Sitzen, Chillen, Sonnetanken. Wen die Sonne so sehr piekt, dass er in einem Hechtsprung in die Ruhr eintauchen möchte, ist auf dem falschen Dampfer. Hier darf nur in Chlorwasser gebadet werden.

Leib & Seele

Leider hat sich die Gastronomie aus dem Mitteldeck des Vereinsheims verabschiedet. Nun sorgt Susi mit ihrem Büdchen im Erdgeschoss an warmen Tagen fürs leibliche Wohl der Gäste. Geboten werden Freibad-Klassiker wie Bratwurst und Currywurst-Pommes-Mayo, Eiscreme und Süßigkeiten, Limonaden und gekühltes Bier. Ein netter Service für die 100 bis 200 Stammgäste, überwiegend Frühschwimmer: Das Badpersonal reicht ihnen gern einen Pott Kaffee, wenn das Tagespensum im kühlen Nass absolviert ist. Die Kaffeekasse speist sich übrigens aus freiwilligen Spenden. Aufsicht Pierre Katz: „Die meisten geben dreißig oder vierzig Cent.“ Regelmäßig treffen sich Badegäste und Vereinsleute zum gemeinsamen Frühstück.

Fassungsvermögen

Steele ist das kleinste aller Bäder. Schon mit 2000 Gästen stößt das Familienbad an seine Kapazitätsgrenzen. Dementsprechend niedrig fallen die jährlichen Besucherzahlen aus. 2011 kamen 20.770, 2012 waren’s gut 18 000 und 2013 registrierten sie 27.100.

Freund und Feind: der Fluss

Die Ruhr sorgt für eine malerische Kulisse. Immer wieder kommen Hechte, Forellen und Karpfen hoch und schnappen Luft. Doch manchmal wird die Ruhr böse und wirft sich aus ihrem Bett. So verschlingt sie jeden Winter die Beach-Area und dringt mitunter sogar ins Vereinsheim ein. „Unten renovieren lohnt sich deshalb gar nicht“, sagen sie. Manchmal gibt’s sogar im Sommer Hochwasser – wie im August 2007.

Fazit

Ein kleines Freibad mit viel Flair: Familiäre Atmosphäre, nettes Team und zauberhafte Lage direkt am Ruhr-Ufer; ideal für Leute, denen „Bad pur“ ohne Schnickschnack völlig ausreicht.

Aber: Geringer Komfortfaktor. Ein Bad ohne Warmdusche könnte den einen oder anderen fernhalten; Menschen mit Behinderung stoßen leider vor Barrieren.

Alle Folgen des Freibad-Checks finden Sie hier.