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Von der „B.M.V.“ ins Schulministerium

Von der „B.M.V.“ ins Schulministerium

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Foto: Remo Bodo Tietz; NRZ

Sylvia Löhrmann, die in Essen geboren wurde und aufwuchs, ist seit heute NRW-Schulministerin. Sie wird sich stark machen für eine „Gemeinschaftsschule“. Dabei hat Löhrmann selbst früher eine katholische Privatschule besucht, die „B.M.V.“ in Holsterhausen.

Das Kürzel steht für „Beatae Mariae Virginis“. Es ist das Mädchengymnasium des Ordens der Augustiner-Chorfrauen, die einen Teil des Lehrpersonals stellen. „Nonnenschule“, heißt es gerne etwas spöttisch. Selbst Privatschule, jetzt Gemeinschaftsschule: Man könnte fragen: Wie geht das zusammen?

Aufgewachsen ist die 53-Jährige Löhrmann in Bergeborbeck. „Da ging es schon mal etwas ruppig zu.“ Entsprechend habe sie die spätere Zeit auf dem Mädchengymnasium als „gewissen Schonraum“ empfunden. Von 1966 bis 1975 besuchte sie diese Schule, und das mit aller Entschiedenheit: 1970 zog die Familie nach Witten, doch Sylvia Löhrmann wollte um jeden Preis an der „B.M.V.“ bleiben. „Deshalb bin ich dann täglich zwei Stunden Bus und Bahn pro Strecke gefahren, mit dreimal Umsteigen.“ Diese Anekdote veranlasste die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zu der Mutmaßung, dass die Politikerin schon immer gewusst hat, was sie will. Das Porträt trug die Überschrift „Die Kraftstrotzende“.

An der B.M.V. nimmt man die Geschichte vom langen Schulweg aus Witten mit Respekt zur Kenntnis. „Es ist in der Tat erstaunlich“, sagt Schulleiterin Schwester Ulrike Michalski, „dass eine Zwölfjährige so durchsetzungsstark ist.“ Ulrike Michalski ist Sylvia Löhrmann später einige Male begegnet. Von Stolz, die neue Schulministerin als B.M.V.-Ehemalige bezeichnen zu können, möchte die Ordensschwester aber nicht sprechen. „Als Mädchengymnasium sind wir grundsätzlich positiv davon berührt, wenn Frauen in öffentlichen Ämtern Verantwortung übernehmen.“ Die Schwester verweist darauf, dass sie persönlich zur Politik im Allgemeinen und zur Schulpolitik im Besonderen „eine andere Einstellung als Frau Löhrmann“ habe, „das ist ja bekannt“. Und trotzdem betont Schwester Ulrike, dass sie Sylvia Löhrmann und die Grünen als „offene, faire Partner“ kennengelernt habe, „die zuhören konnten“. Anfang des Jahrzehnts durchlebte die Schule eine finanzielle Krise. Man suchte das Gespräch mit Verantwortlichen aus Politik und Gesellschaft. Löhrmann kam und hörte zu, immerhin.

Der hervorragende Ruf der B.M.V.-Schule steht ein wenig im Missverhältnis zu ihrer äußeren, unauffälligen Erscheinung. Einzig der kreisrunde Turm des Schul- und Kloster-Gebäudes ist ein weithin sichtbares Zeichen mitten in Holsterhausen. Anders als das Werdener Mädchengymnasiums des Bistums kann die Ordens-Schule nicht mit einem spektakulären, preisgekrönten Neubau aufwarten.

Trotzdem kommen seit Jahr’ und Tag Mädchen auch aus Oberhausen oder Bochum zur „B.M.V.“ Religion, katholisch oder evangelisch, ist Pflichtfach bis zum Abitur. Erklärtes Ziel der Schulleitung ist es, dass die Schülerinnen sich sozial engagieren. Bemerkenswert sind ein paar Grundsätzlichkeiten im Selbstverständnis der Schule. Von „Realitätssinn“ und gleichzeitig von „geistiger Weite“ ist die Rede.

„Die B.M.V. ist eine soziale Schule, keine Elite-Einrichtung“, lobt Sylvia Löhrmann. Deshalb passe ihre Biografie und ihr jetziges schulpolitisches Engagement zusammen: „Wir propagieren keine Einheitsschule, sondern eine Schule, die alle Kinder bestmöglich fördert. Außerdem wollen wir doch ausdrücklich die Gymnasien mit einbeziehen in die Schulentwicklung.“