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Stadtwerke-Chef setzt auf Lokalpatriotismus der Essener

Stadtwerke-Chef setzt auf Lokalpatriotismus der Essener

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Foto: WAZ FotoPool
Stadtwerke-Vorstand Peter Schäfer über den Sparzwang und die Hilfe von Beratern, das gedrosselte Sponsoring und seine Preispolitik.

Essen. 

Herr Schäfer, der Sommer ist sehr warm und auch der Winter war recht mild. Der Gas-Verkauf dürfte Ihnen bislang wenig Freude machen.

Peter Schäfer: Auch wenn Sie überrascht sind, aber wir liegen dieses Jahr im Mittel. Uns als Gasversorger ist es im Grunde egal, ob draußen 20 Grad herrschen oder 30. Denn die Leute heizen dann so und so nicht mehr. Die heißen Monate Juni und Juli waren für den Gasabsatz also nicht entscheidend. Viel stärker hat uns das vergleichsweise warme Jahr 2014 getroffen, in dem wir im Vergleich zum Vorjahr rund 23 Prozent weniger Gas verkauft haben.

Dennoch haben die Stadtwerke den Gewinn gesteigert. Wie haben Sie die Absatz-Verluste im wichtigen Gasgeschäft ausgeglichen?

Schäfer: Wir haben vor allem unsere Kosten auf den Prüfstand gestellt. Alles in allem sparen wir damit etwa eine Million Euro. Auch unsere neue Beteiligung an der Gas-Union brachte eine halbe Million Euro ein.

Wo genau haben Sie den Rotstift angesetzt?

Schäfer: Es gab viele einzelne Punkte. Wir haben zum Beispiel die Reinigungszyklen in unserem Haus gestreckt, haben Mitgliedschaften in Verbänden gekündigt und unser Sportsponsoring im Durchschnitt um 25 Prozent reduziert. Wir werden den Kurs fortsetzen und starten jetzt ein Optimierungsprogramm, bei dem externe Berater sich unsere Kosten anschauen. Um es jedoch klar zu sagen, wir sind kein radikaler Sanierungsfall. Aber wir wollen der Stadt auch in Zukunft einen ordentlichen Ergebnisbeitrag liefern.

Preissenkungen bei der Stadtwerke

Sind externe Berater noch vertretbar, nachdem bekannt wurde, wie viel Geld bestimmte Berater mit Stadttöchtern gemacht haben?

Schäfer: Zunächst handelt es sich nicht um das Beratungsunternehmen, das zuletzt in den Schlagzeilen stand. Außerdem ist die Summe, die wir dafür ausgeben, überschaubar. Ich halte es allerdings für wichtig, externen Sachverstand hin und wieder hinzuziehen. Denn ein Externer kann uns besser sagen, wo wir im Vergleich mit Wettbewerbern stehen.

Andere Stadtwerke haben Preissenkungen für 2016 angekündigt. Was machen die Stadtwerke Essen. Könnten Sie sich angesichts der Haushaltssituation überhaupt erlauben, Preise zu senken?

Schäfer: Es stimmt, dass die Handelspreise leicht gesunken sind. Auf der anderen Seite rechne ich mit höheren Netzentgelten, so dass sich beide Effekte am Ende wohl aufheben werden. Ich gehe davon aus, dass wir 2016 die Preise weder senken noch erhöhen werden. Aber eine Entscheidung dazu wird erst fallen, wenn wir sauber gerechnet haben.

Im Vergleich zu anderen Anbietern sind die Gastarife der Stadtwerke recht hoch. Womit wollen Sie Kunden überzeugen, Kunde zu bleiben bzw. zu werden?

Schäfer: Wenn wir den Anspruch hätten, in den Vergleichsportalen immer die günstigsten zu sein, dann wären wir defizitär. Das ist aber nicht unser Maßstab. Wir vergleichen uns beim Gaspreis mit den umliegenden lokalen Versorgern und da stehen wir gut da. Man sollte außerdem bedenken: Jeder, Kunde der bei uns Strom oder Gas kauft, entlastet indirekt den kommunalen Haushalt und unterstützt somit seine Stadt.

Aber warum sollte ich als Essener mehr für Gas und Strom bezahlen, wenn man auf der anderen Seite sieht, wie die Stadt zum Teil mit dem Geld der Bürger umgegangen ist?

Schäfer: Stichwort Stadion. Es ärgert mich auch, wenn wirklich etwas falsch gelaufen ist. Aber das ist doch unabhängig davon. Es bleibt Ihre Stadt und Ihr Stadtwerk.

Stadtwerke-Essen-Chef Peter Schäfer über Gas- und Strom-Strategien 

Sie haben die Tarifstruktur geändert und die Marke „EssenGas“. eingeführt. Wie viele Kunden haben die Stadtwerke verloren?

Schäfer: Etwa vier Prozent. Wenn man jedoch bedenkt, dass wir pro Jahr im Durchschnitt zwei Prozent verlieren, dann hält sich der „EssenGas“-Effekt in Grenzen. Unsere Hoffnung ist nun, dass wir mit der neuen Marke besser werben können. Denn wir haben jetzt ein eindeutiges und einfaches Preissystem und können mit „EssenGas“ deutlicher machen, dass wir der Versorger dieser Stadt sind.

Auch beim Strom ändern Sie die Tarifstruktur. Allerdings dümpelt dieses Geschäft seit Jahren vor sich hin.

Schäfer: Sie haben recht, dass das Geschäft bislang nicht zufriedenstellend ist. Wir arbeiten hier noch nicht kostendeckend. Und wenn wir in zwei bis drei Jahren keine Aussicht auf eine schwarze Null sehen, werden wir darüber nachdenken, wie wir das Stromgeschäft abwickeln. Aber im Moment glauben wir daran, dass es uns gelingen kann, das Geschäft in die schwarzen Zahlen zu bringen.

Stadtwerke will mehr Kunden

Wie wollen Sie ausgerechnet vor der Haustür von Platzhirsch RWE mehr Kunden gewinnen?

Schäfer: Wir wissen natürlich um die starke Stellung von RWE. Unser Argument ist aber hier ähnlich wie bei „EssenGas“. Wir sind der Versorger dieser Stadt und werden zum Jahreswechsel zusätzlich eine Marketingkampagne starten, um genau diese Botschaft zu transportieren.

Planen Sie eine Ausweitung des Vertriebsgebiets über die Stadtgrenzen hinaus?

Schäfer: Nein. Unser Fokus liegt in Essen. Wir verkaufen zwar hin und wieder auch außerhalb des Essener Stadtgebietes- aber nur dann, wenn es auch wirtschaftlich ist. Wir wollen nicht Kundenzahlen um jeden Preis präsentieren.