Immer mehr Flüchtlinge strömen nach Deutschland. Auch in Essen reichen die Plätze in den Asylbewerberheimen nicht mehr aus. Nun müssen Standorte für Dauerunterkünfte festgelegt werden. Ein heikles Thema, das der Stadtrat aber auf den September verschoben hat.
Essen.
Das Asyl-Paket zählt zu den heißesten Eisen, die der Rat anfassen muss. Die kniffeligste Entscheidung – nämlich wohin mit den Dauerunterkünften – haben die Ratsleute gestern jedoch auf die erste Sitzung nach der Sommerpause vertagt. Beschlossen wurde quasi vorsorglich der „Erwerb von Containergebäuden als Unterkünfte für Asylbewerber mit einer Gesamtkapazität von 840 Plätze“.
OB Reinhard Paß erinnerte an die Skepsis, die so mancher Essener den Neuankömmlingen entgegenbringe. Doch demonstrativ brach er eine Lanze für jene, die bei ihrer Flucht „weite Wege und Strapazen“ auf sich nähmen: „Vor ihrem Leid dürfen wir die Augen nicht verschließen.“ Das Betreuungskonzept der Stadt ziele ab auf ein „friedliches Zusammenleben“. Es dürfe nicht ständig zwischen Ihr und Wir unterschieden werden.
Verschiebung des Gesamtpaketes kostet 820.000 Euro
Momentan verfügt die Stadt über 1080 Plätze für Asylbewerber. Viel zu wenig angesichts des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen. Nun sollen die fehlenden 840 Plätze zunächst provisorisch in gemieteten Containern an folgenden Standorten geschaffen werden: 330 Plätze in drei Schulgebäuden (Tiegelstraße, Hatzperstraße, Kapitelwiese) dienen. Sowie 510 neue Plätze an der Papestraße, Rauchstraße, Kutel-Gelände, Hatzper Straße. Wegen der Verschiebung des Gesamtpakets um drei Monate, entstünden höhere Mietkosten von 820.000 Euro, rechnete Baudezernentin Simone Raskob vor.
Das gesamte Asyl-Paket wäre mit rund 34 Millionen Euro etwa 20 Millionen günstiger gewesen als die früheren Pläne der Verwaltung. SPD und CDU, „die große Koalition“, lobte den Vorschlag aber nicht nur deswegen. „Da stimmt die soziale Balance in der Stadt“, sagte Karlheinz Endruschat, sozialpolitischer Sprecher der SPD. Eine Anspielung darauf, dass künftig auch der Süden verstärkt Flüchtlinge aufnehmen soll. Dem Vorwurf der Linken, Flüchtlinge müssten in Essen unter „menschenunwürdigen Verhältnissen“ leben, trat Dirk Kalweit (CDU) entschieden entgegen. Beide, Kalweit und Endruschat, hoben die „außerordentlich guten Erfahrungen“ mit dem Behelfsheim in der Dilldorfschule hervor.
„Unzumutbare Entfernung“ ist Kritikpunkt
Asyl-StandorteEin weiterer Kritikpunkt von Grünen und Linken: die ihrer Ansicht nach unzumutbare Entfernung des alten Kutel-Geländes. Doch auch hier widersprach der SPD-Mann: „In Karnap müssen sie ebenfalls eine halbe Stunde auf den nächsten Bus warten.“
Der kontroversen Asyl-Debatte ging eine Personalentscheidung voraus, die von großer Einmütigkeit geprägt war: Stadtdirektor Hans-Jürgen Best wurde mit 73 Ja-Stimmen für weitere acht Jahre im hohen Amt bestätigt.