Dirk Hartmann, Philosophie-Professor und Dekan der Fakultät für Geisteswissenschaften, hat nach dem Plakat-Eklat an der Uni Duisburg-Essen erstmals Fehler zugegeben. Er sagt: „Die Polizei hätte eingeschaltet werden müssen.“ Die Ausstellung vorzeitig zu beenden, hält Hartmann aber für „nachvollziehbar“.
Essen.
In der Plakat-Affäre an der Uni Duisburg-Essen hat erstmals ein ranghoher Wissenschaftler Fehler eingeräumt. Dirk Hartmann, Philosophie-Professor und Dekan der Fakultät für Geisteswissenschaften, erklärt: „Die Polizei hätte eingeschaltet werden müssen.“
Hartmann ist als Dekan Chef von 13 geisteswissenschaftlichen Instituten, zu denen auch die Anglistik zählt. Ein Anglistik-Seminar hatte die Ausstellung konzipiert, die Bilder und Montagen von anspruchsvollen Comics („Graphic Novels“) mehrere Wochen lang im Foyer der Bibliothek ausgestellt hatte. Es handelte sich um studentische Arbeiten. Sie erhielten dafür Leistungsnachweise.
Muslimische Doktorandin fiel nicht nur einmal auf
Eine muslimische Doktorandin hatte sich mehrfach über Motive beschwert; sie würden ihre „religiösen Gefühle“ verletzen. Zweimal hängte die Frau jeweils ein Bild ab, eins davon zerschnitt sie mit einer Schere, die im Uni-Foyer lag, und überreichte die Schnipsel der Leitung der Uni-Bibliothek. Die Schau wurde daraufhin wenige Tage vor ihrem offiziellen Ende vorzeitig abgehängt.
Die Uni-Leitung plant derzeit keine juristischen Schritte gegen die Doktorandin, die dem Vernehmen nach bereits in der Vergangenheit einmal Irritationen ausgelöst hatte, weil sie nach einem Referat öffentlich erklärte, ihr Vortrag sei Allah gewidmet.
Der Fall soll rekonstruiert werden
„Die Entscheidung, die Ausstellung vorzeitig zu beenden, ist sicherlich in einer erhitzten Atmosphäre zustande gekommen“, sagt Dirk Hartmann. „So gesehen, ist sie nachvollziehbar, weil es tatsächlich darum gehen muss, Bibliotheks-Mitarbeiter vor Gewalt zu schützen.“ Aber: „Es ist nicht richtig, keine Strafanzeige folgen zu lassen“, betont Hartmann. Die gesamte Fakultät erleide Schaden unter diesem Vorgang. Mittlerweile haben auch viele überregionale Zeitungen über den Fall berichtet. „Wir können und dürfen uns bei solchen Sachen nicht wegducken, wir stehen auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, sagt Hartmann. „Es geht nicht allein um Sachbeschädigung, es geht um die aktive Unterdrückung der Freiheit. Das ist nicht hinnehmbar.“ Der Fakultätsrat wird sich Mitte des Monats mit dem Vorgang ausgiebig beschäftigen. „Wir werden den Fall rekonstruieren“, kündigt Hartmann an.
Immer noch gebe es widersprüchliche Aussagen. Zwar war der Leiter des Anglistik-Instituts, Christoph Heyl, zuletzt mit den Worten zitiert worden, der vorzeitige Abbruch sei als Protest gegen die erfolgte Teil-Zensur zu verstehen. Im Institut hält man den Vorgang jedoch trotzdem für „skandalös“. Das geht aus einem internen Schreiben des Instituts an den Uni-Rektor hervor, das dieser Zeitung vorliegt. „Eine Universität darf sich unter keinen Umständen von einer fundamentalistischen Richtung vereinnahmen lassen.“