Etwa jede zweite Schule in Essen hat zu wenig Lehrer. Vier von zehn Klassen haben 30 Schüler und mehr. Das geht aus aktuellen Statistiken des Schulministeriums hervor. Besonders die 14 städtischen Realschulen sind davon betroffen.
Essen.
Etwa jede zweite Schule in Essen hat zu wenig Lehrer. Entsprechend sind vielerorts die Klassen deutlich zu groß. Das geht aus aktuellen Statistiken des Schulministeriums hervor.
Von zu großen Klassen sind besonders die 14 städtischen Realschulen betroffen. Vier von zehn Klassen (40,4 Prozent) haben 30 Schüler und mehr. An den Gymnasien der Stadt ist es jede dritte Klasse (33,9 Prozent).
Dabei gilt für die Jahrgänge fünf bis zehn als so genannter „Richtwert“ die Marke von 28 Schülern. Die gesetzliche festgelegte „Bandbreite“ reicht von 26 bis 30 Schülern; Überschreitungen bis maximal plus fünf sind erlaubt.
Gesamtschulen sind vom Phänomen der zu großen Klassen weniger stark betroffen; Dort erreicht nicht mal jede fünfte Klasse (19 Prozent) die kritische Marke von 30 Schülern. Doch selbst einige Grundschulen in Essen (2,9 Prozent; 23 betroffene Klassen) müssen 30 Kinder und mehr pro Klasse verkraften.
„Individuelle Förderung“ kaum möglich
Unter Experten gilt das als eindeutig zu viel; die viel gepriesene und stets geförderte „individuelle Förderung“ ist bei solchen Klassenstärken nur noch schlecht möglich.
Der Essener FDP-Landespolitiker Ralf Witzel hatte bei der NRW-Landesregierung die aktuellen Essener Daten angefordert. Er hält Realschulen und Gymnasien für chronisch benachteiligt – nicht nur gegenüber Gesamtschulen, sondern auch gegenüber der neuen Sekundarschule, die von der Landesregierung – gegen die Stimmen der FDP – in diesem Sommer aus der Taufe gehoben wurde. „Während die Absenkung der Klassengrößen an Sekundarschulen bereits mit der Gründung erfolgen soll, werden die anderen Schulformen deutlich benachteiligt“, moniert Witzel.
Sekundarschulen sollen grundsätzlich mit 25 Schülern pro Klasse ausgestattet werden, nicht mehr. In Stoppenberg entsteht im kommenden Schuljahr Essens erste Sekundarschule aus der Fusion von Haupt- und Realschule des bischöflichen Schulzentrums.
Kleines Minus auf Papier bedeutet großen Mangel im Alltag
Von den 89 Essener Grundschulen sind 38 mit weniger Personal ausgestattet, als der errechnete Bedarf offiziell ausweist. Bei den 22 Förderschulen ist jede zweite unterversorgt, bei den Real- und Gesamtschulen ebenfalls. Bei den 17 städtischen Gymnasien haben sechs zu wenig Personal – zumindest auf dem Papier. Nicht eingerechnet ist eine landesweite Reserve von rund 1400 Lehrern; das NRW-Schulministerium betont in seiner Antwort auf Witzels Anfrage, dass eine rechnerische Unterversorgung „nicht automatisch Unterrichtsausfall“ bedeutet. Doch faktisch bedeutet ein kleines Minus auf dem Papier einen erheblichen Mangel im Alltag – Beispiel Mangelfach Latein: Angeblich werden drei Viertel aller Latein-Stunden in NRW mittlerweile von Lehrern unterrichtet, die dafür eigentlich gar nicht ausgebildet sind. Fakt ist: Fachkräfte fehlen.
Immerhin: Das Alter der Lehrer an Essener Schulen ist etwas niedriger als der Landes-Schnitt. Die Pädagogen an den Grundschulen sind durchschnittlich 44,3 Jahre alt (NRW: 45,9), an den Förderschulen 43,4 (NRW: 45,3), an den Realschulen 46,7 (NRW: 47,8 Jahre) und an den Gymnasien 44,4 (NRW: 46,6). Einzig an den Essener Hauptschulen sind die Lehrer älter (im Schnitt 51,2 Jahre) als der Landes-Durchschnitt (50,7).
Und noch was Gutes: Die Zahl der Lehrer in Essen hat – trotz sinkender Schülerzahlen – in den Jahren zugenommen: Von 4898 im Jahr 2000 auf 5206 in diesem Schuljahr.