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Experte will Straßenbahn-Linie statt Spurbus-Trasse in Essen

Experte will Straßenbahn-Linie statt Spurbus-Trasse in Essen

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Foto: FUNKE Foto Services
Berlin öffnet den Geldhahn für Verkehrsprojekte ab 50 Mio. Euro. Verkehrsexperte Rolf Fliß will an der A40 die Spurbusse durch Straßenbahnen ersetzen.

Essen. 

Plötzlich ruckelt der Zug los. Die Stadt kann auch in Zukunft die nötigen Zuschüsse für die Finanzierung von neuen Tram-Strecken beantragen. Noch vor kurzem fürchteten hier die Verkehrspolitiker, dass endgültig der Deckel auf den Fördertopf gelegt wird. Doch vor wenigen Tagen einigten sich Bund und Länder darauf, Gelder aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz weiter bis zum Jahre 2030 zu gewähren, aber nur für Großprojekte von mehr als 50 Millionen Euro.

Für Essen bedeutet das zumindest, dass die Planungen für das derzeit größte Straßenbahn-Projekt, die Verlängerung der Linie 101 von der Altendorfer Straße bis zum Stadion Essen, weiter gehen können. Um den Verkehrsknoten Altendorfer Straße/Helenenstraße zu entlasten, soll die Linie 101 über den Berthold-Beitz-Boulevard durch den nördlichen Krupp-Gürtel bis zur Bottroper Straße weitergeführt werden und östlich davon auf einem alten Gütergleis zum Fußballstadion führen.

Eine Chance für die Weiterführung der Bahnhofstangente

Das sind noch Gedankenspiele aus dem Planungsdezernat. Doch mit der Aussicht auf Zuschüsse von immerhin bis zu 90 Prozent – und das auch noch im nächsten Jahrzehnt – hat das Rathaus wenigstens eine Grundlage dafür, weiter am Schienennetz zu stricken, ohne dass die Pläne wegen fehlender Finanzierungsmöglichkeiten gleich wieder in der Schublade verstauben.

Rolf Fliß, Vorsitzender des Bau- und Verkehrsausschusses (Grüne), sieht nun eine Chance für die Weiterführung der Bahnhofstangente, und zwar mit der 101 von der Frohnhauser Straße über das letzte noch zu bauende Stück des Berthold-Beitz-Boulevard zur Hans-Böckler-Straße (dieser Kreuzungspunkt mit der angrenzenden Brücke ist planerisch eine besondere Herausforderung), weiter über Hachestraße zum Hauptbahnhof und dann über die Hollestraße zur Steeler Straße, um dort eine Direktverbindung vom Hauptbahnhof zum Südostviertel und nach Huttrop zu schaffen.

„Für mich hat die Bahnhofstangente Priorität“, betont der grüne Verkehrsexperte, der für die „Renaissance der Straßenbahn“ streitet und mit den neuen Fördermöglichkeiten ein zweites Zukunftsprojekt anschieben will: Die Spurbus-Trasse von Wasserturm nach Kray soll zwar in den nächsten Jahren erhalten bleiben, aber langfristig müsse ein Ersatz her. Fliß schlägt vor, dann die Bus-Trasse durch eine Straßenbahn-Strecke zu ersetzen. Ob das mitten auf der A 40 möglich ist, müsste noch geklärt werden. Die Essener Verkehrsgesellschaft Evag gibt sich völlig ergebnisoffen. „Wenn wir von der Stadt den Auftrag bekommen, dies dort zu prüfen, dann werden wir das tun“, sagt Evag-Sprecher Nils Hoffmann.

Ab 2018 ist der Geldhahn zu

Trotz der jüngsten Vereinbarung zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bleiben noch wesentliche Fragen offen. Wie der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) bestätigte, hat sich der Bund bisher nicht für eine Fortschreibung der sogenannten „Entflechtungsmittel“ entschieden, mit denen etwa in Essen Straßenbahn-Haltestellen barrierefrei umgebaut werden. Die Evag ist gesetzlich aber dazu verpflichtet, dies innerhalb der nächsten sieben Jahre zu gewährleisten. Ein Fünftel hat sie erst geschafft, ohne weitere finanzielle Unterstützung kann die rund 200 Millionen Euro teure Mammutaufgabe nicht gemeistert werden. Ab 2018 ist der Geldhahn zu. Für den dann geplanten Umbau von acht Haltestellen, darunter Rüttenscheider Stern, fehlen die Zusagen.

Ein noch größeres Problem ist die Sanierung des Essener U-Bahnnetzes, die insgesamt rund 400 Millionen Euro kosten könnte. Die Stadt Essen kann das nicht stemmen. Aber in die Instandhaltung von Bahnstrecken sind bis zum heutigen Tag keine Fördergelder vorgesehen. „Das ist alles noch offen und unbefriedigend“, findet Rolf Fliß.